26. Februar 2017

Tatort: Babbeldasch (Ludwigsaffen)


Jetzt heisst es anschnallen, liebe Freunde. Heute wird Tatort-Geschichte geschrieben! Ich verspreche euch, dieser Sonntagabend wird sich für immer in die Neuronen eurer Grosshirnrinde einbrennen. Heute erleben wir ein absolutes Jahrhundertereignis. Ich bin ungelogen rückwärts aus dem Fenster gefallen, als ich darüber gelesen habe. Ohne Scheiss. Also falls ihr euch psychisch und physisch bereit fühlt, weiter zu lesen, haltet euch dabei bitte gut fest. Ich wäre froh.
Der neue Tatort aus Ludwigshafen, also der Tatort mit Kommissarin Lena Odenthal, wurde nämlich mehrheitlich mit Laien-Darstellern gedreht!


Ludwigshafen war doch eigentlich immer schon auf unterst-nur-möglichem Niveau!
Die Schauspieler wursteln ja seit jeher wie allergrösste Dilettanten. Wie will man das noch unterbieten? Wie soll ein „Laienensemble“ nun plötzlich mit richtigen Laien ersetzt werden?
Oder anders gefragt. Wie kommen ein Produzent und ein Regisseur darauf, in einer der schlechtesten Tatort-Reihen überhaupt, neuerdings auf richtige Laien zu setzen? Okay. Man kann sich sagen, wenn eh keiner der Schauspieler auch nur annähernd etwas kann, können wir ja genau so gut auch billige Anfänger nehmen, anstatt richtige Gehälter zu bezahlen. Schliesslich haben die Hauptdarsteller über Jahre bewiesen, dass sie ihrer Arbeit kaum mächtig sind.
Aber nun also mit echten Laien? Wirklich???
Himmelarschundzwirn, ich kann mich nicht erholen.

Puuuuhhhhh. Zwei-, dreimal ganz, ganz tief durchatmen und nun nochmals richtig dolle festhalten. Aber richtig. Die absolute Krönung kommt erst noch! Diese brillante Idee ist noch lange nicht alles. Es wird noch viel dramatischer. Der Tatort wurde nämlich nicht nach Script gedreht, sondern improvisiert! IMPROVISIERT!!!!!! Ihr müsst das bitte genau so lesen, wie ich es in meinem Kopf schreibe. Ganz langsam. Buchstabe für Buchstabe. Also nicht buchstabieren, aber halt einfach ganz langsam und mit grosser Überartikulation.
I M P R O V I S I E R T !!!!


Und gleich nochmals: Wer kommt auf eine dermassen stupide Idee, eines der schlechtesten Tatort-Teams aller Zeiten in das Improvisieren zu führen? Woher nimmt man in Ludwigshafen die Arroganz zu denken, dass man der Königsdiziplin des Schauspielerns gewachsen sei, wenn doch keiner auch nur die Grundsatzdinge einigermassen vor die Kamera bringt? Okay, auch hier. Wenn die Drehbücher eh unter aller Sau sind, dann kann man sich die ja auch sparen, das ist klar.
Aber darum geht es nicht. Im Gegenteil. In Ludwigshafen scheint man sich selber tatsächlich auf einem Qualitäts-Level zu sehen, auf welchem man zur allerbesten Sendezeit durchaus mal etwas mit Laien improvisieren kann!
Das ist absolut unfassbar. Versteht mich nicht falsch, ich liebe es, wenn der Tatort was riskiert, wenn er was ausprobiert, wenn er sich aufs Hochseil wagt. Ein solches Experiment hätte durchaus seine Berechtigung, und könnte sogar extrem spannend sein. Aber das hier ist nicht Wiesbaden, München oder Kiel. Nicht ein Tatort-Team, welches immer wieder Top-Folgen liefert und nun ein Top-Regisseur, neben seinen Top-Kommissaren mal einen spannenden Versuch wagt. Nein, wir reden hier von L U D W I G S H A F E N !
Es kam noch nicht ein guter Tatort aus dieser Stadt, nicht ein einziger!!!

Und nun für alle, die vor blankem Entsetzen noch nicht tot umgefallen sind, ein paar Worte zur Story:
Die Direktorin eines Volkstheaters stirbt auf der Bühne an einem vergifteten Croissant. (?!? Also so was muss ja improvisiert sein. Aufschreiben kann das keiner.) Danach heuert Lena Odenthal bei dem Laientrüppchen an, um undercover zu ermitteln. (Gut, zumindest ist sie für einmal nun unter ihresgleichen.) Als wäre das nicht Katastrophe genug, wird man uns noch mit irgendwelchen Traumsequenzen foltern.
Also ich weiss wirklich nicht, was man da noch sagen soll.
Das kann nur ein absoluter Supergau werden. Alles andere ist mit diesen absurdesten Voraussetzungen schlicht nicht möglich.

Erwartungs-Barometer: 0 (Also eigentlich ist im Schweizer Notensystem ja die 1 die niedrigste Note. Aber eine 1 wäre für mich dann doch fast noch eine positive Überraschung.)

Anstatt den grottenschlechten Schauspielern engagiert man grottenschlechte Laien und anstatt der grottenschlechten Drehbüchern, wird nun einfach grottenschlecht improvisiert.
Das ist nun wirklich der Untergang des Tatorts.
Oder ist das alles vielleicht nur als cleverer Witz gedacht? Als Persiflage auf die verrückte Tatort-Entwicklung? Wie genial wäre das denn!
Aber nein. Glaubt mir, dieser Tatort ist als Kunst, als Meisterwerk, ja als absoluter Höhepunkt angedacht. Tiefer jedoch kann man nicht mehr sinken. Wirklich nicht. Filmleute, die sich auf einem Selbstverwirklichungstrip dermassen überheblichen Bullshit leisten, sollten eigentlich mit einem Berufsverbot belegt werden. In jeder anderen Branche würden die nie mehr einen Job kriegen. Das wird der wohl schlechteste Tatort aller Zeiten! Für diese Folge entziehe ich Lena und Kopper sogar den Tatort-Spacko-Award. Nicht einmal mehr die himmeltraurigste aller Auszeichnungen verdienen die in Ludwigshafen. Unfassbar.












1 = Besser als dieser Tatort
6 = Das Leben vor und nach diesem Tatort

Die Note danach: 0.5
Als Laientheater mag so was vielleicht okay sein, aber wir reden hier vom Tatort. Vom Flaggschiff der öffentlichen rechtlichen TV-Sender. Für diese Folge wurde fast ein Jahr lang gedreht, mit einem Budget von über 1,5 Millionen Euro! 
E I N S  K O M M A  F Ü N F  M I L L I O N E N !!!
Mag sein, dass die kleinen Zwillinge und ihre Mama ganz gute Schauspieler sind, aber zwischen Odenthal, Kopper und dem Laienensemble kann man wirklich kaum Unterschiede ausmachen. Erschreckend, wenn auch nicht überraschend. Und von der Improvisation will ich gar nicht erst sprechen. Verarschen kann ich mich auch selber.

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19. Februar 2017

Tatort: Tanzmariechen (Köln)


Seit ich den Tatort regelmässig schaue, wurden sage und schreibe 59 neue Folgen aus Köln gesendet. Das ist Rekord! Ergo habe ich also fast vier volle Tage meines Lebens mit dem Schauen von Kölner Tatorten verbracht. Fuck. Vier Tage, in welchen die Freude des Barometers kontinuierlich sank.
Als kleiner Vergleich dazu: In derselben Zeit wurden beispielsweise nur 28 Folgen mit Borowski gedreht. Das um Welten bessere Kiel hatte also quasi nur zwei Tage Zeit, mir die Freude wieder zurückzugeben. Wenn ich das nun auf Barometer-Denk-Niveau runterbreche, ist die Rechnung ganz simpel. Halb so viele Folgen ergeben mindestens doppelt so gute Qualität.
Es ist also genau so, wie ich seit Jahren schon sage. Köln sollte die Produktion massiv drosseln und sich dafür voll und ganz auf hochstehendes Fernsehen konzentrieren. Die Mittel sind ja offensichtlich vorhanden. Warum man jedoch in Köln partout nicht auf die weisen Worte des Barometers hören will, ist mir ein Rätsel. Wer macht schon lieber Vieles, anstatt Gutes? Wer macht lieber Fläche, anstatt Qualität? Unprofessionelleres Denken geht nicht, gerade für eine öffentlich-rechtliche Anstalt. Es ist schlicht absurd und irgendwie auch sehr kurzfristig gedacht. Am Ende des Tages, oder vielleicht auch erst ganz am Ende des Lebens, wird sich die Qualität durchsetzen, davon bin ich überzeugt.
Was man also z.B. in Kiel schon längstens weiss, scheint in Köln niemanden zu interessieren, und so wird dort weiterhin ein Tatort nach dem andern gedreht. Durchschnittlich sind das vier Folgen pro Jahr. Wie gesagt, Spitzenposition. Ich weiss gar nicht, wie das machbar ist. Wahrscheinlich drehen die gleich am nächsten Tag weiter, wenn sie eine Folge abgedreht haben. Oder je nach Aufwand werden vielleicht sogar zwei Folgen gleichzeitig gedreht. Das würde nun auch endlich erklären, warum Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär in der letzten Zeit so abgewrackt und so uninspiriert daherkommen. Sie sind schlicht und einfach zu müde. Überarbeitet. Nicht auf dem Revier, sondern auf dem Set. Und es würde nun auch endlich erklären, warum Kommissar Ballauf manchmal diesen depperten Eindruckt erweckt, als ob er sich völlig im falschen Film befinden würde. Er ist es. Wenn du natürlich morgens noch intensiv gegen eine rechtsextreme Bürgerwehr kämpfen musst, und am Nachmittag dann eine Szene mit dem Tanzmariechen ansteht, kann es durchaus vorkommen, dass einer völlig verwirrt in die Kamera glotzt. Ja wenn du nicht mehr weißt für welchen Film du momentan drehst, welches Drehbuch nun grad ansteht, dann erklärt das wirklich Einiges. Tja, und so wird auch diese Folge genau so daherkommen, wie alle in den letzten Kölner Jahren. Bär und Schenk tappen unmotiviert durch einen öden Kriminalfall und am Ende wird der Mörder relativ belanglos überführt. Ob da im Endeffekt eine Mutter sitzt, die ihre Kinder umgebracht hat, ein paar Flüchtlinge unter Verdacht stehen, die es eh nicht waren oder nun ein paar bekloppte Fasnächtler durch das Bild grölen, spielt doch irgendwie überhaupt keine Rolle. Unter dem Strich sind es nur weitere 90 verschwendete Minuten unserer Leben.

Erwartungs-Barometer: 3.5

Ganz egal, dass eben erst ein Kölner Tatort lief, pünktlich zum Fasching braucht es natürlich eine „Kölle Alaaf“-Folge mit den Herren Kommissaren im Kostüm. Und die wird genau so, wie wir es mittlerweile kennen. Lustlose Quantität anstatt lustvolle Qualität. Und auch wenn der grosse WDR nicht auf das Barometer hören will, so hätte es sich zumindest für einmal gelohnt, von der kleinen Schweiz ein bisschen was abzukupfern. Gerade in Luzern weiss man doch bestens, wie ein guter Fasnachts-Tatort daherkommen muss. In Köln offensichtlich nicht, prophezeie ich.

1 = Sehr flache Fläche
6 = Sehr steile Abende

Die Note danach: 3
Die Kölner beherrschen das solide Filmhandwerk, dass muss man ihnen lassen. Bei so viel Erfahrung, ist das aber auch zu erwarten. Leider aber haben sie vor lauter Arbeiten irgendwie nicht bemerkt, dass sich in den letzten zwanzig Jahren ein bisschen was geändert hat beim Film. Biederer kann man kaum mehr inszenieren. Alles immer noch genau wie vor 59 Folgen. Schade. Aus dem Karneval-Milieu wäre so viel mehr rauszuholen.


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5. Februar 2017

Tatort: Der scheidende Schupo (Weimar)


Wie jeder Mensch hat auch das Barometer seine wunden Punkte, eine angreifbare Fläche. Eine seiner grössten Schwächen ist der Tatort aus Weimar. Ausgerechnet das nach Echtheit lechzende Barometer, lässt sich durch diese wirren Phantasiegeschichten erweichen und einlullen. Alle drei bisherigen Folgen haben mir wirklich gefallen. Das passt so überhaupt nicht in mein Authentizitäts-Schema. Während ich nämlich den Klamauk à la Münster kaum mehr ertragen kann, finde ich den Klamauk aus Weimar richtig gut. Die spannende Frage, für dessen Beantwortung das Barometer ja eigentlich da wäre, ist nun, wo genau der Unterschied zwischen dem Münster- und dem Weimar-Humor liegt. Aber wie ich bereits erwähnt habe, ich kann es nicht richtig erklären. Ich kann es nur erahnen.
Klar, völlig unrealistisch sind sie beide, aber während ich Münster irgendwie als billig empfinde, als plumpe Durchschnitts-Komödie, fühlt sich Weimar clever an. Sie haben von Anfang an auf die (mittlerweile beim Tatort sehr beliebte) Karte „Theater“ gesetzt, und das auf relativ hohem Niveau.
Vielleicht liegt es also an der Verschrobenheit der Figuren, an den selbstironischen Schauspielern, oder halt doch am Humor, welcher für mein Empfinden bei Weimar zwar wesentlich schärfer, aber eben auch wesentlich feiner daher kommt. Oder vielleicht ist es auch einfach die hohe Kunst, völlig Unrealistisches authentisch zu erzählen. Wer kann das schon? Tja, vielleicht aber glaube ich halt immer noch an Märchen.
Und Weimar bleibt seinem Konzept treu. Der Tatort lädt zu einer Märli-Stunde mit Mörderraten. Die Hauptfigur ist ein schrulliger Polizist, der erst einen Bombenanschlag überlebt und danach auch noch vergiftet wird. Wenn die Kommissare nicht innerhalb von 72 Stunden den Täter finden, wird der Polizist daran sterben. Auf der Suche nach dem zukünftigen Mörder, wird ihnen selbstverständlich ein Kabinett von bizarren Personen und Geschichten begegnen.

Erwartungs-Barometer: 5

Warum ich Weimar so mag, während ich Münster verachte, kann ich nicht schlüssig beantworten. Aber es spielt im Endeffekt auch gar keine Rolle. Unter dem Strich freue ich mich einfach auf die momentan einzig gute Tatort-Komödie.
Und hier noch ein Tipp für alle Leser/innen, die dem Tatort aus Weimar sehr skeptisch gegenüber stehen (ich weiss, dass es davon einige gibt): Lasst euch treiben und geniesst diese surreale Fabel. Danach werden wir über Wochen wieder nur mit der enttäuschenden Tatort-Realität konfrontiert.

1 = Humor à la Münster
6 = Auch mal ein gutes Märchen

Die Note danach: 5
Ich weiss, meine Einschätzung widerspricht jeglicher Vernunft. Ihr dürft mich gerne verfluchen, aber auch einem Barometer steht ein Joker zu.
Ich ziehe diesen bei Weimar. Hab mich bestens unterhalten!


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