24. November 2013

Tatort: Mord auf Langeoog (Hamburg)

Nun endlich kann sich das Barometer wieder auf eine etwas intensivere Art dem Tatort widmen. Unser aller geliebtes Kind! Aber nicht nur die Barometer-Redaktion war die letzten Wochen auf Ferienmodus eingestellt, auch der Tatort selber schien sich mal wieder eine gemütliche Urlaubs-Auszeit genommen zu haben. Dortmund letzten Sonntag war zumindest sowas wie ein Lichtlein am rabenschwarzen Horizont, nun wäre es aber an der Zeit, endlich mal wieder ein richtiges Fass aufzumachen. „Ein Fass aufmachen“, welch billige Floskel. Und doch eine meiner allerliebsten. Aus meiner Sicht kann nicht besser umschrieben werden, was ich jeweils damit sagen will. Aber kommt das auch so an? Interpretieren die Leute, die diese Zeilen lesen, auch genau das, was ich damit meinte? Aufgrund der verschiedenen Bedeutungen und Herkünfte, bezweifle ich es.

Bedeutungen:
etwas zur Sprache bringen; etwas Neues einführen; etwas in Erscheinung treten lassen; etwas ins Rollen bringen; viel Aufhebens machen; für Aufregung sorgen; etwas Grosses leisten; jemanden Überraschen, etwas sehr Gutes machen

Herkunft I:
Die Redensart „ein Faß aufmachen“ ist jüngeren Datums und offensichtlich eine Eindeutschung der englischen Redensart 'to make a fuss about something', wobei das englische Wort 'fuss' deutsch zum 'Faß' wurde. Die Redensart bedeutet sowohl viel Aufhebens um eine Sache machen als auch ausgelassen feiern.

Herkunft II:
Als die Braukunst erfunden wurde, und auch noch lange danach, war es nicht möglich, die Fässer wieder so zu verschließen, dass der Inhalt nicht schlecht wurde (Hygiene ringsum war entsetzlich, Kohlensäure war auch wenig drin und verflog dann schnell).
Also musste man nach dem Öffnen des Fasses auch alles austrinken.
"Ein Fass aufmachen" ist daher das Synonym dafür, dass es "ordentlich zur Sache geht".

Nun, ein Fass aufmachen ist also ein dehnbarer Begriff und so muss ich davon ausgehen, dass ein jeder der das Barometer liest „ein Fass aufmachen“ auf seine ganz eigene Art entschlüsselt. Die Grundbedeutung ist zwar simpel, aber die Auslegung kann völlig verschieden sein. Ich für mich, meine damit nicht zwingend, dass es knallen muss, dass eine halbe Stadt explodieren muss, oder dass 10 Leichen durch die Havel treiben müssen. Ein Fass kann man auch mit einer leisen Geschichte aufmachen. Man kann auch mit ganz feinen Tönen etwas Grosses leisten oder jemanden überraschen. Ich meine mit einem aufgemachten Fass also schlicht und einfach einen richtig guten Tatort machen. Egal in welcher Form. Hamburg ist geradezu perfekt, um sich dem Fass etwas tiefgründiger zu widmen. (Also so tiefgründig, wie eine solch oberflächliche Schreibe, wie das Barometer nun mal sein kann).
Hamburg hat in diesem Jahr gleich zwei neue Teams lanciert. Zum einen Til Schweiger. Und ja, Til hat ein Fass aufgemacht, und wie. Halt auf seine Art. Auf die auszutrinkende und explodierende Art. Für einen Tatort ging es wirklich ordentlich zur Sache. Darüber lässt sich nicht diskutieren, ein Fass wurde aufgemacht. Ob man das so mag oder nicht, darüber lässt sich jedoch streiten, und darüber haben wir ja auch gestritten. Gell, Tango.
Das andere Team jedoch hat aus meiner Sicht zum Einstand völlig enttäuscht. Eigentlich erstaunlich bei diesen guten Schauspielern und bei diesem Team hinter dem Konzept. Aber irgendwie hat man da die Sache mit dem Fass etwas falsch verstanden. Nur weil mitten in der Stadt ein paar Autos brennen, und solche Bilder natürlich spektakulär ausschauen, bedeuten die aber noch lange kein geöffnetes Fass. Und neben dem brennenden Auto ermordet einer in aller Ruhe seine Ehefrau, aber keiner hat es gesehen. Dafür hat eine Bürgerwehr aus gebehinderten Rentnern kurzerhand einen Besoffenen zu Tode geprügelt, weil der auch durch das Viertel torkelte bla bla bla… Völlig verkackt. In dieser Folge (Feuerteufel) wurde leider das Fass selber in die Havel geschmissen und zwar ungeöffnet!
Der grosse Vorteil daran ist aber, dass es nun noch verschlossen ist. Der Inhalt sollte also noch nicht schlecht sein und auch Kohlesäure müsste noch reichlich vorhanden sein. Das Fass könnte jederzeit geöffnet werden. Wie wäre es zum Beispiel mit jetzt? Anstatt Feuereffekte braucht dieses Team nämlich viel eher eine ruhige Geschichte. Eine, in der sich die Schauspieler und die Figuren entfalten können, eine in der man den Kommissaren näher kommen und in denen man sie kennen lernen kann. Ja, vielleicht müsste das Fass ja auf der Unterseite geöffnet werden. Nur ein kleines Löchlein. Eins, durch das eine gute Geschichte und ein paar Talente langsam entweichen können. Wenn man schon den Til hat, der die halbe Stadt zu Kleinholz verarbeitet, dann sollte man doch unbedingt das andere Team auf einer ruhigen Schiene fahren lassen.
Dieser Tatort spielt nun auf der Insel Langeoog, nicht allzu weit weg von Hamburg. Er lässt sich Zeit. Wir lernen die Figuren kennen. Die traumhaften Bilder der Nordsee tun ihren Teil dazu. Endlich mal spielt ein Tatort an dieser wunderschönen Küste. Endlich, bin ich versucht zu schreien.
Diese Folge wäre mit Sicherheit der bessere Einstand für Team 2 gewesen! Aber das bedeutet leider noch lange nicht, dass das Fass nun auch wirklich geöffnet wird. Wenn ich die Story lese, dann habe ich grosse Bedenken. Eine Kleine-Insel-Situation ist immer sehr schwierig. Die Kommissare sind privat da und geraten an einen Fall, in welchem sie eigentlich gar nicht ermitteln dürften. Ein Junge hat offenbar auf Ecstasy am Strand einen Mord begangen, kann sich aber nicht mehr daran erinnern. Da der Kommissar den Buben jedoch kennt, glaubt er die Geschichte nicht so ganz. Und neben all den Drogen taucht plötzlich auch noch die Nina Kunzendorf auf, die ja eigentlich in Frankfurt nicht mehr ermitteln wollte. Halleluja.

Erwartungs Note: 4,5  
Die Note danach: 4  (Drehbuch? Logik? Sinn?)

Hamburg - Team 2 - Chance 2 ! Bitte macht ein Fass oder zumindest ein Fässchen auf. Ich glaube noch nicht wirklich daran. Bin sehr vorsichtig geworden, was Drehbücher angeht.
Vielleicht ist es auch einfach besser, wenn das Fass weiterhin verschlossen bleibt, dann wird der Inhalt nicht schlecht und kann somit einfach mal wieder von einem Schweiger oder einem Borowski an der andern Küste geöffnet werden.

0 = Dallas
6 = Minneapolis

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17. November 2013

Tatort: Eine andere Welt (Dortmund)

Ich habe den Kinder-Tatort aus Erfurt noch nicht mal gesehen, und schon ermittelt das nächste Girlie auf GEZ-Kosten. Nun geht es in Dortmund ja aber viel weniger um die Kleene, als um den total gestörten Faber, was die Situation des Zuschauers jedoch in keiner Art und Weise besser macht. Ich weiss, der durchgeknallte Hauptkommissar kommt bei einigen ziemlich gut an, für mich jedoch funktioniert er überhaupt nicht. Eine Schande, dass ein solch begnadeter Schauspieler für diese komplett überzeichnete Figur hinhalten muss. Ich hoffe jedoch nach wie vor, dass irgendeiner der vielen Profi-Filmemacher, die hinter dem Projekt stecken, irgendwann merken wird, dass die Glaubwürdigkeit etwas leidet, wenn der Kommissar am Rande eines Schulhausdaches steht und man nicht weiss, ob er nun springen will oder nicht. Nun, in dieser Folge soll er angeblich noch einmal so richtig ausrasten (was bei seinem Hintergrund ja auch verständlich ist, aber ob er so noch Chef einer Mordkommission werden könnte…?), und danach wird er sich nur noch auf seine ganz eigenen Ermittlungsmethoden konzentrieren. Ein kleiner Lichtblick also, für den anspruchsvollen Tatort-Geniesser.
Und um was geht es in der Geschichte? 16jährige (Achtung, nicht die Kommissarin), will raus aus dem Dortmunder Ghetto und verkehrt nun in der Westfälischen Schickeria. Jedoch nicht allzu lange. Klingt nach sehr viel Klischee, könnte aber in einer Stadt wie Dortmund funktionieren, zumal die mehr als moderne Ästhetik als äusserst mutig bezeichnet werden kann. Wenn die ganzen Nebengeschichten der Kommissare also endlich etwas in den Hintergrund rücken, und man von der Stadt ein bisschen mehr mitkriegen wird, als ein paar besoffene BVB-Fans, könnte diese Reihe vielleicht tatsächlich mal noch was werden. "Eine andere Welt" ist aber allerhöchstens ein erster Schritt in eine bessere Welt. 

Erwartungs Note: 4,5  
Die Note danach: 5 
(...ok, zwei Schritte in eine bessere Welt.) 

Ab nächster Woche werde ich mich wieder mit mehr Energie und mehr Leidenschaft dem Barometer widmen können. Ich hoffe jedoch, dass der Tatort sich auch endlich uns wieder mit etwas mehr Energie und Leidenschaft widmen wird. Viel verpassen tut man ja momentan nicht, wenn man paar Wochen weg ist.

3. November 2013

Tatort: Kalter Engel (Erfurt)

Das Barometer befindet sich eigentlich im (wohlverdienten) Erholungs-Urlaub. Nach all dem Schmerz, welcher uns in den letzten Wochen zugefügt wurde, und nach all dem unsendbaren Müll, den ich bewerten musste, ist das wirklich das Mindeste. Eigentlich müsste ja die ARD für diese Reise aufkommen. Eine Art Tatort-Reha.
Aber trotz Ferienabwesenheit werde ich natürlich eine kurze Einschätzung zum aktuellen Tatort schreiben. Es ist ja mal wieder ein komplett neues Team am Start. Erfurt hat seine Premiere!
Nun, der treue Leser hat mit dem Barometer schon einige Neustarts durchmachen dürfen oder müssen, und bis auf Saarbrücken war ich davor jeweils optimistisch bis euphorisch. Aber das ist vorbei. Noch einmal lasse ich mich von der Vorfreude auf etwas, das eigentlich möglich wäre, aber sowieso nie eingehalten werden wird, sicher nicht mehr die Laune verderben. Erfurt wird nur eine weitere Episode im Drama der verkackten Neulancierungen. Was hätte man da wieder für Möglichkeiten, was könnte man da wieder für grossartige Geschichten und spannende Figuren einführen. Die Welt der totalitären Fantasie steht einem ja offen, wenn man alles neu kreieren kann. Aber zu guter Letzt sitzt halt doch wieder ein Gremium aus Leuten, welches vor 30 Jahren gelernt hat TV Filme zu machen, ganz oben und entscheidet über das Endprodukt. Erfurt wirbt nun mit dem jüngsten Ermittlerteam aller Zeiten! Was soll das den für eine Qualifikation sein? Was soll das für ein Grund sein einzuschalten? Schon das Mädel in Dortmund erscheint doch so jung, dass man ihr die Mordkommission nicht abnimmt. Wie also soll da ein noch jüngeres Team glaubwürdig funktionieren? Wird doch kein Mensch mit 20 in eine solche Ermittlungsbehörde beordert. Versteht mich nicht falsch, auch hier sind alles wieder gute Schauspieler am Werk, aber wie dämlich ist es, einen 21Jump Street Tatort zu erfinden. Man will halt einmal mehr jung und hip sein, auf die Jugend setzen. Mir wird schlecht, wenn ich nur dran denke. Es ist so jammerschade, aber ich kann es nicht ändern. Auch in meiner guten Urlaubsstimmung kann ich die Fakten nicht ausblenden. In Erfurt wird der nächste Tatort-Neustart total versemmelt. Hat nun fast schon Tradition. Nur junge Schauspieler bringen halt nicht automatisch die Moderne mit sich, wenn der Film im Stile der frühen 90er inszeniert wurde. Am Versuch was ganz Modernes zu sein, scheiterte letzten Sonntag ja schon München. Damals versuchte man es mit einer Freakshow und mit schnellen Schnitten. Jetzt sollen es paar Kids in der Mordkommission richten. Es ist schon himmeltraurig, wenn dieses Konzept das beste war, von all denen, die für den neuen Tatort beim MDR auf dem Tisch lagen.
Junges Team also ermittelt nun auf Augenhöhe im Studentenmillieu. Irgendwie zwei Frauenmörder, Studis, die sich mit Medis aufputschen und von reichen Finanzierer durchbumsen lassen. Wow. Das nenne ich mal eine Story, die mich reinzieht.

Erwartungs Note: 3,5
Die Note danach: 3,5

Klar werde ich mir diese Folge ansehen, wenn ich zurück bin, aber nur weil ein neues Team Pflicht-Programm ist für das Barometer. Eine Gucken-Empfehlung jedoch gebe ich sicher keine raus.