Nein, nein, nein. Bitte nicht. Nein, bitte tut mir das
nicht an, liebe Luzerner. Was hat sich das Barometer in den letzten Jahren für euren
Tatort stark gemacht. Es hat sich aufgelehnt gegen die vernichtenden Kritiken
aus Deutschland, hat sich eingesetzt gegen das Bashing der germanischen Medien,
es ist hingestanden und hat sich in einem patriotischen Akt öffentlich zu
einer kontinuierlichen Qualitätssteigerung des Schweizer Tatorts bekennt.
Und nun? Nun sieht es tatsächlich so aus, als ob der
Flückiger mir persönlich ein Messer in den Rücken rammen wird. Also zumindest
ein Messerchen. Oder vielleicht auch nur die Nagelfeile eines Schweizer
Sackmessers. Aber immerhin, das schmerzt sicher auch ein bisschen.
Es wäre so schade. Die Luzerner waren auf einem solch
guten Weg. Gerade die Themenwahl hat mir persönlich von Anfang an gefallen.
Während in Deutschland ein Armbrustmord im Walde oder ein Bergbauer, der mit
der Heugabel auf Immobilien-Investoren los geht, als billiges Schweizer
Klischee verteufelt wurde, war ich mir immer sicher, dass das schlicht geniale
Selbstironie ist. Und gerade das muss die Stärke eines Schweizer Tatorts sein.
Es müssen Themen sein, welche das hiesige Leben zeigen. Es müssen Themen sein,
die typisch sind für die Region, die auch die Deutschen interessieren, weil sie
diese Themen mit uns in Verbindung bringen und selber vielleicht kaum kennen.
Zu uns gehören nun einmal Investoren in Bergregionen genau so dazu wie CDs von
Steuerbetrügern. Zu uns passt ein Innerschweizer Internat mit reichen Bubis genau
so gut, wie ein Ostschweizer Kommissar, der wegen einem mickrigen Mördchen die
ganze Luzerner Fasnacht absagen will.
Und genau auf diesem Niveau der guten Ideen würde sich
auch der heutige Tatort bewegen. Einer Sterbehelferin widerfährt gleich selber
Sterbehilfe, aber unfreiwillig. Der Exit trifft den Exit, oder so. Nicht nur
hier ein kontroverses Thema, sondern auch bei unseren Nachbarn, da dort die
Sterbehilfe verboten ist. Also wieder ein typisch schweizerisches Thema, eines
das bewegt. Für den Tatort eine brillante Idee. Aber leider, leider reicht eine
gute Idee noch lange nicht für einen guten Tatort. Viel wichtiger ist es, dass
du ein Genie findest, welches diese brillante Idee in ein brillantes bzw. in
ein zumindest gutes Drehbuch verpacken kann. Aber dieser unendlich hohen Kunst
scheint hierzulande kaum jemand gewachsen zu sein. Gerade in einer Zeit, in der
ich dachte, dass auch im Drehbuchbereich einiges gegangen ist, in einer Zeit,
in der die Tatorte aus Luzern teilweise wirklich richtig gut wurden, scheint
nun der Rückschlag in die Steinzeit zu folgen. Ich brauch nur 2-3 Zeilen
darüber zu lesen, schon spüre ich die Behäbigkeit, die Trägheit, und all die
Klischees dieses Tatorts heraus. Und ich bin mir absolut sicher: Die Dialoge
werden einmal mehr das Hauptproblem sein. Als Schweizer kannst du zwischen Pest
und Cholera wählen. Entweder schaust du die Version auf Schweizerdeutsch und du
wirst bei jedem zweiten Satz zusammenzucken, da man das so doch niemals sagen
würde (keine Ahnung warum kein Mensch glaubwürdige Schweizerdeutsch-Dialoge
schreiben kann). Oder du entscheidest dich für die hochdeutsche Version auf
ARD. Da sind zwar die Dialoge etwas besser, weil die richtige Drehbuchfassung
sicher erst in feinem Deutsch geschrieben wurde, aber da der Film eben in Schweizerdeutsch
gedreht wurde, ist die Synchro-Fassung bestimmt wieder dermassen
grottenschlecht, dass zwischendurch gar Gespräche zu hören sind, wenn die
Schauspieler die Lippen schon gar nicht mehr bewegen. 
Erwartungs-Barometer:
3.5
Es ist wirklich
äusserst schade. Obwohl wir das Dialog-Problem in jeder Folge hatten, konnte
man doch zumindest sagen, dass die Luzerner mit ihren Geschichten die Tatorte
aus Saarbrücken, Ludwigshafen oder auch Konstanz weit hinter sich gelassen
haben. Stolz konnte ich verkünden, dass die deutschen Medien keine Ahnung
hätten und ihre Fresse halten sollten, solange der Spacko-Award nur in ihr Land
verliehen werde. Jetzt aber scheint es, dass Flücki und Ritschi wieder von
vorne anfangen müssen. Und somit auch das Barometer mit mühsamer Support- und
Integrationsarbeit. 
1 = Ein
Raclette zu Hause
6 = Ein
Raclette in einem Schweizer Tatort
Die Note danach: 4.75
Als kleines Patriötchen freue ich
mich natürlich sehr, dass ich für einmal ziemlich daneben gelegen habe. Etwas billig fand ich, dass sehr schnell klar war, wer die Täterin ist. Zudem braucht es Einiges an
Heimbonus, damit man über den geisteskranken Bruder, der bei einer
geisteskranken Fremden wohnt, sowie über dieses lächerliche Demo-Grüppchen
hinwegsehen kann. Ansonsten war der definitiv besser als gedacht. Hopp Schwitz.
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