Das vielleicht heissdiskutierteste Thema im Barometer
überhaupt, dieser schlimmstmögliche Termin, dieser erste Sonntag nach der
Sommerpause. Wenn du als Sender für deinen Tatort diesen Termin kriegst, kannst
du davon ausgehen, dass die ARD dir am liebsten ins nächste Drehbuch kacken
würde. Und ein kurzer Blick auf die Saison-Eröffnung der letzten Jahre sagt
einiges aus:
- 2010 Ludwigshafen
- 2011 Luzern
- 2012 Luzern
- 2013 Luzern
- 2014 Wien (Luzern jedoch eine Woche später, während die
Deutsche Fussball-Nationalmannschaft als frischgebackener Weltmeister ihr
erstes EM-Quali-Spiel absolvierte.)
- 2015 Luzern
Und nun, 2016 wie aus heiterem Himmel, so scheint es,
trifft es Köln. Und zwar mit voller Wucht. Eine solche Schmach hätte sich auf
dem hohen WDR-Ross wohl kaum einer jemals vorstellen können. Ausgerechnet ihr langjähriges
Steckenpferd kriegt vom Muttersender eine solch üble Watsche ins Gesicht
gepfeffert. Auch wenn das niemals jemand zugeben würde, aber der Schock am Rhein
sitzt dramatisch tief. Für das Barometer hingegen kommt diese Entwicklung nicht
wirklich überraschend. Natürlich gibt es weit schlechtere Tatort-Teams, aber
gemessen am Potential, gemessen an den Möglichkeiten, welche in Köln vorhanden
sind, liefern die seit Jahren nur noch ganz dürftige Kost. Köln produziert nach
wie vor am meisten Tatorte, aber sie sind so beliebig, dass die ARD schlicht
und einfach einen Warnschuss in Richtung Dom abfeuern musste. Aus
Barometersicht absolut in Ordnung. Wir wollen wieder das Niveau von früher, wir
wollen wieder diese Leidenschaft von damals und nicht nur Dienst nach
Vorschrift.
Der Tatort aus Köln ist ja irgendwie eine Art
Zweckfreundschaft aus der Vergangenheit. Wer kennt sie nicht, diese
Freundschaften, die sich aus irgendeiner Situation ergeben haben? Sei es
während eines Projekts, im Sport, im Militär oder wo auch immer. Du erlebst
etwas Spezielles mit einem bestimmten Menschen, teilst etwas mit dieser Person
und irgendwie werdet ihr in diesem Moment zu echt guten Freunden. Aber wenn
du später zurück im richtigen Leben bist, merkst du rasch, dass das
Übergeordnete eigentlich das Einzige war, was euch wirklich zusammen gehalten
hat. Natürlich, du wirst diese Person immer irgendwie mögen, aber für eine
tiefe Freundschaft wird es nicht reichen. 
Und so trifft man sich hie und da mal auf der Strasse,
weiss nach einem kurzen „Hallo, und wie geht es dir?“ kaum mehr was zu reden
und verabschiedet sich alsbald schon wieder mit einem etwas mulmigen Gefühl.
Man stand sich doch so nahe.
Und so gab es diese ganz spezielle Zeit. Die Zeit als ich
angefangen habe den Tatort zu schauen, als ich angefangen habe mich mit dem
Tatort auseinanderzusetzen. Damals war Köln eine feste Grösse. Köln hat mich immer
wieder mit raffinierten Drehbüchern, mit simplen Geschichten aus dem Leben
überzeugt. Und weil sich damals meine Freunde eher mit Scary Movie und American
Beauty denn mit Tatort beschäftigt haben, sass ich oft am Sonntag alleine vor
dem Fernseher und war entzückt ob den Kölner Qualitätsfolgen. Sie hatten etwas
ganz Spezielles. Und so wurden wir irgendwie Freunde. Eine Zweckfreundschaft,
aber eine richtig gute. Fast als würden zum Ende des Tatorts nicht die
Kommissare an der Wurstbude am Rhein stehen, sondern der Kölner Tatort und ich.
Tja, irgendwann war die Zeit vorbei. Das Tatortschauen wurde zum Alltag und die
Folgen aus Köln immer schlechter. Wenn ich ihm heute auf der Strasse begegne,
weiss ich kaum noch was ich sagen soll. „Hallo Tatort, wie läuft das Leben?
Gut. Und sonst. Alles gut.“ Und ihm geht es bestimmt genau so. Natürlich werden
wir die guten Zeiten nie vergessen, aber irgendwie sind wir jeweils beide froh,
wenn das Gespräch schnell vorbei ist, wenn 21.45 Uhr ist und wir wieder weiterziehen
können. Damals war Köln richtig gut, damals hatten wir uns richtig viel zu
sagen, wir haben uns blind verstanden, heute jedoch funktioniert es nicht mehr.
Weder diese Tatort-Reihe, noch unsere Freundschaft. 
Okay, es gibt sie, die ganz seltenen Ausnahmen.
Vielleicht trifft man genau einer dieser Freunde per Zufall an einem Geburtstagsfest,
an einer Hochzeit oder sonst irgendwo beim Feiern. Und irgendwie will es, Jahre
später, der Moment, dass die gute alte Zeit noch einmal aufgelebt wird. Nur für
einen Abend. Vielleicht ein richtig guter Absturz, eine richtig gute Party.
Noch einmal drückt diese Hingabe von damals durch. Noch einmal fühlt man wieder
genau diese Passion, die einen damals verbunden hat. Noch einmal kann man zusammen
lachen, diskutieren, geniessen, loslassen. Genau wie damals. Für einen kurzen
Moment ist man sich wieder ganz nah.
An genau diesem Abend, sendete Köln „Franziska“. Ich sass
wieder ganz alleine vor dem Fernseher, gefühlte 15 Jahre jünger und es
roch wie damals, als ich den Tatort aus Köln geliebt habe, als wir richtig gute
Freunde waren. Aber so was passiert vielleicht einmal, danach jedoch trifft man
sich wieder zufälligerweise auf der Strasse und weiss kaum fünf vernünftige
Sätze zu wechseln. So ist der Tatort aus Köln. Und genau so wird auch diese
Folge. Ein Mädchen beobachtet den Mord an Mutter und Bruder. Viel Klaviermusik,
einfühlsame Kommissare und eine Kinderzeichnung mit dem Mord. Ich glaube alleine
aus Köln kamen schon 34 gleich klingende Drehbücher. Aus dem gesamtdeutschen
Raum sicher 150. 
Erwartungs-Barometer:
4.25
Spätesten wenn die
ARD dir diesen hundsmiserablen Luzern-Sendeplatz verpasst, müsstest du wirklich
massiv über die (Dreh)Bücher gehen. Mal sehen, ob sich vielleicht dadurch endlich mal
wieder was tut in Köln. Es wäre zu hoffen. Ganz abgeschrieben habe ich ihn nicht. Zu nahe standen wir uns damals an der Wurstbude. 
1 = Im
Finale verlieren.
6 = Im
Bronzespiel gewinnen.
Die Note danach: 3.5
Köln und ich, wie konnte das jemals Freundschaft sein?
Köln und ich, wie konnte das jemals Freundschaft sein?
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