27. August 2017

Tatort: Virus (Wien)


„Im neuen Tatort gibt es eine mit dem Ebola-Virus infizierte Leiche, abgeriegelte Ortschaften und einen fatalen Plan. Mitten in diesem Katastrophen-Einsatz müssen Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser ermitteln – und schweben dabei selbst in Lebensgefahr. Ein solider Fernsehkrimi mit einem moralischen wie politischen Thema und einer straffen Inszenierung der „Tatort“-Debütantin Barbara Eder.“
TV-Kritik

Ihr alle kennt das Barometer nun schon eine ganze Weile. Wir haben viel gemeinsam durchgemacht. Und ihr alle wisst ganz genau, wie das Barometer auf einen solchen Pressetext zum Start der neuen Saison reagieren würde.

Unfassbar, diese Pfeifen. Jetzt verkacken sie sogar Österreich. Themen werden immer dämlicher. Unglaubwürdig. Schwachsinnig. Öffentlich-rechtliche sollten Gott danken, dass sie überhaupt noch eine solche Erfolgsgeschichte im Programm haben. Sollten jede verfluchte Sekunde ihres Lebens damit verbringen, das absolut Perfekteste aus dem Tatort rauszuholen, damit die Fans auch wirklich das Bestmögliche zu sehen kriegen. Zum Start ein 100 Tonnen Fass aufmachen, ab der ersten Minute voll da sein. Hype am Leben erhalten, um jede Zuschauerin und um jeden Zuschauer kämpfen wie Sau. Aber sicher nicht ein „solider Fernsehkrimi, straff inszeniert“. Das klingt nach „Bullshit-Krimi, miserabel inszeniert“. Moralisch und politisch my ass. Die moralischen sind die schlimmsten Folgen! Nur weil die Zuschauer treu sind, braucht man sie nicht zu verarschen. Was hab ich dazu neulich in eine Klo-Türe geritzt gelesen?
„Es gibt bei der ARD eine eigene Abteilung, die immer raffiniertere Modelle entwickelt, damit der Zuschauer die Reibungshitze, die entsteht, wenn er von den Tatort-Verantwortlichen über den Tisch gezogen wird, als Nestwärme empfindet.“
So sieht es aus. Faules Beamten-Pack. Scheiss Programmplanung.
Kaum ist der Sommer vorbei vermasseln die wieder alles. Ideenlos. Träge. Tragisch. Langweilig... Bla bla bla...
So ungefähr hätte sich das angehört. Halt das typische Barometer. Frustriertes Geschwurbel, analog zu den frustrierenden Drehbüchern. Ihr kennt es ja.  

Vor kurzem jedoch, der Polterabend eines sehr guten Freundes war eben zu Ende, trafen wir frühmorgens, in einem hippen Kellergeschoss, auf des gepolterten Freundes zukünftige Ehefrau, auch eine sehr geschätzte Leserin des Barometers. Und während die ganze Meute vor lauter Euphorie und wummernden Bässen schier explodierte, fragte sie mich, in einer an diesem Morgen kaum mehr zu erwartenden Klarheit, warum das Barometer eigentlich immer so unglaublich pessimistisch sei.
Etwas durcheinander von der Tiefe, die sie mit einem Satz in diesem brechend vollen Club erreichte, wollte ich erklären, dass das nicht Pessimismus, sondern der pure Realismus sei, aber ich liess es bleiben. Zu laut war der Elektoschrott, zu ehrlich ihre Frage. Zu viel Glück des zukünftigen Ehepaars und zu viel Freude der ganzen Sippschaft lag in der Luft, als dass meine Sätze einen Sinn ergeben hätten. Ich wusste selber nicht, ob es Ausflüchte oder wirklich meine Meinung gewesen wäre.
Als ich es etwas später die Treppe hoch schaffte, klatschte draussen der Regen literweise auf die aufgehitzte Strasse. Es duftete so frisch wie lange nicht mehr. Ich befand mich noch kaum auf dem Heimweg, schon war ich komplett durchnässt. Mit jedem Schritt klebten die Kleider mehr auf meiner Haut und mit jedem feuchten Atemzug kreisten die Gedanken mehr um dieses Thema. Fast als wäre ich auf einer Art Pilgerweg in Richtung Barometer-Zukunft gewesen. Auch wenn die baldige Braut eigentlich von Pessimismus geredet hat und nicht von Realismus, so hat sie doch irgendwie eine erfrischende Wahrheit ausgesprochen.
Wenn der Pessimismus des Barometers wirklich auf Realismus basiert, könnte ich die Sache ja einfach auch mal unrealistisch angehen. Warum muss immer alles so realistisch sein? Ich schulde ja eigentlich niemandem die Wahrheit. Und sie lässt sich auch locker anpassen. Ein bisschen verdrehen. Im Voraus sowieso. Ich könnte also vom Pessimismus über den Realismus zum Surrealismus, oder gar zum Idealismus und somit eben zum Optimismus finden. Es muss also nicht alles so realistisch sein. Schon gar nicht meine Einschätzung. Vielleicht würde ein positiveres Angehen an den Tatort auch ein positiveres Gefühl nach dem Tatort auslösen. Vielleicht würde das Karma ein optimistisches Barometer mit besseren Folgen belohnen.
Geläutert also vom Moment, vom Regen und von dieser Frage, habe ich mir auf diesem Weg nach Hause zum Ziel gesetzt, dass ich nun versuchen werde immer zuerst das Positive an einem Tatort hervorzuheben. Zumindest im Rahmen der Möglichkeiten. Natürlich wird es noch immer schlechte Folgen geben. Aber das Ziel ist es, ganz optimistisch auf die positiven Aspekte zu fokussieren.

Und dafür ist Wien natürlich absolut perfekt. Ich muss die Story nämlich nicht einmal erwähnen. Wien würde sogar aus so was Absurdem wie einem Mordfall während einer Ebola-Epidemie in der Steiermark was Fantastisches machen! Denn Wien ist Bibi und Moritz und Bibi und Moritz sind die Besten.
Die Schauspieler, die Dialoge, der Schmäh, die feinen Kleinigkeiten... absolut grandios. Die eigentliche Geschichte beim österreichischen Tatort interessiert mich schon lange nicht mehr.
So also muss man nach einer Sommerpause einsteigen. Das nenn ich eine Top-Programmplanung. Es leben die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Da gibt es noch Platz für gutes Fernsehen. Da schaut man noch zu den treuen Fans. Da arbeiten noch die Besten des Landes!

Erwartungs-Barometer: 5 (Story komplett ausgeblendet)

Das Barometer also steigt soft und positiv in die neue Saison. Optimistisch, mit Sicht auf die guten Dinge im Leben.
Der Tatort selber unterstützt mich in meinem Unterfangen so gut er nur kann (ist das schon das Karma?) und schenkt uns nach der langen Pause ein bisschen Fernseh-Freude mit Bibi und Moritz. Auf eine gute Tatort-Saison und eine grossartige Hochzeit! Alles Gute und alles Liebe!

1 = Der ewige Pessimist
6 = Der optimistische Realist

Die Note danach: 5
Wie vermutet: Geschichte hanebüchen, aber drauf gschissen? 
Ich liebe die Wiener so sehr und belohne somit meinen Optimismus irgendwie gleich selber.


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