27. Januar 2013

Tatort: Melinda (Saarbrücken)


Nach gefühlten 100 Jahren der Langeweile, nach dem Stillstand in Reinkultur, hat man in Saarbrücken im Jahre 2006 bemerkt, dass ein an Demenz erkrankter Rentner-Kommissar namens Palu, auf seinem klapprigen Fahrrad in der Zeit nach Christus einfach nicht mehr der Burner ist und hat mit einem gross angelegten Saarland-Relaunch endlich wieder richtig Stimmung machen wollen. Dummerweise hat den Entscheidungsträgern des hochgeschätzten Saarländischen Rundfunks niemand gesagt, dass es nicht reicht, einfach nur den verwirrten Hauptdarsteller zu ersetzen. Nein, es könnte ev. ähnlich wichtig sein auch die grenzdebilen Drehbuchautoren und die nicht minder debilen Regisseure in Pension zu schicken. Und so wartet nun der Tatort aus Saarbrücken, nur 7 Folgen später, bereits wieder mit einem neuen Team auf. Dieses Mal jedoch riecht es nach der kompletten Rundumerneuerung. Das kann dem Tatort nur gut tun, könnte man meinen. Ich jedoch erahne eine weitere Provinz-Katastrophe. Wenn minder qualifizierte Hinterwald-TV-Macher, Grosses kopieren wollen, wenn sie hippe und witzige Geschichten erfinden wollen, kommt selten bis nie was Gscheites dabei raus.
Klar, das ist pure Spekulation. Aber wie immer, wenn ein komplett neues Team startet, muss ich mich etwas mehr informieren, als bei einem durchschnittlichen Barometer-Wochenende. Und so habe ich mich im Vorfeld intensiver mit dieser Folge auseinander gesetzt, als ich das normalerweise tue. Und man findet durchaus Positives:
„Ein hoch motivierter, empathischer, esoterisch angehauchter Träumer als Ermittler, fehlt bis jetzt im deutschen Krimi-TV“.
Was? Waaaaaas? Meine Tatortalarm-Glocken können gar nicht so laut bimmeln, wie sie eigentlich müssten. Vielleicht sollte man sich erst einmal überlegen, warum ein Kommissar dieser Art noch fehlt, bevor man ihn einfach so gebärt. Nach Münster, Wiesbaden und Dortmund, also eine weitere Stadt, die tragischerweise in Richtung Absurdität und Comedy gehen will. Das ist so schade. Natürlich, halb Deutschland wird am Sonntag um 21.45 Uhr auf den Sofas stehend jubilieren, ich wahrscheinlich nicht. Und ich hoffe aus tiefem Herzen, dass ich meine treuen Barometer-Leser mittlerweile soweit sensibilisieren konnte, dass sie nicht auf einen solchen Bullshit reinfallen werden. Der Hauptdarsteller sagt in einem Interview: „Realismus ist nicht unser Anspruch“. Also was will man da noch sagen? Klar soll ein Tatort kein Dok-Film sein. Klar ist kein Tatort wirklich realistisch. Aber Realismus bedeutet eben auch Glaubwürdigkeit. Und wenn es schon gar nicht das Ziel ist, zumindest eine gewisse Glaubwürdigkeit hinzukriegen, dann kann ich wahrhaftig auch 2 Stunden Tom & Jerry gucken. Der Hauptdarsteller (Devid Striesow) ist eigentlich ein toller Schauspieler, aber diese unwirklichen Klischee-Figuren, die zerstören früher oder später die ganze Tatort-Magie. Und wer den Trailer gesehen hat, der weiss, dass mit der Rolle der Staatsanwältin, mal wieder eine deftigste Portion Fremdschämen in sämtliche Stuben des deutschsprachigen Raumes exportiert werden wird. Brechreiz ist angesagt, und die Schauspielerin hätte eigentlich mit Selbstverbrennung drohen sollen.
Tja, und bis jetzt habe ich erst von der neuen Ausgangslage geredet, und noch nicht einmal von der heutigen Geschichte.
Aber ganz ehrlich, zu dieser mag ich gar nichts schreiben. Da müsst ihr schon selber durch. Ok, vielleicht täusche ich mich ja, es wäre nicht nur den Saarländern, sondern uns allen zu wünschen. Momentan jedoch, mit meinem zugegeben beschränkten Wissensstand, fühle ich die totale Fassungslosigkeit. Wie kann man eine neue Tatort-Reihe dermassen dämlich lancieren?

Erwartungs-Barometer: 3
Die Note danach: 1.5

Saarbrücken sollte bei der nächsten Rundumerneuerung wohl nicht nur den dementen Kommissar und die debilen Filmemacher, sondern endlich auch die dilettantisch schlecht arbeitende Entscheidungsetage ersetzten. Ansonsten ist dieser Tatort auch mit den nächsten 1000 Kommissaren nicht zu retten. Aber das Allerschlimmste daran ist, dass es sicher viele Leute geben wird, die diesen Schrott auch noch gut finden werden!

0 = ungefähr so viel Erwartung wie von einer solch üblen Provinz wie dem Saarland.
6 = ungefähr so viel Erwartung wie von der Zeitumstellung in Des Moines.

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13. Januar 2013

Tatort: Kaltblütig (Ludwigshafen)

Nach Hannover, Frankfurt, München, Köln und ein bisschen Berlin (irgendwann), nach so viel gutem Tatort, nach dieser Dichte an Qualität, habe ich wirklich absolut keine Lust mich mit solchem Dreck zu befassen.
Der Tatort aus Ludwigshafen ist halt der Tatort aus Ludwigshafen. Manchmal ist er etwas besser, und manchmal etwas schlechter, ungenügend jedoch ist er immer! Diese Folge ist vielleicht sogar eine der besten, aber eben, weil immer noch ungenügend, auch nicht wirklich sehenswert. Das Mordopfer war schwanger und somit stellen sich die Kommissare (Hardcore Single Odenthal & Hobby Freigeist Kopper) ein paar Grundsatzfragen zum Leben. Ein TV Magazin fasst das Positive kompakt zusammen:
„Viele Wendungen und ein starkes Motiv: Liebe“
Wer will das sehen? Ich sicher nicht.

Erwartungs-Barometer: 3,5 
Die Note danach: 3,5

Seit fast 24 Jahren ist das erzemanzipierte Hexchen nun schon am Ermitteln und seit 17 Jahren tanzt auch noch der fette Pudel nebenher. Das am längsten im Einsatz stehende Team überhaupt. Während man in vielen anderen Städten zumindest versucht mit der Zeit zu gehen und mit neuen Ermittlerteams zum Teil beachtliche Erfolge feiern kann, hält man hier verzweifelt an einem total veralteten Konzept aus den Anfängen der 90er Jahre fest. Da kann das Motiv noch so stark sein.

0 = ungefähr so viel Erwartung wie von Stanislas W. Gürbetal. 
6 = ungefähr so viel Erwartung wie von Roger F. Canes. 

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6. Januar 2013

Tatort: Machtlos (Berlin)


Nach zwölf intensiven, aber erfreulich spannenden Tagen endet das Tatort-Spektakel zum Jahreswechsel nun also mit der vierten und letzten Folge. Und was würde besser zu diesem Barometer passen, als ein Grande Finale zu Berlin? Wir haben drei richtig feine Tatorte gesehen, und es ist zu hoffen, dass uns Berlin die gute Laune zu Beginn des neuen Jahres nicht gleich wieder vermiesen wird. Oft schon habe ich die Ambivalenz dieser Stadt, des Tatortes dieser Stadt und der Haltung des Autors zum Tatort dieser Stadt angesprochen. „In keiner Stadt klafft Anspruch und Realität (u.a. des Tatortes) dermassen weit auseinander wie in Berlin“ hab ich kürzlich geschrieben. Ich muss etwas präzisieren. Vielleicht nicht der Anspruch, aber mit Sicherheit mein Anspruch! Tja, an eine der spannendsten Städte der Welt hege ich tatsächlich den Anspruch, dass es dort Filmschaffende geben müsste, die einen Tatort leicht über dem biederen Durchschnittsniveau erschaffen könnten. Aber mal für mal wurden wir - wurde ich - bitter enttäuscht. Und auch wenn es Lichtblicke gab, wenn die Hauptdarsteller wirklich gut sind, so wurden die Erwartungen - wurden meine Erwartungen - nie auch nur annähernd erfüllt. Klar, die logische Konsequenz eines logischen Barometers wäre folglich, dass mit all den schlechten Drehbüchern, mit all den langweiligen Geschichten auch die Erwartungen sinken würden. Und das wäre ja auch so in jeder anderen Stadt. Aber so funktioniert Berlin nicht, so funktioniert dieses Barometer nicht. Berlin muss man nehmen, wie es ist. Keiner hat dir versprochen, dass der Tatort da gut sein wird. Keiner hat dir versprochen, dass das Leben da gut sein wird, oder dass die Geschichten da gut sein werden. Sie können, aber sie müssen nicht. Und so gibt es weder für den Berliner, noch für den Barometer-Autor einen Grund nachtragend, oder gar unzufrieden mit dieser Situation zu sein. Egal wie schlecht ein Tatort, egal, wie missglückt eine Berliner Geschichte auch war, er vergisst und verzeiht am nächsten Tag. Denn jeder Morgen ist in dieser Stadt ein Neuanfang. An jedem Morgen könnte irgendwo in einem Kreuzköllner Stübchen bei 2-Euro-Wodka und Dart die Bombe explodieren. Jederzeit könnte irgendwo jemand sitzen, der aus einer Lebenserfahrung, aus einer Kurzgeschichte, oder einfach nur aus einer kongenialen Idee den Jahrhundert-Tatort schreiben könnte. Nun, ein weiteres Mal hat das nicht ganz geklappt, obwohl die Geschichte eigentlich Potential hätte. Es geht um eine Entführung und einen Täter, der nach der Geldübergabe auf dem Alexanderplatz das Lösegeld an Penner und Musikanten verteilt. Da pocht mein Herz und versucht mir zu sagen, dass das wirklich spannend werden könnte. Mein Kopf aber, der weiss, dass sie kommen werden, die nicht funktionierenden Momente. Dass die Langweile wieder durch Berlin Mitte schleichen wird, und dass wir auch diese möchte-gern-weltverbessernde und belehrende Art, die der Berliner Tatort oft mit sich bringt, erneut zu hören kriegen werden. Aber eben, am nächsten Morgen schon ist das egal. Am nächsten Morgen beginnt ein neues Leben in Berlin. Ja, am nächsten Tag kann alles passieren. Irgendwann, wenn es niemand mehr erwartet, knallt es und der Berliner Tatort wird euch dermassen durch die Bude blasen, dass ihr nicht mehr wissen werdet, wo oben und unten ist (oder sein wird). Kiel, München oder Frankfurt sind nahe dran, an dem von mir in letzter Zeit so oft beschriebenen perfekten Tatort, aber Berlin wird grösser. Berlin wird gigantisch. Nicht perfekt, aber gigantisch. Nun gut, das alles ist natürlich erst ein Projekt. Das steckt noch in den Köpfen von ein paar viel beschäftigten Autoren, die sich im Görlie oder am Kanal beim Rumliegen inspirieren lassen. Da muss man sich jetzt erst noch ein paar Mal zu Soja-Latte, zu einer Kuschel-Flatrate oder zum Ping Pong Spielen treffen und danach mal schauen, wie man das angehen könnte. Es sind halt so Ideen, und man kennt da so paar Leute und so. Aber in diesem Jahr, wird das sicher knapp, weil sonst so viel um die Ohren und so. Aber das monumentale Werk wird kommen, da ist man sich einig. Natürlich nicht heute oder morgen, viel zu stressig, aber es kommt. Irgendwann. 

Erwartungs-Barometer: 4,5 (*)
Die Note danach: 4 
(...und selbst die nur mit zwei zugedrückten Augen!)

In der letzten Zeit ist in Berlin zwar eine leicht positive Entwicklung zu beobachten, aber einmal mehr wird der Tatort alles andere als durch die Decke gehen. Ich freue mich trotzdem und drücke mal wieder beide Augen zu*. Es hat mir ja keiner versprochen, dass das ein guter Tatort werden wird. Es ist vielleicht einfach das, wozu Berlin im Moment fähig ist. (Weil halt alles bisschen viel und alle bisschen überarbeitet und so...) 
 
0 = ungefähr so viel Erwartung wie von der Cuvry 2012.
6 = ungefähr so viel Erwartung wie von der Cuvry 2006. 

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1. Januar 2013

Tatort: Scheinwelten (Köln)

Happy New Year… Und wieder war es nur ein Traum! Natürlich, München hatte brillante Momente und zeigte uns immer mal wieder, wie ein wirklich guter Tatort sein könnte. Aber er hatte doch auch wieder zu viele Aussetzer. Das nicht lustige Lustige hat dem Tatort gar nicht gut getan, und aus meiner Sicht war der, von Kritik und Publikum hoch gelobte Profiler nicht wirklich auf der Höhe. Wie befürchtet, fand ich diesen Strang eher unglaubwürdig und auch nicht sonderlich gut gespielt. Er riss einen aus einer sonst grossartigen Geschichte. Schade. Unter dem Strich kann man das Jahr 2012 (mit den letzten zwei Folgen als typische Beispiele) also so zusammenfassen: Frankfurt und München gehören aufs Podest, aber Kiel ist und bleibt momentan die Nummer Eins. Wenn ich Borowski jeweils nicht die obligate halbe Note abziehen müsste, für die teils peinlichst schlecht aufspielende Sibel Kekilli, hätte er immer mal wieder eine 6 gekriegt. So aber müssen wir akzeptieren, dass seit der Geburt des Barometers nach wie vor kein einziger Tatort gesendet wurde, der von A-Z funktionierte. Wir müssen weiter auf die perfekte Episode warten. Möglich wäre es und oft fehlt nicht sehr viel, das hat München eben wieder gezeigt.
Aber lassen wir das alte Jahr nun ruhen, und freuen uns aufs 2013. Es startet mit Köln. Köln wird nicht ganz auf Münchener Niveau mithalten können, und trotzdem bin ich positiver Dinge. Nach Jahren der Langeweile und nach Jahren im Zeichen des Laiendarstellers Klaus J. Berendt, konnte man in den letzten paar Kölner Folgen doch einen feinen Aufwärtstrend erkennen. Bei Scheinwelten scheint es in diesem Stile weiter zu gehen. Es geht um Scheinwelten aller Art. Der Schein mit falschen Papieren, Scheinehen, Ehepaare, bei denen vieles nur noch Schein ist, es geht um Geldschein und Geldscheine und um mehr Schein als Sein. Zudem rückt der sonst eher im Hinterhalt fungierende Staatsanwalt Wolfgang von Prinz in dieser Folge ziemlich ins Zentrum der Geschichte, da seine Frau eine Art Affäre mit dem Vater des Ermordeten hat. (Satz verstanden?) Nicht, dass ich die Figur des Staatsanwaltes sonderlich gut finde, aber jede Minute, in der er und somit nicht der Kommissar Ballauf zu sehen sein wird, ist für uns eine positive Minute. Und zu guter Letzt, sollte man auch die Optik eines Filmes nicht vergessen. Köln setzt immer ziemlich viel Wert auf einen guten Look. Wir stecken ja immer noch inmitten der Tatort-Feiertage. Vier Folgen in knapp zwei Wochen. Ohne dass ich die Folge aus Köln allzu schlecht machen möchte, aber sie ist in diesem Quartett wohl am unteren Ende anzusiedeln. Nicht weil sie so schlecht ist, sondern weil die Konkurrenz einfach etwas besser ist. 

Erwartungs-Barometer: 4,5
Die Note danach: 4,5  

Gemessen an Frankfurt und München, wird es schwierig für Köln. Gemessen am Tatort-Durchschnitt, werden wir jedoch einen guten Beitrag sehen. Ein unspektakulärer, aber sehenswerter Fall zum Start ins neue Jahr, auf dem sich weiter aufbauen lässt. Der Aufwärtstrend in Köln scheint scheinbar weiter anzuhalten. 

0 = ungefähr so viel Erwartung wie von den USA zu diesem Silvester.
6 = ungefähr so viel Erwartung wie von den USA zum nächsten September. 

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