27. April 2014

Tatort: Kaltstart (Hamburg)


Wie in der letzten Zeit unschwer zu erkennen war, gehen dem Barometer langsam aber sicher die Ideen aus. Fast als gäbe es nichts mehr Neues zu erzählen, fast als würden sich die Einträge zusehends zu einem einzigen ideenlosen Einheitsbrei vermengen.
Fast als würde es dem Barometer nicht anders gehen, als dem Tatort selber...
Aber bei Hamburg stimmt das so in keinster Art und Weise. Tatort aus Hamburg bedeutet Ideen ohne Ende. Während wir letzten Sonntag gesehen haben, wie die Schweiz keinen Millimeter riskiert, ist Hamburg eigentlich ein Dauerrisiko an neuen Ideen.
Erst Cenk Batu, welcher undercover durch die ganze Stadt ermittelten musste. Von Politik, über Banken, bis in die höchsten Kreise der Al-Kaida Sektion Alster Ost. Anschliessend kam die endgeniale Idee eines B-Action Movies mit Nick Tschiller. Und weil der Norddeutsche Rundfunk noch immer vor tausenden von Ideen sprudelte, engagierte man einen solid bekannten Schauspieler und kreierte um ihn zusätzlich eine ganz andere Reihe, in welcher nun sämtliche Rest-Stories verbraten werden können. Ob ein Feuerteufel mitten in Hamburg Autos anzündet, oder ob der Sohn des Ex-Partners auf einer Insel im Drogenrausch ein Mädl massakriert und danach bei minus fünf Grad vier Kilometer durch das Wattenmeer schwimmt, ganz egal, ausnahmslos jeder Mitarbeiter des NDR, welcher in der Pause bei einem Franzbrötchen eine Eingebung hat, darf die am Ende mit ins Drehbuch pappen. Dieses Mal, wird das eine Art FBI Story. Bzw. weil der Tatort ja in Deutschland spielt, heisst es halt Bundespolizei. Irgendwie wurden die Kommissare nun plötzlich dahin befördert und somit muss natürlich auch die Story explodieren. Also: Gasexplosion im Hafen, Globalisierung ist mit drin, zudem wünschte sich der Hauswart ein Schleuserdrama um afrikanische Flüchtlinge, bisschen Waffengeschäfte wollte der Kantinenkoch, und weil einer der Personalbüro-Praktikanten vor kurzem zum ersten Mal „Enemy of the state“ gesehen hat, wurde nun der halbe Tatort aus einem Helikopter gedreht. Zumindest so lässt der Trailer es vermuten. Es könnte natürlich auch eine Drohne oder ein Satellit sein. Keine Ahnung womit die krasse Bundespolizei heutzutage die Welt so rettet. Die Kritiken sind teilweise richtig positiv, aber das waren sie bei Cenk Batu auch. Ausgerechnet das Barometer, welches sich sonst immer für das Risiko der Filmemacher ausspricht, welchem ob altbackenen, angestaubten Tatortreihen, die Haare zu Berge stehen und welches nichts mehr liebt, als frische Drehbücher, ausgerechnet dieses Barometer wünscht sich mittlerweile sehnlichst, die Einfachheit des guten, alten Hamburger Duos Stoever und Brockmöller zurück. Das war simple, aber gute Tatortkost. Die vielen Einfälle aus Hamburg treiben selbst das Barometer in die konservative Ecke.

Erwartungs-Barometer: 4,5
Die Note danach: 4
"Die Geschichte glaubt uns kein Mensch" - Richtig, zumindest ich nicht.

Während mir die Ideen wirklich langsam ausgehen, beglückt uns Hamburg mal für mal mit ganzen Gezeiten an Genieblitzen. Es fragt sich bloss, welcher dieser zwei Nachrichten für die globale Welt die schlechtere ist.
Dieser Tatort ist anders, keine Frage. Und weil die kinotauglichen Bilder wirklich Hollywood versprechen, ist er sicher irgendwie zu empfehlen. Aber Geschichten sind mir immer noch viel wichtiger als Bilder, und darum wird auch dieser Tatort vom Barometer Qualitätssigel „richtig gut“ seemeilenweit entfernt sein. Viel zu überladen.

0 = Wie von heute
6 = Wie von früher


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21. April 2014

Tatort: Zwischen zwei Welten (Luzern)


Was musste der Schweizer Tatort nicht alles an Kritik einstecken. Bei jeder neuen Folge ging ein deutsches Medien-Gewitter an Tatort-Bashing über Luzern nieder, als wäre die Stadt am Sonntagabend dem Untergang geweiht. Dermassen deftig, dass sich bei mir immer wieder eine Art Verteidigungsmechanismus ausgelöst hat. Ausgerechnet das Barometer, das endkritische Barometer fand immer auch wieder lobende Worte für den Schweizer Tatort. Ich sah plötzlich die guten Seiten, die schönen Momente. Ich fing an den Schweizer Tatort zu mögen. Denn so lange die ARD Tatorte aus Saarbrücken, Konstanz und Ludwigshafen zulässt, sollte es der deutschen Presse verboten sein auch nur einen negativen Satz über unser helvetisches Bijou zu publizieren. Verglichen mit solchen Folgen könnte das Schweizer Team für die goldene Palme nominiert werden. Wenn hier jemand die Luzerner kritisieren dürfte, dann das Barometer. Es ist doch wie mit der eigenen Familie. Selber kann man über sie lästern so viel man will, aber es steht sicher keinem Fremden zu, schlecht über sie zu reden. So ist das nun mal. Ja, ich lobte und pries den Tatort aus Luzern. Und solange Folgen, wie diese an der Fasnacht, produziert wurden, tat ich das auch mit gutem Gewissen. Natürlich waren das keine Jahrhundertfolgen, aber da waren richtig feine Szenen drin, eine gute Idee, tolle Momente. Und je mehr über den Schweizer Tatort hergezogen wurde, desto sicherer war ich mir, dass sie es schaffen können. Dass sie wirklich irgendwann richtig gute Filme machen werden. Mein Gehirn hat das irgendwie so vernetzt.

Aber was hat es sich bloss dabei gedacht? Dieser Verteidigungsmechanismus vernebelte meine Sinne. Meine Zurechnungsfähigkeit ist mir komplett abhanden gekommen. Ich war so verflucht soft, dem Flücki gegenüber. Was sind wir zwei für traurige Waschlappen. Pussy-Barometer.
Aber während es, wie erwähnt, absolut keinem Fremden zusteht, über unsere Familie herzuziehen, so dürfen wir den Schweizer Tatort kritisieren wann immer wir wollen und so oft wir wollen. Wir können zu jeder erdenklichen Zeit damit anfangen. z.B. jetzt! Schliesslich ist ein jeder von euch quasi Co-Produzent dieser Werke und irgendwie bin ich der Verteidigung der Schweiz überdrüssig.
Soll das doch der Ueli machen, das Barometer hingegen fokussiert sich nun auch bei Luzern wieder auf seine Kernaufgabe.
Ehrliche und objektive Kritik:
Der Schweizer Tatort ist ein maximales Desaster und diese Folge ist der perfekte Beweis dafür. Wir befinden uns alles andere als auf dem richtigen Weg. Er hat weder Herz noch Seele. Es fehlt an Spannung, Mut, Dynamik, Dramatik, Logik, Talent, Ideen, Spaß, es fehlt eigentlich an allem.
Die Stories sind öde ohne Ende. Absolut nichts wird hier zu Lande riskiert. 0,000 % Risiko. Eine Katastrophe. Die Machart wirkt wie aus einem Heidifilm der 70er Jahre, die Dialoge könnten hölzerner nicht sein und die Schauspieler sind an Langweile kaum zu überbieten. Ein Tatort aus Saarbrücken ist zumindest richtig Scheisse, der Schweizer ist nichts. Absolut nichtssagend. Biederste helvetische Durchschnittsgrütze. Er könnte genau so gut eine Glanz und Gloria Folge mit Dani oder ein Donnerstagjass mit Monika sein. Der Schweizer Tatort ist ein typisches Schweizer Nichts. Momentan gibt man sich in Deutschland als Schweizer ja sowieso nicht allzu gerne zu erkennen, aber dass ich mich nun auch noch dermassen für unseren Tatort schämen muss, lässt mich wirklich überlegen, ob ich mich ab jetzt vielleicht eher als österreichischer Feuerwehrmann ausgeben sollte, wenn ich das nächste Mal gen Norden reise.
Ja, liebes Deutschland, du hast Recht. Der Schweizer Tatort ist der löchrigste Käse der Welt!
Eine Kritik vom Tittelbach sieht die Sache leicht differenzierter als das Barometer. (Ich schreibe halt lieber direkt den Subtext):

„ORF und SRF liefern regelmäßig ihre Beiträge zur ARD-Vorzeige-Reihe Tatort. Doch während die Österreicher mit dem Duo Harald Krassnitzer / Adele Neuhauser seit Jahren für starke Stücke stehen und sorgen (gerade erst gab es dafür den Grimme-Preis), haben die Eidgenossen so ihre liebe Not, da qualitativ mitzuhalten. Auch der neue Schweizer "Tatort – Zwischen zwei Welten" müht sich vergeblich. Der Fall ist düster, wird sehr entschleunigt erzählt, ist routiniert und unspektakulär inszeniert. Das Ganze schleppt sich doch allzu sehr dahin, wirkt zuweilen bemüht und die Geschichte ist überkonstruiert.“

Will da irgendwer überhaupt noch wissen, worum es eigentlich geht? Ich nicht!

Erwartungs-Barometer: 2
Die Note danach: 3
Falsches Schuldeingeständnis des Papis – mal ganz was Neues.

Schon absurd. Die 1-2 besseren Folgen aus der Schweiz, wurden jeweils in der Sommerpause bei 40 Grad am Schatten verbraten, damit sicher kein Germane auf die Idee kommt, eine davon zu schauen, während dieses schrecklich schlechte Biest von einem Tatort am Ostermontag zu allerbester Tatort-Sendezeit ausgestrahlt wird. Man könnte fast meinen, dass die ARD dem Deutschen Volke das wenig Gute aus unserem Lande extra vorenthalten will, während man ihnen den Schrott unter die Nase reibt, nur um ihnen zu beweisen, wie schlecht die Schweiz doch ist. Und zagg, schaltet er bei mir wieder ein, dieser Verteidigungsmechanismus. Was denkt ihr eigentlich wer ihr seid, beim Ersten? Wenn hier einer motzen darf, dann bin ich das, aber sicher nicht ihr fremden Saarbrücken Befürworter Muschis. Wir werden euch zeigen, was wir für eine Rakete von Tatort raus lassen können. Euch wird ein verfluchtes Vierwaldstätter-Meisterwerk den Verstand wegballern! ... halt leider erst beim nächsten Mal.

0 = Wie von 0,00000000000% Risiko
6 = Wie von Arnold Winkelried


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12. April 2014

Tatort: Der Hammer (Münster)


Weitere vier Stunden also werde ich nun in diesem Zug verbringen. Meine Laune könnte nicht besser sein. Ein ganzes Abteil für mich, die Beinfreiheit dementsprechend beachtlich, eine angenehme Ruhe, für einmal keine unerträglichen Düfte, die Klimaanlage sorgt für eine  Temperatur genau nach meinem Gusto, und draussen schiesst die Welt an mir vorbei. Obwohl „schiessen“ vielleicht nicht der richtige Ausdruck dafür ist. Und „die Welt“ irgendwie auch nicht. Draußen schlendert das Allgäu an mir vorbei, wäre wohl passender. Vier lange Stunden also, in denen ich Zeit für dieses Barometer habe. Vier Stunden, in denen ich alles erzählen kann, in denen ich ein Barometer schreiben kann, wie es noch nie eines gegeben hat. Der perfekte Moment, ein perfektes Barometer für den perfekten Tatort zu schreiben. Die perfekte Geschichte also:

„Ein mit Kappe und Strumpfhosen verkleideter Superheld befindet sich auf einer Art Rachefeldzug gegen die Prostitution und schlägt in Münster mit einem Hammer die Bösen tot.“

Hmmm.




---- Pause ----




Hmmm.

Eigentlich hätte ich doch noch weitere 3h56min.

Hmmm.




---- Pause ----




Hmmm.

Verkleideter Superheld mit Hammer in Münster. Was soll ich noch dazu sagen?

Hmmm.

Nun gut, ich versuche es. Nach dem Mega-Debakel aus meinem geliebten Kiel, hat uns die kurze Pause sicher gut getan, und wir sind wieder für jegliche Art von Tatort offen. Die Story klingt zwar haarsträubend, extrem absurd, aber ich glaube, dass sie funktionieren wird. Der Tatort aus Münster ist über die Jahre vollends im Klamauk verkommen, produziert war er jedoch immer auf hohem Niveau, da konnte man nie was aussetzen. Und so grotesk diese Story auch klingen mag, für einmal soll es eher düster als lustig werden. Das kann den Herren Boerne und Thiel nur gut bekommen.

Erwartungs-Barometer: 5
Die Note danach: Hmmm, perfekte Momente kann man nicht erzwingen. Einfach nur GUTE, leider auch nicht ... Hmmm. 4

Gefühlt sind wir noch keine 10 Meter weiter, noch immer tuckere ich über das Lande, und weitere 3 Stunden und 43 Minuten zum Schreiben würden mir bleiben. Alles wäre angerichtet gewesen. Aber ich bin nicht der Tatort. Nur weil ich einen perfekten Moment habe, heisst das noch lange nicht, dass es auch der Tatort hat. Er wird kommen, irgendwann, heute ist er es nicht. Aber immerhin, für Münster könnte das der beste Moment seit langem werden, auch wenn es eine Schande ist, einem solch unglaublich genialen Schauspieler einfach eine Kappe über den Kopf zu stülpen.

0 = Ungefähr soviel Erwartung wie vom Allgäu
6 = Ungefähr soviel Erwartung wie von perfekten Momenten


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