6. Januar 2013

Tatort: Machtlos (Berlin)


Nach zwölf intensiven, aber erfreulich spannenden Tagen endet das Tatort-Spektakel zum Jahreswechsel nun also mit der vierten und letzten Folge. Und was würde besser zu diesem Barometer passen, als ein Grande Finale zu Berlin? Wir haben drei richtig feine Tatorte gesehen, und es ist zu hoffen, dass uns Berlin die gute Laune zu Beginn des neuen Jahres nicht gleich wieder vermiesen wird. Oft schon habe ich die Ambivalenz dieser Stadt, des Tatortes dieser Stadt und der Haltung des Autors zum Tatort dieser Stadt angesprochen. „In keiner Stadt klafft Anspruch und Realität (u.a. des Tatortes) dermassen weit auseinander wie in Berlin“ hab ich kürzlich geschrieben. Ich muss etwas präzisieren. Vielleicht nicht der Anspruch, aber mit Sicherheit mein Anspruch! Tja, an eine der spannendsten Städte der Welt hege ich tatsächlich den Anspruch, dass es dort Filmschaffende geben müsste, die einen Tatort leicht über dem biederen Durchschnittsniveau erschaffen könnten. Aber mal für mal wurden wir - wurde ich - bitter enttäuscht. Und auch wenn es Lichtblicke gab, wenn die Hauptdarsteller wirklich gut sind, so wurden die Erwartungen - wurden meine Erwartungen - nie auch nur annähernd erfüllt. Klar, die logische Konsequenz eines logischen Barometers wäre folglich, dass mit all den schlechten Drehbüchern, mit all den langweiligen Geschichten auch die Erwartungen sinken würden. Und das wäre ja auch so in jeder anderen Stadt. Aber so funktioniert Berlin nicht, so funktioniert dieses Barometer nicht. Berlin muss man nehmen, wie es ist. Keiner hat dir versprochen, dass der Tatort da gut sein wird. Keiner hat dir versprochen, dass das Leben da gut sein wird, oder dass die Geschichten da gut sein werden. Sie können, aber sie müssen nicht. Und so gibt es weder für den Berliner, noch für den Barometer-Autor einen Grund nachtragend, oder gar unzufrieden mit dieser Situation zu sein. Egal wie schlecht ein Tatort, egal, wie missglückt eine Berliner Geschichte auch war, er vergisst und verzeiht am nächsten Tag. Denn jeder Morgen ist in dieser Stadt ein Neuanfang. An jedem Morgen könnte irgendwo in einem Kreuzköllner Stübchen bei 2-Euro-Wodka und Dart die Bombe explodieren. Jederzeit könnte irgendwo jemand sitzen, der aus einer Lebenserfahrung, aus einer Kurzgeschichte, oder einfach nur aus einer kongenialen Idee den Jahrhundert-Tatort schreiben könnte. Nun, ein weiteres Mal hat das nicht ganz geklappt, obwohl die Geschichte eigentlich Potential hätte. Es geht um eine Entführung und einen Täter, der nach der Geldübergabe auf dem Alexanderplatz das Lösegeld an Penner und Musikanten verteilt. Da pocht mein Herz und versucht mir zu sagen, dass das wirklich spannend werden könnte. Mein Kopf aber, der weiss, dass sie kommen werden, die nicht funktionierenden Momente. Dass die Langweile wieder durch Berlin Mitte schleichen wird, und dass wir auch diese möchte-gern-weltverbessernde und belehrende Art, die der Berliner Tatort oft mit sich bringt, erneut zu hören kriegen werden. Aber eben, am nächsten Morgen schon ist das egal. Am nächsten Morgen beginnt ein neues Leben in Berlin. Ja, am nächsten Tag kann alles passieren. Irgendwann, wenn es niemand mehr erwartet, knallt es und der Berliner Tatort wird euch dermassen durch die Bude blasen, dass ihr nicht mehr wissen werdet, wo oben und unten ist (oder sein wird). Kiel, München oder Frankfurt sind nahe dran, an dem von mir in letzter Zeit so oft beschriebenen perfekten Tatort, aber Berlin wird grösser. Berlin wird gigantisch. Nicht perfekt, aber gigantisch. Nun gut, das alles ist natürlich erst ein Projekt. Das steckt noch in den Köpfen von ein paar viel beschäftigten Autoren, die sich im Görlie oder am Kanal beim Rumliegen inspirieren lassen. Da muss man sich jetzt erst noch ein paar Mal zu Soja-Latte, zu einer Kuschel-Flatrate oder zum Ping Pong Spielen treffen und danach mal schauen, wie man das angehen könnte. Es sind halt so Ideen, und man kennt da so paar Leute und so. Aber in diesem Jahr, wird das sicher knapp, weil sonst so viel um die Ohren und so. Aber das monumentale Werk wird kommen, da ist man sich einig. Natürlich nicht heute oder morgen, viel zu stressig, aber es kommt. Irgendwann. 

Erwartungs-Barometer: 4,5 (*)
Die Note danach: 4 
(...und selbst die nur mit zwei zugedrückten Augen!)

In der letzten Zeit ist in Berlin zwar eine leicht positive Entwicklung zu beobachten, aber einmal mehr wird der Tatort alles andere als durch die Decke gehen. Ich freue mich trotzdem und drücke mal wieder beide Augen zu*. Es hat mir ja keiner versprochen, dass das ein guter Tatort werden wird. Es ist vielleicht einfach das, wozu Berlin im Moment fähig ist. (Weil halt alles bisschen viel und alle bisschen überarbeitet und so...) 
 
0 = ungefähr so viel Erwartung wie von der Cuvry 2012.
6 = ungefähr so viel Erwartung wie von der Cuvry 2006. 

Falls dieser Barometer-Blog nicht euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr ihn unter folgendem Link löschen:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen