Relativ unschwer zu erkennen, hat das Barometer
in den letzten Jahren die Lust am Tatort und auch an sich selber kontinuierlich
verloren.
Aber da ich mittlerweile eine Art
nostalgische Bindung zu diesem Geschwafel entwickelt habe und diese Errungenschaft
nicht einfach komplett beerdigen möchte, habe ich mich entschieden, dass ich das Barometer in einer ähnlichen Kurzform weiterführen werde, wie zuletzt mit dem
Winterschlaf und der vorgezogenen Sommerpause.
Prinzipiell werde ich zu den Folgen jeweils nur
noch einen kurzen Kommentar abgeben, mehr nicht. Nur wenn es dringendst eines
längeren Textes bedarf, werde ich auch mal ein bisschen mehr schreiben, werde
also in alter Barometerform auftauchen.
Wie zum Beispiel heute:
Unfassssssssssssssbar! Wirklich unfassbar.
Beim Mutterhaus dieses neuen Tatorts schafft man es tatsächlich alles, aber
auch wirklich alles irgendwie schön zu schwafeln. Das Gen, sich selber auch mal
zu hinterfragen, wurde offensichtlich mit einem Pülverli im Kantinenfrass
komplett weggezüchtet. Bereits die Tatsache, dass die Schweizer sehr oft den
ersten Termin der Saison kriegten, welcher aufgrund des meist sehr guten
Wetters, äusserst unbeliebt ist, hätte eigentlich Beweis genug sein sollen,
dass die ARD auf den Schweizer Tatort scheisst. Immer und immer wieder. Aber
als ob das nicht Demütigung genug wäre, platzieren die frechen Hunde nun den
Luzerner einfach mitten in der Sommerpause, bei 35°, die einem auf die Birne
knallen. Wohlverstanden, danach ist für drei Wochen wieder Tatort-Pause, also folgt ab Morgen eigentlich einfach der zweite Teil des Sommerbreaks. Man muss sich das erst einmal
vorstellen. Unter aller jeder Saukanüle. Aber die Verantwortlichen dieses
Tatorts fühlen sich wahrscheinlich geehrt, ja geradezu privilegiert, dass die
Deutschen ihnen einen ganz persönlichen Termin erfunden haben, und dass man die
neue Saison jetzt quasi als Gluthitze - Sneak Peak eröffnen darf. Meine Fresse.
Kapiert ihr es nicht? Seit ich denken kann, startet die Tatort-Saison Ende
August oder gar Anfang September. Und das ist auch in diesem Jahr so. Ihr
kriegt einfach einen fiktiven Ausstrahlungstermin inmitten des fucking
Hochsommers! 
5. August. Es ist der FÜNFTE AUGUST!!!!! 
Was muss man einem blind verliebten Menschen
eigentlich noch alles antun, damit er endlich kapiert, dass die Liebe nicht auf
Gegenseitigkeit beruht? Was muss in einem professionellen TV-Kopf vorgehen,
dass man so was gegen aussen immer noch schönreden kann? Unfassbar. 
Und es ist auch wirklich schade! Denn während die
ARD unsere Luzerner Perle einmal mehr aufs Übelste verarscht, und in
Deutschland viele Kritiker wieder die scharfen Geschütze auffahren, jubelt man
hierzulande über das fantastische Experiment. 
Wie bereits in allen wichtigen Medien zu lesen,
wurde der Film in einem Take gedreht. Kein Schnitt, gar nix, 90min am Stück.
Zweifellos ein spannender Ansatz. Zwar eine bekannte Art Filme zu
machen, aber beim Tatort so noch nie zum Einsatz gekommen. Klar, als Schweizer
Drehbuchautor sollte man sich vielleicht überlegen, ob man nicht besser erst
einmal 2-3 gute Bücher mit echten Dialogen hinkriegen möchte, bevor man
solch schwierige Experimente wagt. Denn beim aktuellen Stand des Luzerner
Tatorts deuten die Experimente halt doch eher auf eine Verschleierung der
miserabel geschriebenen Scripts.
Aber wisst ihr was, mir ist es einmal mehr zu
blöde auf diesen CH-Tatort Bashing Zug aufzuspringen, ich mochte es schon in
der Schule nicht, gegen Schwächere zu prügeln. Erst recht, da die ach so Grossen
ja meistens selber ziemlich weich in der Birne waren. Und genau so ist es hier.
Wer bei Münster tanzt vor Freude, Schreckliches wie Saarbrücken zu verantworten
hat und die Odenthal seit 100 Jahren ermitteln lässt, sollte prinzipiell die kritische
Fresse halten, und definitiv andere Ausstrahlungstermine verteilen, wenn man in
der Schweiz endlich einmal etwas wagt. 
Darum werde ich den Mut zu diesem Experiment wesentlich
höher gewichten, als die oft katastrophalen Zeilen in hingeschluderten
Schweizer Drehbüchern. 
Dieser Film ist eine äusserst gewagte Sache
und genau das Hochseil-Risiko, welches das Barometer immer wieder
fordert. Und auch wenn der eigentliche Star natürlich der Kameramann ist, so
ist dieser Versuch auch für die Schauspieler/innen ein unheimlich schwieriger
Akt. Du kannst nichts, aber auch gar nichts mit Schnitt oder mit Einstellung
kaschieren. Wenn die Kamera drauf ist, ist sie drauf.  Splitternackt, Entlarvung pur. Keine Chance
auf einen Fehler.
Erwartungs-Barometer: 5.5 (mit Hitze-Bonus)
Auch wenn man am Ende wahrscheinlich für den Schweizer Mief in Story, Dialogen und beim Schauspiel wieder ein paar helvetische Augen zudrücken muss und Regisseure bei solchen Experimenten ab und an eine Schippe zu viel drauflegen, wird sich das Barometer also weder von der Hitze noch von der Arroganz der ARD die Vorfreude auf diesen Tatort und auf die fiktive Saisoneröffnung nehmen lassen. Ich erwarte ein absolutes Schweizer Highlight!
Auch wenn man am Ende wahrscheinlich für den Schweizer Mief in Story, Dialogen und beim Schauspiel wieder ein paar helvetische Augen zudrücken muss und Regisseure bei solchen Experimenten ab und an eine Schippe zu viel drauflegen, wird sich das Barometer also weder von der Hitze noch von der Arroganz der ARD die Vorfreude auf diesen Tatort und auf die fiktive Saisoneröffnung nehmen lassen. Ich erwarte ein absolutes Schweizer Highlight!
Was hier mit einem zahlenden Tatort-Mitglied abgezogen wird, ist kaum mehr zu unterbieten und bedarf wegen übelstem Mobbing eigentlich eines Strafverfahrens. Wie gesagt, nur die grössten Idioten prügeln auf die Schwachen. Aber schwach wird heute hoffentlich gar nichts.
6 = Tatort an eindunkelnden Spätherbsttagen
1 = Tatort an heissglühenden Hochsommerabenden
PS: Barometer-Tipp am Rande. Für einmal könnt
ihr entspannt die hochdeutsche Version auf dem Ersten schauen, da es keine
synchronisierte Version ist. Es wurde sowohl eine Fassung auf Schweizerdeutsch als auch eine auf Hochdeutsch gedreht, und ihr müsst nicht zwischen katastrophaler
Synchronisation und miserablen Dialekt-Dialogen entscheiden!
Gut, am spannendsten wäre es natürlich beide
Versionen zu sehen. Da es ja je ein eigener Take ist, sind es eigentlich zwei
verschiedene Filme. 
Die Note danach: 5
Ufff. Was für ein Stück Schweizer
Tatort-Geschichte. Zweifelsohne werden die Kritiken komplett gespalten sein.
Die Frage ist nämlich, ob man diesen Tatort aus Sicht der Machart oder aus
Sicht der Geschichte anschaut.
Die Inszenierung war tatsächlich ganz grosses
Kino. Selbst die Erzähl-Ebene hab ich irgendwann geschluckt. Nur der
Dschungel-Kurztrip in die Vergangenheit war die erwartete Schippe zu viel, aber
ansonsten hat mich dieser Tatort mit seiner Machart überzeugt. Wirklich
fantastisch gemacht.
Aber, und genau so war es zu befürchten, wer
prinzipiell an einem spannenden Krimi und an einer guten Geschichte gefallen
findet, der wurde heute definitiv massiv enttäuscht. Vor lauter technischen
Finessen, und exakten Anweisungen, hat man völlig vergessen, eine gute Story zu
schreiben. Auch das hat das Barometer ja ziemlich genau so erwartet. Ein normal
gedrehter Tatort hätte mit dieser Geschichte am alleruntersten Ende der
Rangliste gekratzt. Und ich vermute, dass der grösste Teil der Zuschauer nicht
wirklich daran interessiert ist, ob dieser Film nun 2000 Einstellungen oder
keinen Schnitt hat. Die Leute wollen unter dem Strich doch einfach eine
geschmeidige Geschichte sehen, denn eine komplett geschmeidige Kamerafahrt. Klar,
beides wäre die Perfektion, das jedoch scheint mir kaum machbar. 
Aber ich für mich verzichte für ein solch
raffiniertes Experiment auch gerne einfach mal auf eine raffinierte Story. Zumal
ja 80% aller Tatorte eh keine raffinierten Geschichten auftischen. 
Zudem hat für mich als grosser Fan des
Schauspiels dieser Tatort aus einem ganz andern Grund zu überzeugen gewusst. In
der Dynamik der Kamera konnten die Darsteller/innen endlich einmal grandios
aufspielen. Natürlich wird den wahren Filmkritikern sicher die Vertiefung der
Figuren fehlen, die schlicht nicht möglich war bei diesem Tempo, aber für mich
hat dieser Tatort teilweise eine Authentizität hingekriegt, wie ich sie so in
der Schweiz noch kaum je gesehen habe. Pures Theater halt. Jede Figur konnte sich
so richtig austoben, und teilweise gar improvisieren. Der Film sprühte vor
Spielfreude. Also den Gubser habe ich noch nie so echt erlebt. Die Dialoge
waren um Welten besser, als in andern Schweizer Tatorten.
Ich muss jedoch dazu sagen, dass dies nur für
die hochdeutsche Version zählt. Ich habe die schweizerdeutsche gleich im
Anschluss geschaut und habe es kaum ausgehalten. Für das Barometer also auch
gleich noch der endgültige Beweis, dass die Dialekt-Dialoge jeweils miserabel
geschrieben sind, und dass die Schauspieler darum oft überhaupt nichts dafür
können, wenn es schlecht gespielt wirkt.
Nun gut. Langer Rede, kurzer Sinn.
Auch wenn der eigentliche Inhalt bedenklich
schwach war, auch wenn die Geschichte die Schweizer Schwächen exzessiv
offenbarte, als Kunstwerk, ist dieser Tatort ein absolutes Meisterstück.
Schade, dass die Quoten aufgrund des
Ausstrahlungstermins miserabel sein werden. Aber wisst ihr was, liebe deutsche
Fernsehzuschauer/innen? Ihr habt es nicht anders verdient. Wer sich immer noch
ab Münster ergötzen kann und denen Mal für Mal Rekordzahlen beschert, dem steht
ein solches Theater-Tatort-Bijou gar nicht zu.
Das Barometer jedenfalls war ganz zufrieden,
aber klar, wie immer mit den vielen zugedrückten helvetischen Augen. 
Falls dieser Blog nicht euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr ihn unter folgendem Link löschen:
1 Kommentar:
Die Musik starb tatsächlich zuletzt. Denn die Hoffnung auf einen akzeptablen Tatort war schon nach ein paar Minuten mausetot. Und perfiderweise hat der One-Taker die grosse Schwäche fast aller Schweizer Drehbücher noch besonders zur Geltung gebracht. Nämlich auch nur halbwegs glaubwürdige Figuren mit halbwegs glaubwürdigen Dialogen zu erschaffen. Der erlösende Schnitt wollte/konnte einfach nicht kommen...kein Wunder mussten die Komparsen reihenweise kotzen.
Kommentar veröffentlichen