30. Oktober 2016

Tatort: Echolot (Bremen)


Das Barometer braucht mal wieder eine kleine Auszeit.
Der Tatort aus München hallt nach. Noch immer bin ich gespalten. Der war schon irgendwie richtig geil. Teilweise genial. Aber warum muss es am Ende immer ein Vollpsycho sein? Einer, der natürlich auch eine Vollpsycho-Wand Zuhause stehen hat. Am Ende gar mit Fotos von den Kommissaren dran? Es wird immer so unglaubwürdig. Sehr schade. Aber ja, das bisherige Highlight.

Auch irgendwie gefallen hat mir ja zu Beginn der Saison, dieser Sci-Fi Tatort aus Stuttgart. Obwohl ich mir von wahren Filmkennern doch Einiges anhören musste, und ich sämtliche Kritik irgendwie verstehen konnte, hat der für mich damals grad noch so funktioniert. Keine Ahnung warum.
Und nun, nur Wochen später, kommt auch Bremen mit einem Sci-Fi Krimi. Juheee. 
Einmal - ja. Nun schon wieder – naja.
Und so erwarte ich eigentlich auch nicht wirklich was. Insbesondere weil ich dem eher altbackenen Drehbuchautoren-Team aus Bremen keine Zukunfts-Vision zutraue.

Erwartungs-Barometer: 3.5

Eher langweilige Kommissare gemixt mit einem eher unglaubwürdigen Drehbuch, verspricht für meinen Geschmack nicht allzu viel.

Die Note danach: Nicht gesehen.

23. Oktober 2016

Tatort: Die Wahrheit (München)


Vielleicht könnt ihr euch erinnern. Zu Beginn dieser Saison habe ich im Barometer über vergangene Zweckfreundschaften geschrieben. Darüber wie Köln und ich uns früher mal mochten und heute kaum mehr was zu reden haben, wenn wir uns auf der Strasse begegnen.
Über Freundschaften, in welchen man sich mal richtig gut mochte, mittlerweile aber weiss, dass es nur diese spezielle Zeit war, die einen verbunden hatte.
So was ist der Tatort aus Köln für mich, hab ich geschrieben.

Heute jedoch will ich über die richtigen Freundschaften schreiben. Über wahre Freundschaften. Über Freunde, die ausnahmslos immer zu einem halten, egal was kommt!
Eine solche Freundschaft habe ich mit dem Tatort aus München. Wir waren nicht beste Freunde für eine gewisse Zeit, wir sind beste Freunde fürs Leben! Nie gäbe es zwischen dem Tatort aus München und mir diese unangenehmen Momente, in welchen man nicht weiss, was man sagen soll. Wir reden, wir lachen, wir weinen miteinander. Wir sind allerbeste Freunde fürs Leben.

Natürlich streiten auch wir. Natürlich hat er mich auch schon genervt mit schlechten Folgen, und ich hab ihn genervt mit zu hohen Ansprüchen, mit zu kritischen Aussagen, aber das gehört zu einer echten Freundschaft dazu. Man muss nicht immer einer Meinung sein, absolut nicht. Wenn es hart auf hart kommt, können wir uns aufeinander verlassen. Jetzt z.B. Genau jetzt brauche ich ihn, wir brauchen ihn, dringender denn je.
Es ist Ende Oktober, und wir haben in dieser Saison noch keinen richtig guten Tatort gesehen. Ich bin der Verzweiflung nahe. Und München spürt das. München weiss ganz genau, dass jetzt nicht die Zeit für Scherzchen ist, zu fragil bin ich im Moment. Während die Bayern ansonsten immer mal wieder ein Experiment wagen können, welches locker auch scheitern darf, wissen sie ganz genau, dass das im Moment nicht drin liegt. Das Barometer braucht unbedingt diese starke Schulter, an welche es sich lehnen kann. Das Barometer braucht eine grandiose Münchener Folge, welche es aus der momentan so tristen tatortischen Verlorenheit rausführen wird.
Und genau darum gibt es heute weder einen Youtube-Teufel-Schmarrn, noch einen Grafschen Austicker. Nein, München spielt all die grundsoliden Qualitäten aus und geht mal wieder richtig nahe.
„Auf offener Straße, mitten in München wird ein Mann von einem Unbekannten brutal niedergestochen. Ein Mord ohne Motiv. Eine Tat ohne Täter-Opfer-Beziehung“
Kein Firlefanz, keine Ergüsse, „die Wahrheit“ halt.

Erwartungs-Barometer: 5.5

München spürt meinen Seelenschmerz und hat mir diesen Tatort quasi auf den Leib geschrieben. Eine Folge, wie ich sie liebe. Vielen Dank, aus tiefem Herzen. Genau das ist wahre Freundschaft! Simple Geschichte, die nachhallen wird. Grandios und schnörkellos inszeniert.
Was wäre ich nur ohne meine besten Freunde?

1 = Das Oktoberfest, wenn man es braucht.
6 = Der Tatort München, wenn man ihn braucht.

Die Note danach: 5
Hatte wahrscheinlich ein bisschen zu hohe Ansprüche an meinen besten Freund. Der Tatort war gut, aber nicht ganz, was ich von ihm erwartet habe.
He nu. Ich bin zum Glück nicht nachtragend. Wir bleiben Freunde fürs Leben.


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9. Oktober 2016

Tatort: Zahltag (Dortmund)


Sechs Tatorte ist sie alt, die neue Saison, und die mittelmässige Folge aus Luzern war bisher mit Abstand die beste. Das sagt eigentlich alles aus über den momentanen Zustand unser aller liebstes Krimikind. Tristesse pur und kein Ende in Sicht.
Ich weiss, unter der Barometerleserschaft gibt es ein paar grosse Verfechter/innen des Dortmunder Tatorts, und auch die Kritiken für diese Folge klingen wieder überschwänglich. Für mich jedoch hat der Ruhrpotter seinen Kredit lange schon verspielt.
Natürlich, ich kann die Begeisterung irgendwie nachvollziehen. Dortmund lotet Grenzen aus, aber aus meiner Sicht wird unter dem Strich schlicht zu viel Potential verschenkt. Man hat den vielleicht besten Schauspieler überhaupt im Tatort, drückt ihm aber eine dermassen übertriebene Rolle auf, dass selbst der Faber selber nicht mehr glaubt, was er da eigentlich spielt. Man hätte eine solch spannende Stadt, zeigt die jedoch mehrheitlich in einer billigen Klischeeorgie. Zusammen mit einem alkoholkranken Jungkommissaren, der sich in stetiger Ambivalenz zu seinem kätzchensüssen Ermittler-Gspändli befindet und einer weiteren Kommissarin mit massiven familiären Problemen und dem Hang zum Stricher-Vernaschen, fühlt sich das Barometer schlicht überfordert. Es ist zu viel. Von allem zu viel. Das ist so schade. Lange hab ich gehofft, dass man beim WDR kapiert, dass von allem nur die Hälfte, sicher einen viermal besseren Tatort geben würde. Quasi wie bei einer halbierten Zentrifugalkraft.
Doppelte Geschwindigkeit = vierfache Zentrifugalkraft.
Also halbe Geschwindigkeit = minus vierfache Zentrifugalkraft... oder so.
Aber nein. Mit jedem neuen Tatort legte Dortmund in irgendeinem Bereich noch eine Schippe drauf.
Dass ich einmal so was sage: Man kann auch einfach ein Fass zu viel aufmachen. Und so musste meine Anfangs-Euphorie Folge für Folge dem Desinteresse weichen. Dortmund ödet mich nur noch an. Faber, der austickt, ein Team, das prinzipiell nur brüllt, streitet, säuft oder bumst und eine Stadt voller Nazis, Araber und Fussballfans.
Und als wäre das alles nicht genug, geht es in dieser neuen Folge mal wieder um eine harte Rockerbande. Der absolute Supergau also...
...nicht ganz. Während mich nämlich das Team und die Rocker wirklich nix die Bohne interessieren, taucht eine neue Figur auf, welche meine Neugierde weckt.
Ein interner Ermittler von der Dienstaufsichtsbehörde ist an Faber dran. „Endlich“, ist man versucht zu schreien. „ENDLCIH“!
Denn erstens wird es allerhöchste Zeit, dass all das Tun von Kommissar Psycho mal ein bisschen intern thematisiert wird. Im richtigen Leben wäre der ja längstens in der Klapse und niemals Chef einer Mordkommission.
Und zweitens, was noch viel wichtiger ist: Dieser interne Ermittler wird von Milan Peschel gespielt. Wie viele Glücksmomente hat uns der Milan auf der Bühne schon beschert? Kaum zählbar. Einer der ganz gossen deutschen Theaterschauspieler! Er war auch immer mal wieder im Tatort zu sehen, jedes Mal sehr gut, aber bisher abonniert auf den sympathischen Verlierertypen. Immer der arme Aussenseiter. Jetzt aber taucht er als widerwärtiger Terrier auf, der sich in Fabers Wade beisst. Ob das funktioniert, kann ich nicht sagen, ihn jetzt aber endlich mal in einer völlig andern Rolle zu sehen, wird fürs Barometer sehr spannend!
Ich vermute, dass das für mich die einzige Spannung bleiben wird, und das obwohl sich halb Deutschland mächtig auf diesen Tatort freut!

Erwartungs-Barometer: 4
Erwartungs-Barometer für alle Dortmund-Tatort-Fans: 5

Milan Peschel also für einmal in einer komplett anderen Rolle. Für das Barometer der einzige Grund bei Dortmund überhaupt noch einzuschalten. Aber es ist ein triftiger, immerhin!
Schon etwas bedenklich, wenn ich mich mit solchen Nichtigkeiten zum Zuschauen pushen muss. Aber was soll ich auch tun, kann ja meine Vorfreude auf den Gesamt-Tatort auch nicht erzwingen.
Denn das Gesetz der Zentrifugalkraft gilt auch hier.
Doppeltes „Über-ütere“(Kommissariat Faber & Co. + die Rocker) = vierfacher Schwachsinn!

1 = Momentanes Tatort-Niveau
6 = Die Hoffnung auf den Sonntag 23. Oktober 2016

Die Note danach: 4.8
Immerhin: Milan Peschel brilliert als interner Ermittler und endlich fährt Dortmund ein bisschen runter. Nur ein bisschen, aber schon wird’s besser. So wirklich scheint jedoch das Gesetz der Zentrifugalkraft nicht zu funktionieren:
Doppelte Qualität (Tatort wird glaubwürdiger + grandioser Auftritt von der Dienstaufsichtsbehörde) = maximal dreimal mehr Freude!


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2. Oktober 2016

Tatort: Der König der Gosse (Dresden)


Anhand von Dresden lässt sich perfekt erklären, wie schwierig und komplex es in der heutigen Zeit ist, eine neue Tatort-Reihe zu lancieren.
Im Gegensatz zu den meisten andern neuen Teams, welche ohne Wenn und Aber abkacken, hat Dresden in der ersten Folge vieles richtig gemacht und das trotz einem unheimlich grossen Spagat, der gemeistert werden musste. Für interessierte Barometer-Leser/innen, der perfekte Anschauungsunterricht also.

Ein Hochseilakt vom Allerfeinsten in 3 Akten.

Zu allererst will natürlich ein jeder talentierter Filmschaffender ein möglichst authentisches Produkt, ein möglichst glaubwürdiges Team erschaffen. Wer nicht danach strebt, hat gleich verloren. Jeder, der ein bisschen Anspruch an sich selber hat, versucht eine Geschichte zu erfinden, welche das Publikum glauben wird. Das alleine ist bereits die höchste Kunst. Der Tatort aus Dresen hat das aus meiner Sicht bei der ersten Folge (Thema: Volksmusik) richtig gut hingekriegt. Als z.B. die Assistentin der beiden Kommissarinnen von der Schlager-Band im Affekt ermordet wurde, haben die beiden Schauspielerinnen grandios auf diesen Monster-Schock reagiert. Wirklich beeindruckend. Nun ist es aber so, dass heute ein realistischer Krimi alleine nicht mehr ausreicht. Womit wir uns im zweiten Akt befinden. Heute verlangt der Zuschauer immer auch noch Komik. Er will sich amüsieren, egal auf welchem Niveau. Man könnte es das „Münster-Syndrom“ nennen. Himmeltraurig, aber wer heute Erfolg haben will, muss Witzchen einbauen. Die letzten beiden Tatorte bewiesen es einmal mehr. Während die Schweizer Folge nun wirklich um Welten glaubwürdiger daher kam, als die aus Münster, schauten beim Tatort aus Luzern knapp 7 Millionen zu und beim anschliessenden Schrott aus Münster über 13 Millionen! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Also, Humor Klamauk muss mit rein, am besten möglichst plump, ansonsten wird es schwierig, eine richtig gute Quote einzufahren. Und genau da fängt der Spagat an. Natürlich kann eine Komödie brillant sein, aber sie ist nicht einfach so kompatibel mit einem realistischen Kriminalfall. Zu meiner Überraschung haben die Dresdener aber auch hier den Rank gefunden. Die ganze Volksmusik Posse wurde nie zu klamaukig. Eher tragisch-komisch und damit irgendwie authentisch. Womit sie etwas geschaffen haben, das kaum ein anderer Tatort schafft.
Ganz schwierig wird es nun aber im Akt Nummer 3. Selbstverständlich reden auch noch die TV-Bosse mit. Und die drehen ja neuerdings völlig ab bei der sogenannt horizontalen Erzählweise. Geschichten, die episodenübergreifend stattfinden. Aber da die Fälle in sich geschlossen sind, funktioniert das halt nur mit den Hauptfiguren. Es müssen also unbedingt noch ein paar private Probleme der Ermittler/innen rein, die weiter erzählt werden können. Und genau da kippte die erste Folge aus Dresden halt doch. Die alleinerziehende Kommissarin findet zu guter Letzt beim Sohnemann ein krasses Butterfly-Messer... Wuuooooaaa, wirklich saukrass. Was sollte das? Wirklich völlig unnötig! Eins jedoch ist sicher. Diese Story wird weitergehen.
Aber trotzdem: Die erste Folge, konnte diese Gratwanderung irgendwie handeln. Als Premiere wirklich gut. Jetzt aber muss die Bestätigung kommen. Jetzt mit Folge zwei wird es richtig schwierig. Eigentlich müsste sich die Reihe nun entscheiden, in welche Richtung sie gehen soll. Aber das wird sie nicht tun. Sie steckt ja weiterhin genau in demselben Dilemma. Die Macher werden verzweifelt versuchen diese drei Punkte unter einen Hut zu kriegen.
Es geht um einen Mord in der Obdachlosen-Szene. Offensichtlich versucht man eine Geschichte aus dem harten Alltag des Strassenlebens hinzukriegen. Eine Geschichte, die einem nahe gehen soll. Authentisch muss sie sein, eine, die an jeder Ecke lauert. Also genau das, was ich oben geschrieben habe. Der typische erste Akt. Das ist der Anspruch eines jeden guten Filmemachers. Aber eben: Das Comedy-Gespenst sitzt ihnen im Nacken. Und so haben die Autoren in mühseligster Murks-Arbeit den Pennern bestimmt unsäglich schlechte Witzchen reingeschrieben. Tja. Und damit wird es sauschwierig. Soll es nun die echte Strasse sein, oder ein paar lustig verkleidete Figuren mit schlechten Zähnen? Soll man den Bettlern den krassen Alltag glauben, oder sollen sie den Zuschauer amüsieren, wie die Kaspars aus Münster. Zu heikel. Mit Schlagerstars klappte das relativ gut, mit dem brutalen Überleben in der Gosse, wird das nicht mehr funktionieren. Man kann mit Obdachlosen natürlich eine Klamotte machen, aber nicht wenn man gleichzeitig glaubwürdig sein möchte. Geht nicht.
Und an den Akt 3, also an die privaten Probleme der Kommissarinnen habe ich noch nicht einmal gedacht. Das lass ich jetzt auch, scheitern wird der Tatort bereits im zweiten Akt. Da bin ich sicher.
Schade. Eigentlich hätte man aus Dresden wirklich was machen können. Alles wäre vorhanden. In der Theorie wäre es so einfach. Man müsste nur auf den eigenen Anspruch hören und den Rest ausblenden. Ein erster Akt auf diesem Niveau würde reichen um einen richtig guten Tatort zu machen! Aber dann bleibt der Durchschnittszuschauer (Geldgeber) weg und die Bosse (Geldverteiler) machen sich in die Hosen. Dilemma pur, ich weiss.

Erwartungs-Barometer: 3.5

Welch Spagat die armen Tatort-Macher heutzutage bewältigen müssen. Eigener Anspruch an authentische Filme, ein Publikum, welches nur noch bei Blödel-Folgen durch die Decke geht und zudem ein paar Sesselfurzer in der Chefetage, welche zu viel US-TV geschaut haben. Auf Dauer (manchmal bereits auch schon in Folge 2) kannst du damit nur scheitern. Und für einmal hätte noch nicht einmal das Barometer eine Lösung für diese verzwickte Lage. Armer, armer Tatort aus Dresden.

1 = Drei Akte, aber keiner so richtig.
6 = Sich für einen entscheiden.

Die Note danach: 2
Also. Für das Dilemma kann ich Verständnis aufbringen, hab ich ja geschrieben. 
Aber dass nach einer guten Pilot-Episode ein solcher Scheissdreck rauskommt, bricht mir wirklich mein Tatort-Herz. Unfassbar schlecht war der, und zwar in allen drei Bereichen. Fremdschämen vom Allerfeinsten in 3 Akten.


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