26. Oktober 2014

Tatort: Blackout (Ludwigshafen)


Seit knapp zwei Wochen hält mein Liebesflash nun schon an, noch immer schwebe ich auf Wolke 7, noch immer drehen die Schmetterlinge Runden in meinem Bauch. Was für ein Film, was für ein Meisterwerk. Alles riskiert, wirklich alles, und noch mehr gewonnen! Fuck me, wie ich das liebe.
Aber wie im richtigen Leben, wie in der richtigen Liebe, muss man sich auch in der Barometer-Welt irgendwann wieder mit andern Dingen beschäftigen. Auf Dauer kann man nicht nur von Luft und Liebe leben. So musste auch in diesem unglaublichen Hoch zwangsläufig der Moment kommen, in welchem ich mich wieder mit der Realität befassen muss. Und die Realität heisst nicht Perfektes aus Wiesbaden, sondern Scheisse aus Ludwigshafen.
Zudem, und das ist fast noch wichtiger, muss ich mich auch damit auseinandersetzen, wie es denn nun mit dem Barometer weitergehen soll.
Eigentlich war es eine klare Sache. Finde ich den perfekten Tatort, braucht es das Barometer nicht mehr. Das war auch mein erster Gedanke vor zwei Wochen. Und da ich eher ein ambivalenter Mensch bin, versuche ich ansonsten so konsequent wie möglich durchs Leben zu gehen. Aber mittlerweile wurde ich von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam gemacht, dass diese Entscheidung auf äusserst unfairen Tatsachen basieren würde. Ich selber sei es ja gewesen, der geschrieben habe, dass „Im Schmerz geboren“ zwar ganz klar eine 6 gewesen sei, aber eigentlich kein Tatort war. Wie soll er also ein perfekter Tatort gewesen sein, wenn er gar kein Tatort war, wurde ich gefragt. Und wie sollen sich andere Tatorte an einem Tatort messen, welcher zwar sensationell, aber eigentlich kein Tatort war? Auf einen sehr guten Vergleich hat mich einer meiner treusten Leser gebracht.
Wenn er bei einem Marronihüsli 300g Marroni bestellt und dann ein rosazartes Rindsfilet kriegt, dann würde er sich selbstverständlich nicht beklagen, würde sich extrem freuen, würde diesem Filet sicher auch eine 6 geben, aber er würde doch danach niemals sagen, dass das nun die besten Marroni waren, die er je gegessen hat. Er würde auch niemals andere Marroni mit dem Rindsfilet vergleichen. Natürlich war das Filet besser, aber es war ein Stück Fleisch, also sicher keine perfekten Marroni. Und so sei es auch äusserst unfair diesen Film mit andern Tatorten zu vergleichen. Auch wenn er besser war als alles bisherige, so sei es schlicht kein Krimi, kein Tatort gewesen. Sondern ein Märchen, ein Theater, ein völlig unrealistisches, aber eben doch grandioses Stück an Filmkunst. Weit weg von jeglichen Tatortkonventionen. Klar, darüber lässt sich streiten. Aber ein anderer meinte, dass er bei Terminator auch nicht sagen würde, es wäre der beste Liebesfilm gewesen, den er je gesehen hätte. An ein gewisses Genre muss man sich schon halten. Also man muss nicht, aber dann kann man als Actionfilm eben auch nicht in Anspruch nehmen, der beste Liebesfilm zu sein.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich könnte nun genau so gut aufhören, wie auch weitermachen. Beides wäre einfachst begründbar. Aber egal was ich mache, beide Entscheidungen werden nun mal einen faden Beigeschmack haben.
Fakt ist, ich habe das Barometer irgendwie gerne bekommen. Es ist nicht nur ein Hobby, es ist eine Art Teil von mir geworden. Und ganz egal ob ich nun aufhöre meine Einträge auf diesem Blog zu veröffentlichen oder nicht, schreiben werde ich sie sowieso. Auch weiterhin.
Und ein ganz anderer Fakt ist, ich müsste mich diese Woche noch gar nicht entscheiden. Ludwigshafen steht an, und der interessiert mich einen Dreck. Leiche mit KO-Tropfen im Blut und Champagnerflasche im Arsch (wow, wie unglaublich provozierend). Odenthal ermittelt ganz alleine und wirkt komplett ausgebrannt. Gut, das sind wir Zuschauer auch, nach einem Vierteljahrhundert mit dieser Tante. Ja genau. Es ist ein Jubiläumsfall, und angeblich soll der gar nicht so schlecht sein. Ich jedoch hege meine Zweifel, dass nach 25 Jahren Bullshit nun ausgerechnet dieser Fall der erste gute sein soll. Aber mittlerweile ist ja nun wirklich alles möglich am Sonntagabend um 20.15 Uhr im Ersten! Und da es in der ganzen Folge nur um Frau Odenthal gehen soll, bleibt uns zumindest der strunzdämliche Kooper erspart.

Erwartungs-Barometer: So lange noch nichts definitiv entschieden ist, werde ich sicher keine Prognosen abgeben. Aber „Blackout“ sagt eigentlich schon alles.
Die Note danach: 2.5
Also nach einer solch beschissenen Folge und nach der Nachricht, dass Til Schweiger und Helene Fischer gemeinsam einen Tatort drehen werden, ist die Sache absolut klar:
Es braucht das Barometer mehr denn je!
Und das sieht anscheinend auch die ARD so. Oder warum würde sie mir sonst die nächsten zwei Sonntage eine Pause gönnen, damit ich danach wieder in alter frische und ohne schlechtes Gewissen einsteigen kann?
Vielen Dank, liebes Erstes. Wir lesen und sehen uns!

Heute also eine Art Nullrunde aus Ludwigshafen. Nächsten Sonntag dann, wird es mit dem durchschnittlichen Tatort und wahrscheinlich auch mit dem durchschnittlichen Barometer wieder weitergehen. Es fühlt sich zwar tatsächlich irgendwie falsch an, aber das Aufhören wäre irgendwie auch nicht fair. Und falls jemand wirklich findet, dass ich gegen sämtliche Konventionen verstosse, und meine Inkonsequenz nicht nachvollziehen kann, hat sie/er ja jederzeit die Möglichkeit das Barometer unter „Delete Blog“ zu löschen.

0 = Inkonsequente Menschen
6 = Konsequente Menschen

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12. Oktober 2014

Tatort: Im Schmerz geboren (Wiesbaden)


Hinsetzen. Innehalten. Kopf frei machen. Jetzt heisst es ganz, ganz tief durchatmen, liebe Barometerleser/innen. Ffffffffffff.
Nochmals atmen. Ffffffff. Und nochmals. Ffffffff. Lasst die Gedanken ziehen, versucht loszulassen, versucht eure Mitte zu finden. Und immer weiter atmen. Ffffffff. Fffffff. Ffffffff. Erst wenn ihr ganz nahe bei euch seid, erst wenn ihr euch wirklich gehen lassen könnt, erst wenn alles andere vergessen scheint, seid ihr bereit für diesen Tatort! Atmet tief. Fühlt euch frei. Ganz leicht. Schwebt. Geniesst!

Mein Herz pocht wie wild. Es pocht durch meinen ganzen Körper, ich fühle es bis runter in meine Knie, welche sich der Konsistenz von grüner Grütze nähern. Die sonst solch zierlichen Schmetterlinge reissen mir mit einer immensen Wucht ganze Löcher in meinen Bauch. Die Magenschmerzen, die ich immer habe, wenn ich so nervös bin, sind kaum auszuhalten. So kann ich doch kein Barometer schreiben. Mein Verstand spielt verrückt, wie damals bei den ersten schüchternen Treffen. Wie damals, als mich diese so verliebte Unsicherheit bzw. diese so unsichere Verliebtheit zu zerreissen drohte. Heute entscheidet sich alles. Ich werde sie heute endlich darauf ansprechen und dann ist die Katze aus dem Sack. Sie liebt mich genau so unsterblich wie ich sie. Sie wird mir um den Hals fallen und mich mit nach Rosenblüten duftenden Küssen überschütten, oder sie wird mich mit einem in tausend Stücke zerbrochenen Herzen zurück lassen und mir sagen, dass das mit uns leider nichts werden wird. Dass sie mich lieber als Kollegen möchte, oder unsere gute Freundschaft nicht aufs Spiel setzen möchte, oder irgend sonst so ne scheiss billige Ausrede, die mein Leben zerstören wird. Aber sie muss mich doch einfach lieben. So was spüre ich doch. Das ist doch gegenseitig. Das ist doch pure Magie. Oder ist sie einfach nur nett? Mag sie nur meine Anwesenheit? Nein, das muss die grosse Liebe sein. Heute ist der Tag. Irgendwie liegt heute etwas in der Luft. Irgendwie ist heute alles anders. Heute beginnt eine neue Tatort-Zeitrechnung.
Zum ersten Mal seit ich das Barometer schreibe, wage ich eine perfekte Folge zu prognostizieren. Sehr zurückhaltend zwar, aber heute könnte wirklich was werden. Aber eben, genauso gut, kann die ARD mein Herz einmal mehr aus meiner Seele reissen und es ohne mit der Wimper zu zucken in die kackbraunen Fluten des Rheins werfen. Und wer Wiesbaden kennt, der weiss, was Herzen im kackbraunen Rhein bedeuten, der weiss, dass dieser Tatort auch einfach eine Eins werden kann. Aber heute ist alles möglich. Heute werde ich es ihr sagen. Heute werde ich endlich den Mut aufbringen, sie zu fragen, ob sie mit mir gehen will. Heute wird der beste Tag meines Lebens.

Ihr wisst wie sehr ich es mag, wenn der Tatort auch mal richtig was riskiert. Und genau das hat Wiesbaden mit dem Tumor im Kopf von Felix Murot nun schon drei Mal gemacht. Sie haben abgedrehte Dinge gedreht, absurde Geschichten erfunden, sie versuchten das ganze Tatort-Genre auf den Kopf zu stellen. Ganz neue Wege sind sie gegangen. Meinen allergrössten Respekt dafür. Sie haben riskiert, sehr viel riskiert, aber aus meiner Sicht leider drei Mal alles verloren. Dachte ich zumindest bis jetzt. Ich wusste ja nicht, dass diese drei Folgen vielleicht alle nur als Vorgeplänkel, für das Jahrhundertwerk gedacht waren. Als ob die drei Folgen eine Art Lernprozess gewesen seien. Drei komplizierteste Beziehungen, die überhaupt nicht funktionierten, drei Mädels, die mich irgendwann sitzen gelassen, und die eben, dieses eine Herz quasi dreimal zerrissen haben. Alles war nur ein Pfad des Schmerzes um heute die ganz grosse Liebe zu erfahren. All dieses Leid, all der Liebeskummer, macht ab heute Sinn. Diese drei Folgen haben uns gequält, sie haben uns mit gigantischem Stuss und überhaupt nicht funktionierenden Geschichten malträtiert, nur damit wir heute den perfekten Tatort auf einer Ebene erleben können, wie es sie sonst nicht gegeben hätte. Heute liegt etwas in der Luft, heute macht plötzlich alles Sinn.
Es gibt absolut nichts, was nicht dafür, oder dagegen sprechen sollte. Wss?!? Ja, genau.
Ein Western soll es sein. Ein Tatort-Western! Kopiert die ganz grossen Regisseure. Anlehnung an Sergio Leone, an Quentin Tarantino. Filmzitate an jeder Ecke. Vollstes Risiko. Für einen Tatort bestimmt das dünnste je begehbare Eis. Wenn das nicht zum Scheitern verurteilt ist. Ich wusste doch, dass sie auf einen andern Typen steht. Ich wusste es. Bitte nicht wieder dieses unendliche Liebesleiden. Sie bringt mich um. Oder doch nicht? Im Leben kann auch einfach mal etwas klappen. Ganz simpel. Aus dem Nichts. Plötzlich ist einfach mal etwas perfekt. Punkt. Das gibt es. Ein Western in Wiesbaden. 47 Tote, Tatort Rekord. (Til, die Muschi ist mit seinen 19 ein schlechter Witz dagegen.) Wiesbaden wird aus dem Nichts zur ganz grossen Liebe. Ulrich Tukur spielt sein Meisterstück. Und noch besser Theatergott Ulrich Matthes den diabolischen Bösewicht! Ohne Witz, ich weiss von Frauen, welche sich bei -10 Grad und eisigem Ostwind morgens um 5 Uhr in die VVK-Reihe des Deutschen Theaters in Berlin gestellt haben, nur um in sämtlichen seiner Vorstellungen in der ersten Reihe sitzen, und sich von ihm bespucken lassen zu können. So nahe wollten sie ihm sein. Da kommt also eine geballteste Ladung an Tatort auf uns zu. Ein Tornado im Hessischen Wilden Westen. Ein Experiment auf allerhöchstem Niveau. Das wird kein Film, das wird ein Kunstwerk! Heute gewinnen wir gemeinsam die ganze Welt, oder wir scheitern dermassen kläglich, dass es äusserst schwierig werden wird, irgendwann im Leben nochmals so zu lieben.

Erwartungs-Barometer: 6 oder eben 1
Die Note danach: ...
Was für ein grandioses Theaterstück, was für ein traumhaftes Märchen, was für ein Kunstwerk! Jedoch alles andere als ein Tatort. Aber was soll ich sagen, man kann sich die Liebe nicht aussuchen. Sie sucht einen aus. Ich wusste heute liegt was in der Luft. SIE HAT JA GESAGT! ... 6

Ich bin weder Fan von Western, noch vom Tatort aus Wiesbaden. Aber man kann sich die Liebe nicht aussuchen. Sie sucht einen aus.
Der Hessische Rundfunk beschenkt uns mit dem Jahrhundert-Experiment. Kommissar Murot ermittelt in einem deutschen Western. Vollstes Risiko. Alles oder nichts!
Sie liebt mich. Sie liebt mich nicht.
Sie liebt mich. Sie liebt mich nicht.
Sie liebt mich. Sie liebt mich nicht.
Sie liebt mich...

0 = Vielleicht der heutige Tatort
6 = Vielleicht der heutige Tatort


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5. Oktober 2014

Tatort: Winternebel (Konstanz)


Seltsam, im Nebel zu wandern!

Einsam ist jeder Busch und Stein,

Kein Baum sieht den andern,

Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,

Als noch mein Leben licht war;

Nun, da der Nebel fällt,

Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,

Der nicht das Dunkel kennt,

Das unenntrinnbar und leise

Von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!

Leben ist Einsamsein.

Kein Mensch kennt den andern,

Jeder ist allein.
Hermann Hesse


Schon Hermann Hesse beschrieb vor langer Zeit in seinem Gedicht „Im Nebel“ ziemlich gut, wie es sich anfühlen wird, diesen „Winternebel“ aus Konstanz zu schauen.
Wann kapiert die Redaktion des SWR endlich, dass es neben einem See und etwas Nebel auch noch eine Geschichte braucht für einen Tatort? Aber so wird das nie was. Warum winken die Verantwortlichen solch desaströse Drehbücher durch? Die ganze Region liegt wohl vor lauter kleinbürgerlicher Langweile in einem komatösen Tiefschlaf, und niemand interessiert sich einen Dreck, wie sich der Zuschauer bei solchem Dauermüll fühlen muss. Klara Blum, die geile Sau, schwimmt mal wieder durch einen kotzlangweiligen Fall. Sie schwimmt durch die biederste Stadt der Welt und einmal mehr durch den nebelverhangenen Bodensee. Zu ihrer Rechten, der leicht zurückgebliebene Teddybär und zu ihrer Linken seit neuem ja ein Schweizer CIA-NSA-CSI-Geheimdienst-1to10Command-Kommissar. Der Supermann Lüthi wäre zwar die 2457mal spannendere Figur, als der Flücki aus Luzern, aber selbst er wird den erlahmten und total verrosteten Konstanz Dampfer nicht mehr in Gang bringen können. Es ist vorbei. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Kiste endlich im Bodensee versäuft. Es wäre die Erlösung für alle. Obwohl es dieses Mal ganz krasse um zwei Tote geht, welche beide zu einem Entführungsfall führen. Natürlich werden beide Leichen im Nebel am See gefunden. Einer ersoffen, der andere vom Schweizi in Notwehr erschossen.
Überall Nebel. Nebel am aalglatten See, Nebel im Drehbuch und vor allem sehr, sehr viel Nebel in der Birne. Tja, Hermann Hesse hat uns ja gewarnt. Obwohl ich ihm irgendwie doch nicht ganz recht geben kann. Für einmal wäre nicht weniger, sondern noch viel mehr Nebel die bessere Lösung gewesen. Ich garantiere euch, 90 Minuten stockdichte Nebelsuppe direkt vor der Linse wären spannender, als diese endöde Konstanz-Grütze. Wäääähhhhhh.

Erwartungs-Barometer: 2.5
Die Note danach: 3
Etwas besser als gedacht, dank den Schweizer Kommissaren.

Ich bin ja immer versucht, das Niveau des Barometers irgendwie dem Niveau des aktuellen Tatorts anzupassen, auch heute. Aber so sehr ich mich auch bemüht habe, so tief kann ich gar nicht sinken.

0 = Eine deutsche Stadt welche randvoll mit gestörten Schweizern ist, welche sich lautstark darüber ärgern, dass sie samstags keine Parkplätze mehr finden können, wegen all den andern Idioten, welche auch aus der Schweiz kommen um für 20 Euro einzukaufen und sich danach auch noch in die Schlange stehen um die MwSt. zurückzufordern. Peng, peng, peng.
6 = Alle andern Städte dieser Welt.


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