20. Oktober 2013

Tatort: Die chinesische Prinzessin (Münster)

Kürzlich hatte ich die ganz grosse Ehre den mysteriös genialen Kriminaltango persönlich kennen lernen zu dürfen. Es war mir wirklich eine Freude und irgendwie passend zu dem Zufallstreffen, fand es in einer Location statt, welche für mich an arroganter Negativ-Energie kaum zu überbieten ist. Ein Lokal, welches es in der Hand hätte eine ganze Stadt in Bewegung zu versetzen, welches zwar mit DJ und Musik auftrumpft, so eingängig, dass die Leute förmlich zu platzen drohen, vor lauter Drang sich bewegen zu wollen, welches aber gleichzeitig mit taghellem Licht und bewusst schlechtem Konzept jegliche Möglichkeiten auf eine richtig gute Party unterbindet. Der Vergleich mag absurd klingen, aber ich muss dabei immer irgendwie an Hakan Yakin denken. Welch unglaubliches Talent ihm Emine doch in die Wiege legte! Ein solch riesiges Potential, welches er aber leider nicht annähernd ausgeschöpft hat. Zu sehr war er den andern überlegen, als dass er noch was für seinen Fussball hätte tun müssen. Ein zu grosses Genie und manch fussballaffiner Barometer-Leser pflichtet mir sicher bei, wenn ich sage, dass er der beste Fussballer hätte werden können, den die Schweiz je gesehen hat, wenn er durch Einsatz und Fitness sein volles Potential ausgeschöpft hätte. Und genau so fühlt sich dieses Lokal an. Zu gut läuft es, ganz ohne Bemühungen. Ohne Konkurrenz wichtigtut man sich ein bisschen durch die Kultur. Doch aus purer Ignoranz gegenüber dem Besucher, verpufft hier Wochenende für Wochenende ein unheimliches Potential. Mit dem Tatort hat das alles herzlich wenig zu tun, aber wie der Zufall es eben wollte, traf ich den Kriminaltango genau hier und lustigerweise auch gleich noch an einem Kurzfilmfestival, welches uns mehrheitlich mit Schwachsinn berieselte. Und während dem ganzen Kennenlern-Prozess versuchte mir der Tango (von subtil bis ziemlich direkt) zu vermitteln, dass ich doch etwas positiver durch die Welt gehen sollte. Es würde sich lohnen, konnte ich zwischen den Zeilen lesen. Nun gut, das Barometer ist nicht prinzipiell negativ. Es ist zwar äusserst streng, es ist sehr fordernd, aber jederzeit offen für ein Meisterwerk. So sehr ich etwas verfluchen kann, so sehr kann ich auch etwas aus tiefster Seele lieben, einen Film verehren, einen Schauspieler vergöttern. Er oder es muss einfach nur gut sein. Das ist alles.
Und genau dieses Gute habe ich mit dem Kriminaltango dann doch noch gefunden. Die Nacht hatte ihre beste Zeit bereits hinter sich gelassen, als ich völlig unverhofft zu der wohl besten Crêpe meines Lebens kam. Einfach so. Mit zartem Schinken, würzigem Käse und frischen Kräutern. Das alles serviert von einer Art Peter Pan mit seiner Elfe. Wie in einem absurden Traum. Der Essensstand war eigentlich längst geschlossen, es war so dunkel, dass wir ihn nicht einmal wahrgenommen haben. Aber gerade als wir vorbei gehen wollten, gingen mit einem Knall die Lichterketten an, fröhliche Musik spielte auf, und die Platte dampfte für uns. Fast als hätte jemand einen Schalter „Crêpe-Stand ON“ gedrückt. Fast als wollte mir der Kriminaltango sagen: „Siehe mein Sohn, es geht auch so!“
Und so habe ich mir das irgendwie zu Herzen genommen, habe mir feste vorgenommen einfach mal wieder wesentlich positiver an das Barometer ran zu gehen. Einfach mal wieder das Gute zu suchen und zu sehen. Und was könnte da besser passen, als der Tatort aus Münster? Wie habe ich die unnützen Blödeleien in den letzten Jahren verflucht? Mit aller Kraft habe ich auch den letzten Fan von Thiel und Boerne davon zu überzeugen versucht, dass Münster einfach nur noch Schrott ist. Aber just in diesem Moment der kriminaltangoischen Bewusstseinserweiterung lese ich über diese neue Folge: „Mit mehr Ernst bei der Sache als zuletzt“! Willst du mir damit was sagen, Tango? Genau darum habe ich ja nun seit Jahren gebettelt. Die waren ja nicht immer so schlecht. Im Gegenteil. Als dieses Team in Münster angefangen hat, war das eine hervorragende Sache. Etwas neues, mit ganz grossen deutschen Schauspielern. Spannende Fälle mit gutem Humor angereichert. Genau das, was dem Tatort damals oft gefehlt hat. Aber je erfolgreicher Münster wurde, desto einfacher machte man es sich. Desto mehr liess man das Potential einfach verpuffen (das wird jetzt aber kein Link zurück zu der Hakan Geschichte. Wäre zu gesucht und auch total kontraproduktiv für meine gute Stimmung, die ich ja schaffen will), desto mehr driftete man in eine Ecke ab, die wirklich kaum mehr als Krimi zu bezeichnen war. Total unrealistisch und nur noch billiger Klamauk. Aber nun, auf meiner Suche nach der positiven Energie, scheint es mit Münster wieder steil aufwärts zu gehen. Warum sollte es nicht einfach mal wieder genauso klappen wie in den ersten Folgen? Die Schauspieler sind nach wie vor top, filmisch war Münster immer auf höchstem Niveau und nun scheint auch das Drehbuch wieder mit feiner Feder geschrieben worden zu sein. Von Grimme Preisträger Orkun Ertener. Man munkelt sogar, dass diese Geschichte eine Art Neustart des Duos aus Münster sein könnte! Alles also schreit nach der positiven Wende. Sowohl in Münster, wie auch im Barometer!

Erwartungs-Barometer: 5.5
Die Note danach:  4
Tja, Tango. Die Crêpe war wirklich sensationell, wie in einem Märchen, aber die Unrealität zu Münster holt mich wieder in die Realität zurück. Der war doch Quatsch, oder?

Seit langer Zeit also, freue ich mich mal wieder auf einen Tatort aus Münster. Natürlich wird die münsteranische Grundstimmung beibehalten, und natürlich kann nicht alles ändern, es wird eine Komödie bleiben. Aber niemand sagt ja was gegen eine Krimi-Komödie, sie muss einfach nur gut sein! Und jetzt, da ich mich auf das Positive fokussiere, vertraue ich fest auf die Seele der Stadt. Auf die römische Schlange, die unter Münster ihre positive Energie freisetzt, gell Kriminaltango!
PS: Enttäusch mich bitte nicht…

0 = Wie die Schweiz gegen Togo ohne Hakan
6 = Wie die Schweiz gegen Togo mit Hakan

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2 Kommentare:

Bruce Berger hat gesagt…

http://www.youtube.com/watch?v=LlErpUz1mMU

Kriminaltango hat gesagt…

Ich muss Dir leider recht geben... Und zwar in jedem einzelnen Punkt. Ich errinnere mich noch gut an das Spiel Basel gegen Valencia in der Champions League, ja es ist einige Jahre her, aber der junge Hakan spielte damals eine so mirakulöse Partie dass ich mich schon gedanklich im Intersport sein Real Madrid Trikot kaufen sah. Mit der Nummer 10 aufgedruckt... Und damals war Valenia wirklich eine ganz grosse Mannschaft, aber dieser geniale Fussballer stach einfach dort auch noch heraus. Oder wie er sich bei YB sich mit nur einem grandiosen Spiel an die WM ballerte. Und was musste ich einige Jahre später in grossen Lettern auf der Titelseite des Blick-Sports lesen? "Hakan, das ist ein Kondom" (nachdem publik wurde dass dieser grosse und häufig auch unverstandene Fussballer zum gefühlten fünften Mal Vater von Zwillingen wurde). Von seinem Abstecher nach Katar will ich gar nicht reden, wahrscheinlich hat es ihm dort einfach mal in den Badeferien ganz gut gefallen, das Angebot an modischen Guccibrillen schien beeindruckend gewesen zu sein...

Aber um Haken geht es gar nicht. Was Professor Boerne und Kommissar Thiel gestern gezeigt hat mich auch enttäuscht. Aber vielleicht verhielt es sich an diesem Tatortwochenende ein bisschen wie mit einer Droge. Die Vorfreude auf diesen Tatort stieg bei mir nach diesem Eintrag ins unermessliche. Ich machte mich auf diese eine Folge gefasst, welche meinen Referenztatort "Wegwerfmädchen Teil 1" aus Hannover wie eine Folge des nervigen gelben Schwammkopfs aussehen liesse. Auf eine Nacht in der ich kein Auge zudrücken kann weil die Folge so nachhallt, auf die überschwänglichen Kritiken in der FAZ und im Tatortbarometer und den Kater am darauffolgenden Sonntag wenn wieder Hausmannskost angesagt ist. Aber es sollte anders kommen, der Kater hielt Einzug. Aber vielleicht passte dies zu dem angesprochenen Abend damals. Vielleicht hätte sich der international aufstrebende DJ unter einem Konzert in der Hauptstadt der Schweiz keine hell beleuchtete Basketballhalle vorgestellt. Vielleicht hätte der Peter Pan es sich anders vorgestellt als um 2 Uhr in der Früh noch einmal seine sauber geputzte Crepes Machine anzuwerfen. Vielleicht hätten es sich die jungen Mädchen im Ausgang anders vorgestellt als den doppelten Preis für diese Crepes bezahlen zu müssen. Aber im Gegenzug zum lauen Tatort war es ein legendärer Abend gewesen, welcher mich mit der Seele der Stadt mehr als versöhnlich stimmte. Und das Schöne daran ist, dass schon nächsten Sonntag der Tatort die Chance hat, uns etwas völlig neues zu zeigen. Bis dann kann der Autor des Tatortbarometer noch ein bisschen daran herumstudieren, ob er nicht doch noch eine Karriere als Investmentbanker starten soll...

Kriminaltango... aus der Taverne...

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