28. September 2014

Tatort: Wahre Liebe (Köln)


Es ist schon irgendwie schizophren. Da fiebern jedes Wochenende Millionen von Zuschauern auf einen guten Tatort hin und wenn den Filmemachern mal der ganz grosse Wurf gelingt, wird ihnen das im Nachhinein bei jeder neuen Folge vorgehalten.

Köln hat seit dem Sonntag, 5. Januar 2014 ein massives Problem, sie haben einen viel zu guten Tatort gemacht!

Als ich angefangen habe Tatort zu schauen, waren die Kölner eines der besten Teams, aber mit den Jahren sind sie irgendwie ins seichte Mittelmass-Gewässer des Frühlinger Sees gedriftet und brachten nur noch wenig Hochstehendes zustande. Bis eben zu diesem Sonntag, 5. Januar 2014.
Der Tag, an dem sich alles veränderte, der Tag, an dem Köln ein Meisterwerk, ihr Meisterwerk präsentierte. Der Tag, an dem „Franziska“ endlich ausgestrahlt wurde.
Zugegeben, auch diese Folge war nicht der perfekte Tatort, dafür war der Schluss zu absurd konstruiert, aber „Franziska“ war eine Sensation. Ohne Wenn und Aber. Ein Juwel, ein richtig guter Tatort, über welchen bereits im Vorfeld (absolut zurecht) und eben auch lange danach noch heftig diskutiert wurde. Köln hatte den ganz grossen Hit gelandet. Aber was nun? Was kommt danach? Jede neue Folge wird sofort mit „Franziska“ verglichen, in jeder zweiten Kritik und eben auch im Barometer wird noch immer von „Franziska“ geschrieben. Dieser eine grosse Hit wurde für Köln zur noch viel grösseren Hypothek.
„Franziska“ ist also eine Art One-Hit-Wonder. Eines, wie es sie in der Musik immer wieder gibt. Spontan würde ich Köln z.B. mit einem Lou Bega vergleichen. Ihm ist mit „Mambo No.5“ was ganz ähnliches gelungen. Etwas, von dem jeder Musiker, jeder Fernsehmacher träumt. Ein Hit. Nummer 1 in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in vielen andern Ländern. „Franziska No.5“ wünscht sich doch ein jeder, der Kunst macht oder betreibt. Aber was kommt danach? Wahrscheinlich lässt ein solcher Hit eine dermassen grosse Masse an Energie frei, dass man im Moment durchaus die Power hat, gleich noch ein Wonder nachzulegen, bzw. zumindest ein Wünderlein. Man darf nicht vergessen, dass Lou Bega mit „I got a Girl“ (in welchem er die Frauennamen einfach mit Städtenamen ersetzt hat), noch eine zweite, durchaus beachtliche Chartplatzierung erreicht hatte. Natürlich nie mehr mit der Kraft und der Wucht des Erstlings. Aber diese ganze Überschussenergie, die nach einem solch grandiosen Hit logischweise vorhanden ist, muss doch auch irgendwie verwertet werden können. Und so schaffte auch Köln in dem kreativen Rest-Erguss des Meisterwerks, durchaus nochmals eine beachtliche Folge: „Der Fall Reinhardt“. Ich glaube das ganze Team aus Köln war von der Arbeit an „Franziska“ und dem riesigen Lohn dieser Mühen noch dermassen kreativ geladen, dass eine weitere gute Folge die selbstverständliche Konsequenz war. Fast wie wenn du mit Freunden drei Jahre in einer Weltstadt gewohnt hättest und danach in die Provinz ziehen würdest. Du nimmst die Energie mit. Es dauert Wochen, bis du nicht mehr explodierst, bis du die energetische Kreativität, bis du die Power langsam verlierst und du dich der neuen Situation anpasst. Und genau so hat Köln nach „Franziska“ nochmals eine wirklich gute Folge produziert, ist nun aber definitiv wieder in der endlos mittelmässigen Tatort-Provinz angelangt.
Auch Lou Bega macht noch immer Musik, aber kennt irgendjemand von euch „Sweet like Cola“ oder „This is Ska“?
Und so hat das One-Hit-Wonder oft einen äusserst negativen Beigeschmack. Ist es also eher Fluch als Segen? Keinesfalls! Es ist Segen pur!!! Es ist doch 1000mal geiler nur einen grossen Hit gelandet zu haben als gar keinen. Natürlich kann es danach ganz schön hart werden, wenn man immer dem einen grossen Moment nachtrauert, aber deswegen nie einen grossen Moment zu haben, wäre doch absolut schwachsinnig. Man dürfte sich auf keine Liebe mehr einlassen, auf keine Reise, auf absolut nichts. Wir haben nie die Garantie, dass es irgendwann nochmals so gut werden wird. Alles was einem richtig glücklich macht, kann ein One-Hit-Wonder oder vielleicht eher ein One-Hit-Moment gewesen sein. Wir dürften keinen einzigen Glücksmoment mehr geniessen, da er vielleicht so nie mehr kommen wird. Stellt euch vor, plötzlich würde eine putzige Fee vor mir auftauchen und sagen, dass sie mir die Macht gibt, ein perfektes Barometer zu schreiben. Mir die Gabe geben würde, einfach einmal einen perfekten Eintrag zu veröffentlichen. Ein One-Baro-Wonder würde ich doch auf der Stelle, ohne eine Sekunde zu zögern annehmen, selbstverständlich mit dem Wissen, dass es danach für den Leser noch viel frustrierender werden würde, mein ganzes Gelaber zu lesen. Aber dafür hättet ihr für einmal ein perfektes Barometer vor euch. Einfach so, ganz unerwartet.
Ich jedenfalls bin Köln extrem dankbar für „Franziska“. Es war ein grossartiger Moment, ein grossartiges Ferseherlebnis und ich bin glücklich, durfte ich dabei sein, auch mit dem Wissen, dass der Tatort aus Köln nie mehr so gut werden wird. Nie mehr! Und obwohl ich mich jetzt definitiv nicht als Lou Bega Fan bezeichnen würde, so kann ich sagen, dass sein One-Hit-Wonder mir zumindest einen absoluten One-Hit-Moment beschert hat. Und auch wenn sowohl Lou, wie auch der Moment mittlerweile wieder genauso in der mittelmässigen Provinz versunken sind wie der Kölner Tatort, so würde der Welt (und mir) doch irgendwie etwas fehlen, wenn es den „Mambo No.5“ nie gegeben hätte.

Und inmitten meiner grossen Bewunderung für all die Leute, die alles riskieren, um vielleicht nur einmal im Leben ein Meisterwerk zu schaffen, interessiert mich die Geschichte dieses nun folgenden Tatorts überhaupt nicht mehr. Schade eigentlich, denn es geht ja um die wahre Liebe. Aber eben auch um den Mord der Chefin einer Online Partneragentur. Die Folge wird sicher seine rührend guten, fast melancholischen Momente haben, aber bei einem solchen Thema sind Klischees und Überzeichnungen vorprogrammiert. Zudem ist ja von Kommissar Ballauf (welchen ich nach wie vor als vollends talentfrei bezeichnen würde) bereits die Liebesgeschichte mit der Polizei-Psychologin hängig, welche sicher auch noch fein in diesen Rosamunde Pilcher Krimi rein geflochten werden wird. Viel Liebes-Tamtam also und am Ende wird bestimmt bei der Wurstbude am Rhein in weiss geheiratet. Uuuuuaaaaaahhh. Ach, wie sehr sehne ich mich nach einem richtigen One-Hit-Wonder!

Erwartungs-Barometer: 4
Die Note danach: 4
Zwei, drei richtig gute Momente, darum knapp genügend.

Köln wie immer bemüht. Kommissar Bär spielt sich mal wieder einen Wolf. Das zärtliche Drehbuch und der kuschelige Ballauf sind zwar romantisch, aber einfach nicht auf der Höhe der Zeit. Womit wir wieder bei Punkt A angekommen wären. „Franziska“, geliebte Franziska. Es wird nie mehr so sein, wie es mal war.

0 = Der schlechtmöglichste Tatort
6 = Der perfekte Tatort


Falls dieser Barometer-Blog nicht euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr ihn unter folgendem Link löschen:
Falls ihr aus Versehen geklickt habt:


21. September 2014

Tatort: Mord ist die beste Medizin (Münster)


Den Spagat, welchen ich bei Münster seit Jahren bemängle, hat lustigerweise München letzten Sonntag bravurös gemeistert. Ein Mix aus Krimi und Komödie. Obwohl München eben nicht nur das war. München war eher Groteske denn Komödie und hat auch gleich noch jede Menge Romanze, Drama und Politthriller mit reingepackt. Von allem etwas. Eigentlich von allem etwas zu viel und doch fanden sie einen Weg, all diese Genres irgendwie vielschichtig zu verbinden. So was schafft nur München. Münster hingegen hat diesen Anspruch überhaupt nicht und somit kann man ihnen auch keinen grossen Vorwurf machen. 
Es gibt Leute, die mögen den Tatort aus Münster, und es gibt Leute, die mögen ihn nicht. Und während ich bei andern Tatorten mit harten Fakten belegen kann, dass sie grottenschlecht sind, so würde ich das über Münster nicht mehr sagen.
Sie sind gut, vielleicht sogar sehr gut, aber ich mag sie einfach nicht. Denn sie sind weder Groteske, noch spannender Krimifall. Sie sind einfach Wischi-Waschi-Laber-Humor zur belanglosen Unterhaltung des anspruchslosen Durchschnitt-Glotzers. Aber verwerflich ist das nicht. Immerhin machen sie seit Jahren den erfolgreichsten Tatort. Und so ist dieser neue Fall aus Münster, wieder ein typischer Fall aus Münster. Genau so, wie die Fälle aus Münster nun mal sind.

-   Filmisch immer auf sehr hohem Niveau.
-   Wie immer gute Schauspieler, oft bis in die letzten Nebenrollen.
-   Fokus liegt wie immer auf den Witzen, auf dem Spass und auf der Beziehung von Boerne und Thiel.
-   Geschichte wie immer völlig unbedeutend.
-   Krimi-Spannung wie immer gleich null.
-   Ermittler stehen wie immer irgendwie in einer Beziehung zum Opfer oder zum Fall.
-   Vater wie immer bekifft im Taxi.
-   Staatsanwältin wie immer am Rauchen.
-   Alberich wie immer klein und vorlaut, jetzt aber 40.
-   Am Ende haben sich wie immer alle lieb und alles ist gut.
-   Wie immer der Versuch, einen Krimi mit einer Komödie zu mixen, was aus meiner Sicht einfach nicht funktioniert. Es langweilt mich zu Tode.

Wer Münster mag, wird dieser Folge sicher eine 5 oder gar mehr abgewinnen können, sie machen ja einmal mehr alles richtig. Wer wie ich, diese irrelevante und absurd schlechte Krimigeschichte und den dürftigen Unterhaltungs-Humor nicht so mag, wird eher nicht auf seine Kosten kommen.

Erwartungs-Barometer: 3.5
Die Note danach: 3
Dass dem 0815-Zuschauer diese Schenkelklopfer-Clown-Nummer gefällt, kann ich ja noch irgendwie nachvollziehen, dass jedoch auch die meisten Kritiker ob dieser seichten Grütze jubilieren, ist mir aber mehr als nur schleierhaft.

Mal abgesehen von dem unglaublichen München-Mix vom letzten Sonntag, gehe ich doch entweder Thailändisch  oder Japanisch essen. Ich gehe einen Burger essen oder zum Chinesen. Ich bestelle eine Pizza, kaufe ein Stück Parmesan oder einen Fruchtsalat. Und genau so will ich doch entweder einen spannenden Krimi oder eine lustige Komödie sehen. Dieser ganze Fusion-Scheiss von heute ist nix fürs Barometer. Aber ich muss mich damit abfinden, dass die Zeichen der Zeit was anders sagen.

0: Krimi + Billig-Humor = München
6: Krimi + Groteske + Drama + Romanze + Politthriller = München


Falls dieser Barometer-Blog nicht euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr ihn unter folgendem Link löschen:

14. September 2014

Tatort: Wüstensohn (München)


In Deutschland befand sich die Zuschauerquote des Luzerner Tatorts erwartungsgemäß auf einem Rekordtief, aber trotzdem überwiegt beim Barometer die Freude. Die Schweiz ist letzten Sonntag mehr als nur im Tatortolymp angekommen. Natürlich gäbe es wie immer Dinge, die man bemängeln könnte, aber ich kenne mindestens drei Teams in Deutschland, welche, seit ich Tatort schaue, noch keine Folge auf nur annähernd diesem Niveau geliefert haben. Luzern darf wirklich stolz sein, der Zuschauer darf zufrieden sein, die ARD jedoch sollte sich was schämen. Pfui. Das war wirklich das Allerallerletzte, was ihr je geboten habt!
Das gewaltige Gewitter hat sich nun also verzogen, der Wirbelsturm zum Start der neuen Saison ist abgeflaut, und wir können uns jetzt wieder in Ruhe auf den Tatortinhalt konzentrieren. Und als wäre meine Laune nicht schon aufbruch-euphorisch genug, dürfen wir uns auch noch auf München freuen. Eines meiner Lieblingskinder.

„Der Sohn des Emirs von Kumar brettert mit 180 Sachen und mit einer Leiche im Auto durch die Stadt. Aufgrund seines Diplomatenstatus jedoch völlig unbehelligt.“

Klingt nicht gerade nach authentischer Story und es wird doch ziemlich schwierig werden, so ein Prinz aus Zamunda-Schrott glaubwürdig darzustellen. Bei uns normalen Menschen wirken Geschichten aus dem steinreichen Milieu doch immer irgendwie unglaubwürdig, völlig aufgesetzt und übertrieben, weil schlicht nicht vorstellbar. Aber das heisst noch lange nicht, dass es vielleicht nicht wirklich genau so ist. Oder noch viel gestörter.
Gerade als Schweizer sollte man das doch bestens kennen. Im Wallis schafft man es in guten Positionen allerschlimmste Verbrechen einfach zu vertuschen und auf einen Hund abzuschieben, der Stadt Bern entgehen jedes Jahr tausende an Diplomaten-Fuzzi-Bußgeldern, und gerade aktuell ist doch die Story von rasenden Arabern in Interlaken, bei welchen laut Tourismus Direktor bewusst zwei Augen zugedrückt werden sollen, weil man sie bzw. natürlich ihr gutes Geld unter keinen Umständen verlieren möchte. Tja, so läuft das hier, in der feinen Schweiz. Und warum sollte das in München anders sein? Zudem habe ich in München mal eine ziemlich absurde Geschichte erlebt. Nicht exakt zu diesem Thema, aber lest doch selbst:

Eines Abends, spät nach einem Training, hab ich an einer verlassenen Busstation am Leonrodplatz einen Rucksack gefunden. Keine Menschenseele weit und breit, selbst der WienerWald auf der andern Seite war längst geschlossen. Die Strassen waren leer und die Weite schien stockdunkel. Nur die blass wirkenden Strassenlampen gaben etwas Licht, auf der ganzen Kreuzung blinkten die orangen Ampeln in einem leicht angespannten Takt und der schmale Lichtkegel der Busstation zielte exakt auf diesen Rucksack. Wirklich ein gespenstischer Moment, aber ganz ehrlich, genau so geschehen. Ich also ziemlich nervös, mache den Rucksack auf und finde eine Adresskarte einer Klinik, einen Monatsvertrag eines äusserst renommierten Fitnesscenters, welcher jedoch schon ein paar Wochen abgelaufen war, ein Zettel mit arabischen Notizen und 950 Euro in grossen Scheinen (9x 100Euro und 1x 50Euro). Ich also noch etwas nervöser. 950 Euro waren zu dieser Zeit und bei dem damaligen Kurs von 1.68, doch eine Menge Geld für mich. Sehr suspekt, dieses unreale Szenario. Fühlte mich doch irgendwie beobachtet. Ich also noch vor Ort bei dieser Klinik angerufen und versucht die Sachlage zu klären. Nicht ganz einfach, zu dieser Uhrzeit. Am andern Ende der Leitung bat mich ein äusserst gestresst wirkender Mann, doch bitte am nächsten Tag nochmals anzurufen, sie hätten grad einen Notfall. Einen Notfall? Was zum Teufel meint der mit einem Notfall? Bin am Ende ich der Notfall? Ich also Rucksack zu, ab in den nächsten Bus, der um die Ecke kam und weg von diesem unsicheren Tatort. Je länger die Fahrt dauerte, umso mulmiger wurde mir. Die wenigen Leute, die verteilt im Bus sassen, sahen alle irgendwie aus wie potentielle Ex-Besitzer dieses ominösen Gepäckstücks. Ich also plötzlich wirklich Panik, zwei Stationen zu früh aus dem Gefährt gesprungen, geschaut, dass mich keiner verfolgt und mit (zu einem späteren Zeitpunkt kaum nachvollziehbaren) Zickzack-Linien nach Hause gerannt. Falls mir jemand tatsächlich gefolgt wäre, ich hätte ihn mit grosser Sicherheit abgehängt. Zuhause angekommen meine Stimmung auf völlig paranoide, da die Klinik ja meine Handynummer gesehen haben könnte. Die würden mich nun jagen, und sicher niemals glauben, dass ich das Geld wirklich hätte zurückgeben wollen. Wollte ich aber. Oder wollte ich nicht, oder wollte ich doch? Oder nicht, aber wusste, dass ich es sollte? Eine zu heisse und zu unruhige Nacht. Ich also, ehrlich oder paranoide wie ich bin, am nächsten Morgen wieder ans Telefon. Dieses Mal in einer Telefonkabine, an der Münchener Freiheit. Eine, welche sich nicht im Sichtbereich der MVV Überwachungskameras befunden hat. Zumindest gemäss meinen präzisen, jedoch sehr unauffälligen Nachforschungen. Und wieder meldete sich dieser Mann vom Vorabend. Dieses Mal klang er äusserst ruhig und mit einer angenehmen Stimme. Sehr geschliffenes und überartikuliertes Deutsch, jedoch mit leicht arabischem Akzent. Ich also mit Puls auf 180, erzählte ihm nochmals die Geschichte. Dass ich eine Menge Geld gefunden hätte und auf dem Fitnessabo-Vertrag wohl der Name des Besitzers stehen würde. Er erklärte mir freundlich, dass sie eine Privatklinik seien, in welcher sich Saudi-Araber behandelten lassen würden, die jedoch jeweils nur für kurze Zeit in München weilen. Er dürfe mir natürlich keine genauere Auskunft über diesen Herrn geben, aber er könne mir sagen, dass er schon eine Weile nicht mehr in München sei. Er sei mittlerweile gesund wieder zu Hause. Gesund wieder zu Hause? Oder halbtot in einem scheiss Kellerverliess? So wie ich auch bald? Ob er wissen dürfe, was ich unter „einer Menge Geld“ verstehe, fragte er ganz nüchtern. Ich also aufgeregt: „950 Euro!“ Er weiterhin sehr ruhig und mit tiefer Stimme: „Neunhunderfünfzig Euro?“ Dann Stille. Dann leises Lachen. Dann wieder Stille. Dann nochmals ein leichtes Prusten, welches er mit aller Macht versuchte zu unterdrücken: „Neunhundertfünfzig Euro also“. Nun gut, ich solle doch das Geld mal vorbei bringen, wenn ich in der Gegend sei und er schaue, dass der Herr, das wieder erhalten würde. Vorbeibringen? Irgendwann? 950 Euro - irgendwann, wenn ich in der Gegend sei? Was? Er schaut, dass der halbtote Araber das Geld im Verliess kriegen wird? Und mein Finderlohn ist eine Stunde Waterboarding oder was? Er bedankte sich äusserst freundlich und legte auf. Ich brauchte einen Moment um mich zu sammeln, um zu realisieren. Wurde ich gerade eben ausgelacht, weil ich 950 Euro zurückgeben wollte? Echt jetzt? Ich habe da wirklich angerufen, weil ich dieses Geld zurückgeben wollte. Ob nun aus Ehrlichkeit oder aus purer Angst um mein Leben, kann ich nicht so genau sagen. Wohl ein Mix aus beidem. Tja, selbstverständlich habe ich nach diesem Anruf sämtliche Scheine behalten. Was weiss ich, bei wem dieser lächerliche Betrag am Ende gelandet wäre. Für die einen sind knapp 1000 Euro also ein Handgeld für einen kurzen Abstecher auf dem Viktualienmarkt, für mich war das damals fast ein ganzer Monatslohn.
Ich also alles aus dem Rucksack und das Teil noch an der Münchener Freiheit in einen Mülleimer, welcher laut meinen Nachforschungen natürlich auch nicht im Blickwinkel der Kameras lag und danach ab nach Hause, im Zickzack selbstsprechend. Am nächsten Tag habe ich mir einen Festplattenrekorder gekauft. 2004 war diese Technik ganz neu, der letzte Schrei. So konnte ich die Tatorte direkt auf eine Harddisk aufnehmen und musste nicht mehr mit VHS-Kassetten hantieren. Und mit dem Rest der Beute konnte ich meinen, eben angereisten, Besuch (Stalder!) auf ein sehr gutes Essen einladen und mit ihm das ganze Wochenende durchfeiern. Hier mal noch ein herzliches Dankeschön, an den saudischen Prinzen, oder was auch immer er war. Danke! War geil, wenn auch etwas zu aufregend für meinen labilen Verstand.

Zugegeben, mit einem Diplomatenstatus-Mörder im Lamborghini hat das herzlich wenig zu tun, aber seither weiss ich, dass nichts unmöglich ist, wenn es um München, Geld und reiche Araber geht. Oder wurde einer von euch schon mal ausgelacht, weil er 1600 Franken zurückgeben wollte? Also.

Erwartungs-Barometer: 5
Die Note danach: 5

Etwas gar dick aufgetragen, aber wie erwähnt: Nichts ist unmöglich im arabischen München. Und irgendwie bin ich ganz froh, dass ich das Geld nicht zurückgebracht habe, als ich mal in der Gegend war.

Die Prinzen Posse wird sicher schwer überzeichnet wirken, und ich befürchte, dass der Tatort eher in Richtung lustig, anstatt in Richtung Ernsthaftigkeit inszeniert wurde, aber es ist halt doch München. Und so erwartet uns zwar kein Meisterwerk, aber die hohe Qualität seit dem Ende der Sommerpause, wird nicht nur gehalten, München legt noch eine kleine Schippe drauf. Ihr werdet also hoffentlich tatort-zufrieden und ich ganz ohne Panik (10 Jahre nach dem Fund) ins Bettchen liegen können. Obwohl, den Zettel mit den arabischen Notizen habe ich noch immer. Und ich weiss bis heute nicht, was eigentlich darauf steht...

0 = Geld finden, zurückgeben wollen und dafür ausgelacht werden.
6 = Geld finden und es am Wochenende ohne schlechtes Gewissen (mit Stalder!) verballern können.

Falls dieser Barometer-Blog nicht euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr ihn unter folgendem Link löschen:
Delete Blog