DOMINIK GRAF, Regisseur!
Mehr müsste ich in diesem Barometer eigentlich nicht schreiben. 18 Jahre nach seiner legendären Folge (Frau Bu lacht), ist er wieder zurück beim Tatort.
18 Jahre, in denen er 10mal den Grimme Preise, mehrmals den Bayrischen Filmpreis und viele weiter Auszeichnungen gewann. 18 Jahre, in denen er also äusserst erfolgreich arbeitete, und in denen seine Frau nebenbei noch kurz den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewonnen hat (Nirgendwo in Afrika). 18 Jahre, in denen er unheimlich viel fürs deutsche Kino und fürs deutsche Fernsehen gemacht hat, in denen er mit grossen Stars gedreht hat, aber in denen er sich auch mit völlig unbedeutenden Taugenichtsen rumschlagen musste. Welch unglaubliche Ehre also, dass auch ich kurz mit ihm zusammenarbeiten durfte, obwohl ich gestehen muss, dass dieses Aufeinandertreffen wohl eher unter Flop abgehackt werden muss. Sowohl für ihn, wie auch für mich. Aber trotzdem. Es war äusserst spannend zu sehen, wie ein solcher Mensch tickt, und wie ein solcher Mensch an Dinge rangeht. Nun fühlt es sich natürlich für das Barometer etwas komisch an, quasi ihn einschätzen zu müssen, ihn bewerten zu müssen, eine solche Grösse, eine solche Ikone. Aber es ist nun mal meine Pflicht die Leser über den kommenden Tatort zu informieren. Wer die Filme von Dominik Graf kennt, der weiss, entweder sind sie genial, oder sie sind so verschroben daneben, dass man kaum hinsehen mag. „Bananenfisch“lässt grüssen. Aber Graf ist ein Musterbeispiel der „Spannung des Risikos“, von der ich so oft rede. Er dreht deutsche Filme auf dem Hochseil, ungesichert selbstverständlich. Er geht raus, wagt sich an alles, dreht am Abgrund und kommt genauso zu seinen Meisterwerken. Aber dadurch stürzt er halt manchmal ziemlich tief. Das Spannungsfeld, in dem er damit jedoch arbeiten kann, erreicht immer wieder ein Level, welches in Deutschland Seinesgleichen sucht!
Und genau so wird es mit diesem Tatort. München ist perfekt für ihn. Die Stadt hat eine filmische Qualität auf höchstem Niveau zu bieten, der Tatort gehört seit jeher zu den besten, ist nun aber in der letzten Zeit mit der Suche nach einem neuen Assistenten etwas ins Stocken geraten. Und genau in diesem Moment, genau jetzt, da München dringend einen Impuls braucht, genau zur richtigen Zeit also, wird nun Dominik Graf ein Feuerwerk zünden, welches ganz Bayern 90 Minuten lang erleuchten lassen könnte. Die Frage ist nur, ob in einer traumhaften Choreographie am klaren Münchener Nachthimmel, oder ob all die Knallkörper und Leuchtraketen bereits am Boden völlig unkoordiniert explodieren werden. Diese Frage kann nicht einmal das Barometer beantworten. Ein Dominik Graf-Film kann alles sein. Wirklich alles. Fakt ist, das Schauen seiner Werke ist irritierend, anspruchsvoll und anstrengend zugleich. Man muss mit voller Konzentration dabei bleiben und sollte keine Dinge nebenher erledigen, was ja bei vielen anderen Folgen ohne weiteres gemacht werden kann. Dieses Mal definitiv nicht.
Der tatortübliche Anfang wird täuschen, Graf steigt meistens simpel ein. Im Münchener Westend wird gebaut ohne Ende. In der Immobilien-Branche ist nach wie vor sehr viel Geld zu machen und so erstaunt es nicht, dass ein Bagger bei der Arbeit die Leiche eines Bauleiters ausbuddelt. So weit so gut. Jeder der jemals gebaut hat, kann sich einen brutal ermordeten Bauleiter, zerstückelt und unter dem eigenen Haus vergraben, durchaus vorstellen. Aber hier fängt die Grafsche Skurrilität eigentlich erst an. Das ganze entpuppt sich als Familiengeschichte, mit schrulliger Patriarchin in alter Villa und Scharfschützin aus dem bekannten Münchener Zirkus Krone. Selbstsprechend: Weitere Leichen werden folgen. Eine Art Zirkusvorstellung also, und in der Manege der überdrehten Geschichte stehen die grandiosen Schauspieler, dressiert und inszeniert vom grossen Zampano Dominik Graf. Dompteur und Zirkusdirektor zugleich. Ein Tatort, wie ihr ihn wohl noch nie gesehen habt. Ich bin mir absolut sicher, dass es den einen oder anderen Barometer-Leser gibt, der diese Folge lieben wird. Aber mir ist auch sonnenklar, dass ein nicht minder grosser Anteil sie als absolut ungenügend bewerten werden wird. Dominik Graf, wie er leibt und dreht. Also Langeweile wird sicher keine aufkommen. Er polarisiert, er riskiert und er macht endlich wieder Tatort! München und Graf, das müsste doch eigentlich passen.
Erwartungs-Barometer: Sehr schwer… Eine vorsichtige 5
Die Note danach: Ich werde diesen Tatort nicht benoten.
Natürlich gibt es auch hier wieder extrem schlaue Kritiker,
die den sensationell fanden:
„Dominik Graf ist der beste deutsche TV-Krimi-Regisseur.
Entsprechend gut war sein Münchner «Tatort» «Aus der Tiefe der Zeit»“.  „Manchmal muss man einfach dazu stehen und
sagen: passt. Chapeau. Gut gemacht.“  usw.
Waaaaaaaaaaaassssssss???????????? Das Barometer lässt
sich doch nicht verarschen. Da hat man dermassen gute Schauspieler und so viel
Filmpotential zu Verfügung und dreht eine solche Scheisse.
Ganz ehrlich, vor 18 Jahren hätte man mit dieser Machart
vielleicht noch ein bisschen provozieren können, heute jedoch wirkt es wie eine
Persiflage. Etwas wirre Schnitte, 1000 Zooms, bisschen Hektik und nicht mal
eine gute Story, die mal wieder in der SS enden muss. Unter aller Sau.
Natürlich kann man mir vorwerfen, dass ich ihn einfach nicht verstanden habe,
dass er zu hoch war, für ein simples Gemüt wie mich, quasi der David Lynch-Effekt.
Aber nein, ich nehme mir die Arroganz raus, dass es das nicht sein kann. Dieser
Film und der Gedanke dahinter waren einfachst zu durchschauen. Das war
Effekthascherei auf schlechtestem Niveau und hatte mit Filmkunst wirklich
absolut nichts zu tun, sorry. Jeder Schauspieler musste noch irgendeine
Requisite mit sich rum schleppen, Perücken tragen oder einen Spagat machen. Was
im Theater geklaut wird, passt noch lange nicht einfach so in einen Tatort. Selbstverständlich
noch ein paar blutige Titten, jede Szene völlig überladen und bereits einen
Vorspann, als würde gleich die erste Folge von Dallas gespielt. Wie gesagt,
eine Inszenierung, die schon vor 18 Jahren altbacken und elitär gewirkt hätte,
heute ist sowas nur noch lächerlich und anstrengend nervig. Heute kann man mit
solch peinlich billigen Aktionen nicht mal mehr Kinder schocken. Aber klar,
dass ein paar intellektuelle Filmfuzzis bei sowas den Handstand machen vor
Freude, ist ja der Dominik Graf, gell. Jammerschade für alle die guten Schauspieler,
und mein tiefstes Beileid an all die Zuschauer, die auf sowas noch reinfallen. Ich
bin zum Glück nur im Vorfeld drauf rein gefallen…
Die Meinungen werden also komplett auseinander gehen. Das
Barometer jedoch muss sich auf eine Note festlegen. Ich für mich freue mich
extrem auf diesen Tatort, befürchte jedoch, dass er mit Geschichten und
Dialogen ziemlich überladen sein wird. Fast als wollte Graf all die Ideen, die
er während der 18jährigen Tatort-Abwesenheit hatte, nun in eine einzige Folge
packen. Es wird definitiv ein anstrengender Abend werden. Man muss versuchen
sich drauf einzulassen. Das ist sicher nicht einfach, aber belanglose
Tatort-Episoden gab es ja in der letzten Zeit zur Genüge.
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6 = Eine Art Polizeifunk mit dem Teigfuss
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