18. August 2013

Tatort: Geburtstagskind (Luzern)

Endlich, endlich! Der Sommer hat sich verzogen, die Hitze drückt mich nicht mehr zu Boden, der Schweiss rinnt nicht mehr aus allen Poren. Endlich, endlich! Die Sommerpause ist vorbei, der Tatort ist zurück. Meine Freude könnte nicht grösser sein, denn als wäre der Saisonstart nicht schon Ereignis genug, ballert das Erste einen Knaller raus, wie es ihn seit 14. v. Barometer nicht mehr gegeben hat. Ein Feuerwerk wird über euren Dächern explodieren, der 1. August und das Züri-Fäscht würden erstarren vor Neid. Genauso muss ein Saisonauftakt sein. Genauso holt man die Leute aus der Badi direkt vor die Glotze. Ich kann kaum mehr schlafen, seit ich weiss, welch Fass mit dieser Folge aufgemacht wird. Das wird ein Tatort-Start, den ihr so schnell nicht mehr vergessen werdet. „Boom“. Kann ich nur sagen.„Boooooooooooooooooooooooooooooooooooooooom.“
Was für ein Einstieg, was für ein Abend. Der Tatort ist zurück, und das mit einem absoluten Meisterwerk!!!
Wie unglaublich gerne würde ich nach einer Sommerpause einfach mal in dieser Art was schreiben können. Leider stecken wir aber nach wie vor mitten im Hochsommer, und die ARD jubelt uns, zum Auftakt, den neuen Gubser unter. Gääääähhhhnnnn.
Ich wäre nach dieser Pause dermassen heiss gewesen eine Tatort-Bombe zu präsentieren. Ich habe eine kriminalistische Unruhe in mir, die nichts lieber tun würde, als mit voller Wucht meine Tatort-Seele aus dem Körper zu schreiben. Ich bin sowas von positiv eingestellt, auf das Ende dieses Sommers, auf die neue Saison. Ich möchte die ersten herbstlichen Anzeichen spüren, ich möchte einen Haufen frische Maroni fressen, ich wäre noch viel bereiter als Hertha und YB zusammen. Ich wäre dermassen bereit, dass ich beim kleinsten Anflug von hoher Qualität mit Sechsen nur so um mich werfen würde. Ja, ich wäre wirklich offen gewesen Pandoras Tatort-Box zu öffnen. Aber eben. Wir stecken noch mitten im Hochsommer, die Sonne brennt zum Fenster rein, die Badis sind nach wie vor gefüllt mit fettig bruzelnden Cervela-Würsten, und an die Türe klopft kein Meisterwerk, sondern der neue Schweizer Tatort. Was soll man da machen? Das Kader der ARD sitzt noch nicht einmal im Flieger Malle-München, da ist meine ganze Barometer-Euphorie schon wieder verpufft.
Gut zu wissen, dass der eigentliche Genuss des Tatorts ja sowieso praktisch nur aus Vorfreude besteht. Und derer werde ich euch sicher nicht ganz berauben. Ich konnte zwar einmal mehr nicht das Barometer schreiben, welches ich gerne geschrieben hätte, aber der neue Luzerner Tatort wird sehenswert sein. Ein düsterer Film. Eine schwere Geschichte, ein hartes Familiendrama. Je nach Autor, Regisseur und Schauspieler, könnte diese Geschichte sicher weit oben mitspielen, weil ruhig, weil authentisch, weil deftig. Aber inszeniert wurde sie halt von der Abteilung Schweiz.
Die leicht biederen Kommissare gehören da genauso zum Programm, wie die etwas holprigen Dialoge. Dass in die beklemmende Familiengeschichte auch noch eine streng gläubige Freikirche reingepappt werden musste, passt irgendwie auch. Man will ja dem deutschen Publikum zum Ende des Sommers schon was ganz Verrücktes bieten.
Zum Ende des Sommers? Schon irgendwie speziell, dass die letzten paar Luzerner Folgen (bis auf den gelungenen Fasnachts-Tatort) alle entweder als letztes vor, oder als erstes nach der Sommerpause gesendet wurden bzw. werden. Wenn ich das SRF wäre, würde mich dieser Fakt leicht irritieren. Nur ganz leicht. Denn wer sagt eigentlich, wann die Sommerpause wirklich vorbei ist? Vielleicht stecken wir noch mitten drin und die deutsche Chefetage hat sich auf ihrer GEZ-Yacht vor Palma bei einem feinen Gläschen Sekt halb totgelacht, als sie sich entschieden hat, den neuen Schweizer einmal mehr während der Sommerpause, in mitten von all den endöden Bodensee-Wiederholungen, zu verbraten. Die Zuschauer sind doch von der Hitze und von der Klara Blum-Überdosis dermassen gaga in der Birne, dass sie gar nicht kapieren, ob das nun der Vierwaldstätter- oder der Bodensee ist. Hauptsache bisschen Wasser, bisschen Nebel und noch bisschen CH-Dialekt. Aber das ist nicht ok. So sollte man sich unter keinen Umständen behandeln lassen. Und irgendwie trifft es mich mittlerweile auch persönlich. Unter dem Strich bin ich halt doch ein Schweizer, und ich finde es eine Frechheit. In den letzten 2-3 Folgen aus Luzern, waren doch auch ein paar richtig gute Dinge zu sehen gewesen. Besser als in so mancher Saarbrückener oder Ludwigshafener Schwarte! Aber unter dem Strich ist und bleibt der Schweizer Tatort aus deutscher Sicht halt eine seichte und feige Berglersuppe. Auf der limbischen Karte weit unter Heimat und Natur einzuordnen.
Und objektiv betrachtet kann man die immer wiederkehrende Kritik aus Deutschland ja auch irgendwie verstehen, aber trotzdem finde ich diese Terminierung unter aller Sau! Solange das Barometer, solange wir alle am Schweizer Tatort rumnörgeln ist das ja ok, aber sobald sich die wichtigen Herren der ARD eine solch unglaubliche Frechheit rausnehmen, löst das bei mir den patriotischen Pro-Schweizer-Tatort-Effekt aus. Das ist Mobbing auf allerhöchstem Niveau, und als Schweizer Fernsehen würde ich auf der Stelle aus dem Tatort-Verbund austreten. Wir sind ein zahlendes Mitglied und haben ein Recht auf Gleichbehandlung! Die sind doch nicht ganz dicht da in der Tatort-Zentrale.
Und für all die Leser, welche mir nun gleich wieder masslose Polemik vorwerfen möchten, sei gesagt, dass der nächste neue Tatort am So. 08.09. ausgestrahlt werden wird!!!
Weiterer Kommentar überflüssig!
 
Erwartungs-Barometer: 4.5
Note danach: 5
(Und wenn die Sommerpause dann irgendwann mal wirklich vorbei sein sollte, kommt bestimmt eine 2.5 aus Ludwigshafen. Bravo, ARD, bravo! Selbst aus Trotz hätte ich eine 5 gegeben. Kein Meisterwerk, aber ich fand ihn wirklich gut.)
 
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass der Luzerner Tatort auf einem guten Weg ist. Da sind so viele gute Ansätze, aber warum hat hierzulande niemand den Mut, einfach mal durchzuziehen, mal richtig was zu riskieren? Schaut doch nach Wien. Es ist schwierig, aber es lohnt sich so sehr. Während der Fasnacht spürte man die Versuche an jeder Ecke, und jedes Mal hätte es einem gleich volle Kanne mit reingezogen, aber auch jedes Mal haben sie es gleich selber wieder irgendwie zerstört. Ich bin nur ein nutzloser Barometerschreiber, ich weiss, aber falls ihr mich hört da draussen, ihr Verantwortlichen für den Schweizer Tatort, glaubt für einmal dem niedrigen Fussvolk. Die Leute fangen an, eure Filme zu mögen, und das ist doch super. Aber Mut zum Risiko, Mut raus zu gehen und einfach mal richtig unter die Haut zu fahren, Mut, für einmal über die durchschnittlichen Stränge zu schlagen, oder einfach auch Mut, komplett zu versagen, das macht die Filme erst richtig spannend. Risiko! Die Zuschauer würden eure Filme nicht nur anfangen zu mögen, sie würden sie lieben, und die ARD würde nicht mehr drum rum kommen, die Luzerner Tatorte mitten in der Weihnachtszeit als grosser TV-Event zu senden, anstatt mitten im Hochsommer als feige Berglersuppe. Ich schwöre es!
 
0 = Sommerpausen, die mitten im Hochsommer beendet werden.
6 = Sommerpausen, die mit dem ersten kühlen Herbstwind beendet werden.

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