28. Mai 2012

Tatort: Skalpell (Luzern)



Neulich wurde ich von einem Leser darauf aufmerksam gemacht, dass mein Barometer jeweils etwas zu lang und zu ausführlich ausfalle. Ich habe mitunter intensiv über diese Aussage nachgedacht, nehme die Kritik meiner treuen Leser natürlich ernst, aber ausgerechnet jetzt, in der Woche in der ich mich fragte, wie ich mich in meinen Zeilen etwas kürzer halten könnte, ausgerechnet jetzt, steht der Schweizer Tatort vor der Türe. Schwierig. Nun, zumindest was den Inhalt angeht, werde ich mich kurz und knapp halten können. Simple 3 Punkte:
1. Dieser Tatort wird bestimmt besser als der letzte aus unserem Lande.
2. Die CSI Ermittlerin wurde nun zumindest durch eine Schauspielerin ersetzt.
3. Luzern wagt sich an ein ganz mutiges  und brandaktuelles Thema:  Intersexualität. (Schade nur, dass alleine in den letzten zwei Jahren ungefähr jede andere Tatort-Stadt schon einmal darüber berichtet hat).
Einen grossen Vorteil gegenüber sämtlichen andern Teams haben die Schweizer jedoch absolut. Die Erwartungen an den Luzerner Tatort sind dermassen tief, dass eigentlich kein Zuschauer enttäuscht werden kann. Ihr könnt euch sicher noch an den letzten mit Hauptkommissar Reto Flückiger erinnern. Eigentlich gab es keine Worte, für diese abgrundtief schlechte Qualität, und trotzdem war ich am Ende irgendwie positiv überrascht. Das nur, weil ich ihn eben noch schlechter erwartet habe. Und so nutzen wir doch diesen Heimvorteil auch für Luzern Teil 2. Ich meine, was will man nach der ersten Folge auch erwarten?
So simpel und einfach wäre es nun also ausgefallen, das heutige Barometer, ganz nach dem Gusto meines Lesers. Aber leider muss ich nun doch noch eine Randgeschichte erwähnen. Eine Geschichte, die aufdeckt, wie sich das Schweizer Fernsehen von der ARD komplett verscheissern lässt.
Nachdem im letzten Jahr der erste neue Tatort aus der Schweiz ausgestrahlt wurde, waren die Reaktionen in Deutschland dermassen schlecht, dass die wichtigen Herren der ARD mitteilen liessen, dass man erst die zweite Folge abwarten will, bevor man entscheidet, ob die Schweizer wieder in den sogenannten Tatort-Pool aufgenommen werden würden oder nicht. Was aber niemand wirklich wusste, ist, dass jeder, der sich in diesem ominösen Pool befindet, auch Geld in einen Tatort-Topf zahlen muss, aus dem dann andere Tatort-Macher schöpfen können, wenn sie grad bissl knapp bei Kasse sind. Und da die Schweiz mit Sicherheit ein guter Geldgeber ist (selbstsprechend), war eigentlich klar, dass sie so oder so von der ARD aufgenommen werden würden. Nur konnten das die wichtigen Herren der ARD nach der ersten Folge unter keinen Umständen rechtfertigen. Jetzt aber haben eben diese wichtigen Herren der ARD vor ein paar Monaten eine erste Rohfassung vom neuen Schweizer Tatort zu Gesicht bekommen und ihnen wurde wohl bewusst, dass eine Aufnahme in den Pool, auch nach dieser Folge, absolut unglaubwürdig erscheinen würde. Da man aber unter keinen Umständen auf das Schweizer Geld verzichten wollte, hat man nun den Luzerner Tatort einfach ohne grosse Aufregung, ganz im Stillen, noch Wochen vor der Ausstrahlung wieder aufgenommen. Keiner hat es interessiert, keiner hat sich hinterfragt, eigentlich hat es keiner bemerkt. Und das Problem, dass sie diesen Schrott jetzt mindestens einmal pro Jahr zur besten Sendezeit im Ersten zeigen müssen, haben sie (zumindest bei dieser Folge) auch ganz elegant gelöst. Da an einem Wochenende nicht zwei Erstausstrahlungen laufen dürfen, bringen sie am Pfingstsonntag zu gewohnter Zeit einfach einen älteren, dafür einen richtig guten aus München. Einen, den die Deutschen gerne nochmals sehen werden und am Montag dann, wenn keine Sau mehr Lust auf Tatort hat, können sie in aller Ruhe den Schweizer verbraten. So lässt sich also das SF vom grossen Nachbarn auf der Nase rumtanzen und gleichzeitig viel Geld aus der Tasche ziehen. Das wirklich Schlimme daran ist, dass man sich im Hause zu Leutschenbach ernsthaft auf die Schulter klopft und jubiliert, dass man nun so schnell wieder in diesem Pool aufgenommen wurde. „Die damalige Rohfassung muss dermassen gut gewesen sein, dass die wichtigen Herren der ARD, die Endfassung erst gar nicht mehr sehen wollten“, denken sich die etwas weniger wichtigen Herren des SF wohl... Oder aber, war es vielleicht genauso? Lief diese Geschichte tatsächlich genau umgekehrt zu meiner Theorie, und die wichtigen Herren beim ersten Deutschen Fernsehen waren tatsächlich dermassen begeistert ob dieser Folge, dass man die Schweiz noch am selben Tag wieder als Vollmitglied haben wollte? Und sendet man vielleicht der Schweiz zuliebe am Sonntag extra eine alte Folge aus München, damit man für den Meisterstreich aus Luzern den besten Sendeplatz des Jahres frei halten konnte, den Pfingstmontag? Hhmmm…?!
Tja, lieber Leser, da überlege ich mir nächtelang, wie ich mein Barometer straffen könnte, und am Ende wird diese Ausgabe eine der längsten und eine der spekulativsten überhaupt. Und obwohl ich selber wirklich ein ganz grosser Fan von Dingen bin, die schlicht und einfach auf das Wesentliche reduziert sind, scheint mir nun auch irgendwie klar geworden zu sein, dass mein Barometer (bis auf einzelne Ausnahmen natürlich) nicht für so was geeignet ist. Es muss ausführlich, schwierig, ja geradezu langfädig und langatmig sein. Es muss sich so anfühlen, wie die Geschichte eines durchschnittlichen Tatorts. Kunst kennt kein Tempo. Und wer es kurz und knackig haben will, dem empfehle ich den „Blick am Abend“ zu lesen!

Erwartungs-Barometer: 0 
Die Note danach: 4,5

Empfehlung: Ich würde unter keinen Umständen sagen, dass diese Folge eine 0 werden wird, aber die Erwartungen liegen (wie erwähnt) bei 0!

0 = ungefähr so viel Erwartung wie von einem Schweizer Fernsehfilm!
6 = ungefähr so viel Erwartung wie von einem Schweizer Geldgeber!

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13. Mai 2012

Tatort: Der Wald steht schwarz und schweiget (Ludwigshafen)



Milde war ich gestimmt letzten Sonntag, ihr habt es gelesen. Weil es der letzte Tatort von Cenk Batu war, war ich gnädig in der Bewertung. Und wurde mein Vertrauen von der ARD gewürdigt? In keiner Art und Weise. Nun, diese Woche ist sowieso alles anders. Denn diese Woche wünschte ich mir von ganzem Herzen, dass es der letzte Tatort aus Ludwigshafen wäre, und dieses Mal gäbe es auch bei der letzten Folge weder mildernde Umstände, noch einen Hauch von Gnade. Das Ludwigshafener Barometer zu schreiben fühlt sich ungefähr so an, wie ein verkacktes Klo zu putzen. Es macht einfach keine Freude. Ich kann mich an nichts, wirklich an absolut nichts erinnern, was ich an diesem Tatort jemals gut gefunden hätte. Ok, dieses Mal gibt es zumindest ein paar Dinge dazu zu schreiben. Die Idee zur Story wäre nämlich für einmal gar nicht so schlecht. Aber ihr könnt sicher sein, dass selbst ein Funken an guter Geschichte vom Regisseuren, vom Produzenten, oder spätestens von den unendlich hölzernen Hobby-Schauspielern wieder total verkackt werden wird. Und womit wir ohne Umweg wieder bei der Fäkalsprache landen. Wie Ayoma so schön sagen würde: „Simon, dieses Barometer ist mir zu anal-banal“. Es tut mir auch wirklich leid, aber was kann ich dafür, wenn die beim SWR jedes Mal von neuem eine solche Scheisse produzieren? Heute also geht es darum, dass fünf junge Straftäter den Leiter ihres Sozialprogrammes umbringen, aus der Anstalt fliehen und danach die Kommissarin Lena Odenthal als Geisel nehmen. Mit ihr streifen sie planlos durch den Wald und unter den angespannten Flüchtlingen brodelt es gewaltig. Wie gesagt, eine vielversprechende Ausgangslage. Aber eben, was bringt eine gute Idee, wenn das restliche Team in der uralten, verstaubten Formation (seit 1989) bestehen bleibt? Richtig: Es bringt einen Scheissdreck! Und irgendwie hat man das nun nach so langer Zeit wohl auch in der Führungsetage des SWR bemerkt. Die Zuschauerzahlen sind zwar nach wie vor gut, aber da das Durchschnittsalter des Zuschauers mittlerweile wohl bei über 92 Jahren liegt, musste eine Task Force her, die den ganzen abgedrehten Schrott irgendwie an die Jungen von heute bringen sollte. Im 22. Meeting dann, wixte ein Azubi die genialste Idee aller Zeiten auf den Tisch. Haltet euch fest:  „Man muss die Facebook & Twitter Generation über das Internet abholen“. Sämtliche TV-Kreativ-Angestellten aus ganz Rheinland-Pfalz gaben Standing Ovation und der 18jährige Kaffeekocher wurde von seinem 150 Euro Praktikum direkt in die Geschäftsleitung der ARD befördert. Der Jüngste aller Zeiten, aber eine solch bahnbrechende Idee, muss nun wirklich gebührend belohnt werden. Eine polnische Edel-Nutte, die ihn auf Lebzeiten zu jeder gewünschten Zeit, an jedem erdenklichen Ort anständig verwöhnt, gab es selbst verständlich oben drauf. Wie man aber diesen Tatort mit dem Netz verknüpfen sollte, wusste eigentlich keiner so genau. Also wird nun der Fall am Ende nicht ganz gelöst sein und so kann der Zuschauer danach im Internet selber noch ein bisschen miträtseln und mitlösen. Da jeder Zuschauer unter 80, bei dem der graue Star noch nicht im Endstadium ist und der somit zumindest noch die Schattierungen der Darsteller erkennen kann, spätestens nach 20 Minuten eingeschlafen wäre, versucht man sie (zumindest die Jüngsten) nun also über die ganze Folge wach zu halten, mit der Aussicht danach noch selber ermitteln zu können. Und was wünscht sich der Jugendliche von heute mehr, als im Internet mit einem fetten Schleimsack und einer endlangweiligen Lesbe ein altbackenes Cluedöchen zu spielen.  Ja, das ist der Traum unserer Facebook Generation und Ludwigshafen  wird mit einem Knall zum Tatort des neuen Jahrtausends. Ich für mich jedoch hoffe, dass man als Mitspieler dermassen schlecht ermitteln kann, dass die Ödenthal für immer in den Weiten der Ludwigshafener Wälder verschollen bleiben wird!

Erwartungs-Barometer: 2,5
Die Note danach: 2,5

Empfehlung: Egal wie internet-trendy-jung-hip man sich gibt, Scheisse wird nie zu Gold. Scheisse wird noch nicht einmal zu Holz oder zu halber Scheisse. Nein, Scheisse bleibt Scheisse!

0 = ungefähr so viel Erwartung wie von irgendeiner Scheisse!
6 = ungefähr so viel Erwartung wie von… ach was weiss ich!

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6. Mai 2012

Tatort: Die Ballade von Cenk und Valerie (Hamburg)



Nun ist es also soweit. Der letzte Hamburger Tatort mit Cenk Batu. Ich gebe zu, sogar für mich schwingt etwas Wehmut mit. Mehmet Kurtulus ist unbestritten ein ganz grosser Schauspieler. Er wird wohl nicht nur mir, sondern all den eingefleischten Tatort Fans fehlen. Die Kritiken waren zwar steht‘s gut, aber die Quoten einfach zu schwach. An ihm lag es sicher nicht, und es gab ja auch wirklich gute Folgen, aber die Grundgeschichte funktionierte offensichtlich für einen Grossteil der Zuschauer nicht. Und das ist genau das, was ich in meinem letzten Hamburg Barometer so kritisiert habe. Jede Geschichte für sich, jede einzelne Folge, würde ins sich selber vielleicht als Undercover Story funktionieren. Aber vor ein paar Monaten hat sich Kommissar Batu binnen weniger Wochen an die Spitze der St. Pauli Al-Qaida geschummelt und heute, kein halbes Jahr später ist er als Bankenexperte unterwegs. Das geht nicht. Solche Agenten opfern oft ihr ganzes Leben, um zumindest irgendwann mal an so was wie den Neffen oder den Friseur eines wichtigen Mannes zu kommen. Und hier, zege zege und der Bato ist Best Buddy und Bombenbauer vom gefährlichsten Mann Deutschlands. Nebenbei noch schnell mit dem Handy seine neue Flamme angerufen (sich also dermassen dumm verraten) und ein halbes Jahr später knackt er schon wieder die nächste Organisation oder die nächste Firma. Notabene alles an der Alster. Das ist einfach zu unglaubwürdig. Selbst Kurtulus meinte in einem Interview: „Man kann nicht 30 Jahre in derselben Stadt verdeckter Ermittler sein“ und versuchte damit wohl seinen überraschend frühen Abgang zu rechtfertigen. Aber er hat Recht und sein Terror-Tatort hat dieses Manko nur noch unterstrichen. Weit übers Ziel hinaus geschossen. Aber lassen wir das alles nun beiseite. Es geht ja dieses Mal nicht um eine Schläfer Zelle, sondern um eine verdeckte Ermittlung in einer Bank. Klingt zwar wesentlich realistischer, aber die Story wird wieder dermassen übertrieben und überladen sein, dass ich eigentlich zum hanseatischen Rundumschlag ausholen müsste. Werde ich aber nicht tun. Für einmal bin ich milde gestimmt und lasse Gnade walten. Schauen wir diesen letzten Tatort doch einfach als einzelne Geschichte an. Geniessen wir zum Abschluss noch einmal einen wirklich spannenden Fall, mit einem wirklich guten Ermittler. Denn die wirre Story verspricht eben auch einen surrealen und äusserst temporeichen Abend.
Der letzte Tatort also vor der Ära Til Schweiger. Ich war ja einer der wenigen unter den Tatort-Fans, die sich über diese News gefreut haben. Ich war mir sicher, dass der NDR mit einem solchen Superstar eine richtig gute Story entwickeln werden wird. Jetzt, ein paar Monate später, ist meine Euphorie „leicht“ geschwunden. Mittlerweile geht man davon aus, dass der Schweiger den Tatort auch gleich mitproduzieren wird. Was darauf hindeuten würde, dass er sich vielleicht doch einen Kleinohrkokoowääkükenhasen-Kommissaren auf den Leib schneidern lässt. Und das wiederum wäre natürlich eine absolute Katastrophe. Jedenfalls hat er sich schon mal mächtig Feinde geschaffen, in dem er als erste Amtshandlung gleich den verstaubten Vorspann erneuern wollte. Ich bin zwar definitiv seiner Meinung, aber die Kenner kreischten auf und Til wurde selbst von andern Kommissaren übel gerügt. Wie es wirklich werden wird, wissen wir wohl erst Anfang 2013.
Til Schweiger hat zumindest in einem BZ-Interview schon mal viel Action versprochen und er meinte: "In den ersten fünf Minuten von meinem Tatort wird mehr die Post abgehen als in den letzten 20 Tatort-Folgen zusammen". Wir sind gespannt.

Erwartungs-Barometer: 5
Die Note danach: 4,5

Empfehlung: Gönnen wir Cenk Batu einen würdigen Abschied, drücken paar Augen zu und lassen uns mitreissen!

0 = ungefähr so viel Erwartung wie von T. Fink als Retter beim HSV!
6 = ungefähr so viel Erwartung wie von R. Schmutz als Superstar beim ETV!

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