Und
es ist ausgerechnet Österreich! Österreich rettet uns den fast schon verloren
gegangenen Sonntagabend! Was in vielen Deutschen Bundesländern nur halbwegs und
in der Schweiz schon grad gar nicht gelingen mag, schaffen die Österreicher mit
einer Leichtigkeit. Es ist wirklich erstaunlich, wie die Össis immer wieder
grossartige Tatort-Folgen produzieren. Dabei wäre dieses Land dem Unsrigen doch
eigentlich gar nicht so unähnlich. Beide mit Alpen übersät, beide haben ähnlich
viele Einwohner, wir sind uns sprachlich nah, haben ähnlich viel Provinz und
beide haben viele schöne, aber langweilige kleine Städte. Was also haben die
Österreicher, was wir nicht haben? 
Genau,
eine richtige Stadt. Eine Grossstadt. Eine Weltstadt. Österreich hat sie, diese
eine grossartige Stadt. Eine Stadt mit Geschichten und Geschichte, mit
Gegensätzen, Ecken und Kanten. Österreich hat sie, diese Millionenstadt, die
sprudelt von kreativen Ideen, diese Stadt im stetigen Wandel, diese spannende
Stadt an der Grenze zu Osteuropa. Wie sollen da Saarbrücken, Ludwigshafen,
Konstanz, Zürich oder gar Luzern mithalten können? Natürlich haben die
Österreicher auch etwas Glück, dass Wien damals für ein viel grösseres Reich
gebaut wurde. Die Stadt ist heute eigentlich zu gross, für dieses kleine Land.
Aber es kommt ja nicht allein auf die Grösse einer Stadt an. Es geht vielmehr
um die Energie, die in einer Stadt steckt. Auf das Leben einer Stadt. Klar, es
spielen lange nicht alle Tatorte aus Österreich in Wien selber, aber genau
darum geht es eben auch. Es braucht die Stadt nicht zwingend als Schauplatz,
sondern als Muse. Die Schweiz hätte sie auch, die vielen spannenden Schauplätze
an denen absurde Verbrechen geschehen könnten, aber im Gegensatz zu Österreich
fehlt es uns an einer Quelle. Einer Quelle aus der das Gute raus sprudelt. Es
fehlt an Ideen, an Drehbüchern, an Schauspielern, an Regisseuren, es fehlt an
allem. Wien bietet das. Wien ist ein Paradies dafür. Und Wien ist zudem auch
unheimlich mutig. Das Wiener-Tatort-Team lässt sich weder von der ARD, noch
von irgendwelchen andern Leuten rein reden. Wenn sie provozieren wollen, dann
tun sie das auch. Und es gibt selten eine Folge aus Österreich, die nicht
irgendeiner Gruppierung vor den Kopf stösst. Am Montag danach wird meist nicht
nur in Österreich, sondern im ganzen deutschsprachigen Raum heiss debattiert.
Ob nun die Katholiken aufschreien, wenn der Jesusdarsteller ans Kreuz genagelt
wird, die Bauherrn jammern, wenn die Schwarzarbeiter aus Mazedonien
thematisiert werden oder wenn die Polizei mit Klage droht, weil eine ungarische
Verbrecherin den Österreichischen Geheimdienst lächerlich macht. Zwar
funktioniert lange nicht alles in den Drehbüchern, aber mutig sind sie immer.
Und auch für morgen sieht es nicht anders aus. Der Tatort spielt im Milieu der
serbischen Mafia. Ehemalige Kriegsverbrecher, die nun in Wien Verräter jagen.
Knallhart sei er, viel zu brutal und er habe mit der Realität nichts zu tun,
hört man schon im Vorfeld aus der serbischen Gemeinde. Mit 125‘000 Serben, ist
Wien quasi die viert grösste serbische Stadt und ihr Aufschrei ist
vorprogrammiert. Den Machern wird schon vor der Ausstrahlung massiver Rassismus
vorgeworfen. Aber eben, es ist ihnen egal, auf wessen Kosten die Spannung
aufgebaut wird. Wien will einfach unterhalten, und das wird auch dieses Mal
wieder gelingen. Ich vermute zwar, dass die Dramaturgie unter der Last des
Themas und des Tempos leiden wird. Es wird also sicher keiner der
besten aus Österreich, und zudem ist für mich auch die Vize-Kommissarin
immer ein ziemlicher Wehrmutstropfen, aber unter dem Strich schafft Wien
einmal mehr, wovon viele andere Städte nur träumen können. Einen guten Krimi,
einen Tatort, der uns endlich wieder mit einem einigermassen guten Gefühl in
die sonntägliche Nacht entlässt.
Erwartungs-Barometer:
4,5 (für Österreich) / 5 (für allgemein)
Die Note danach: 4,5
Die Note danach: 4,5
Empfehlung: Zwar
nur ein durchschnittlicher Tatort aus Österreich, aber immer noch weit
über dem allgemeinen Tatort-Durchschnitt!
0 =
ungefähr so viel Erwartung wie von einem Backhendel Salat!
6 =
ungefähr so viel Erwartung wie von Fly Nikki Flugbegleiterinnen!
Falls
ihr kein Interesse mehr an diesem Barometer haben solltet, könnt ihr den
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