24. März 2013

Tatort: Sum Sum Sum (Münster)




Münster ist ja die sogenannte Kriminalkomödie unter den Tatort-Geschichten. Münster soll Leute amüsieren, Münster soll Leute zum Lachen bringen. Und ja, als Münster damals mit diesem Konzept angefangen hatte, musste auch ich hie und da etwas schmunzeln. Ein cleveres Konzept, welches sehr gut umgesetzt und grossartig besetzt wurde. Über Jahre funktionierte das auf relativ hohem Niveau, heute aber ist das Lachen verstummt. Ein Barometer über Thiel und Boerne zu schreiben fühlt sich an, wie eine tiefe Depression. Und zwar nicht nur, weil ich schon lange nicht mehr darüber lachen kann, sondern auch, weil ich es äusserst beängstigend finde, dass es immer noch über 10 Millionen Deutsche können. Oder muss ich vielleicht „konnten“ schreiben?
Ich denke, mit der letzten Folge schossen sich die Macher von Münster gleich selber ins Knie. Der absolute Tiefpunkt dieser Reihe wurde erreicht. Tiefer kann man nicht mehr sinken. Wirklich erbärmlich, wenn die Kommissare nur noch irgendwelchen Ziegen nachrennen und Kühe schwängern müssen. Mit dieser Folge hat Münster sicher viele Fans verloren, wenn doch selbst die 2-3 „anonymen Freunde des Münsteranischen Tatorts“ unter meinen Lesern ehrlich zugeben mussten, dass es so nicht weitergehen kann. Wenn es am Ende gar keinen Kriminalfall mehr gibt, vor lauter Blödeleien, wenn es nur noch darum geht, möglichst dämliches Fernsehen zu machen, dann fehlt dem Tatort irgendwie irgendwas. Und da funktioniert auch das Argument nicht mehr von der Tatort-Persiflage, die Münster immer irgendwie sein wollte. Für so was kann ich Switch reloaded schauen und muss nicht die wertvolle Krimizeit am Sonntagabend verschwenden.
Positiv an dieser Tatsache ist natürlich, dass es nach einem Tiefpunkt nicht mehr tiefer gehen kann. So sagen es die Gesetze der Natur. Und weil es aus mathematischer Sicht ein unendlicher Zufall wäre, wenn die neue Folge nun genau gleich schlecht wäre, wie der Tiefpunkt, also quasi das Egalisieren des Tiefpunktes, kann es aus theoretischer Sicht bei dieser Folge nur besser werden. Und das wird es nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Besser, aber immer noch weit weg, von einem gelungen Tatort.
Eine Frauenleiche im Müll, Ticket von Schlagerkonzert in ihrer Tasche, Schlagerstar weilt zufällig in Münster, seine Groupies natürlich auch, jede Menge Zufälle und Beweise, die irgendwoher kommen, Logik spielt ja keine Rolle. Und da Dr. Boerne momentan zwei Bananenspinnen in seiner Wohnung hat, übernachtet er in einer Honeymoon-Suite, die zufälligerweise gleich neben dem Zimmer des Schlagerstars platziert ist. Tja, Münster ist klein, so was kann schon mal passieren. Aber weil die Spinnen alleine doch noch nicht gefährlich genug sind, wird am Ende ein ehemaliges Bandmitglied auch noch von einer Biene ermordet. Verstanden? Ich auch nicht. Aber das ist ja auch total egal. Eine Geschichte muss doch keinen Sinn ergeben. Hauptsache sie ist lustig, und Deutschland klopft sich 90 Minuten auf die Schenkel. Mal sehen, wie viele das noch so sehen und Münster weiterhin sehen.

Erwartungs-Barometer: 3.5
Die Note danach: Keine Bewertung möglich, da ich nur die letzten 20min gesehen habe.
(Zu meinem ganz grossen Glück. Mir wurden ganz unerwartet 70min zufriedenes Leben geschenkt!)

Selten hat ein Titel eines Tatorts, nicht nur den Inhalt der jeweiligen Folge, sondern eben auch den momentanen Geisteszustand dieser gesamten Tatort-Reihe, besser beschrieben als heute:
Summ summ summ! Bla bla bla!

0 = Ungefähr so viel Erwartung wie von jeder x beliebigen Schlagerparty.
6 = Ungefähr so viel Erwartung wie von jeder x beliebigen Schlagerparty, mit den griffigen Fribourgeois im Gepäck!

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17. März 2013

Tatort: Schwarzer Afghane (Leipzig)



Tatort 1 nach Til Schweiger. Viel wurde nun darüber geredet, geschrieben und diskutiert. Fakt ist, „Willkommen in Hamburg“ hatte die beste Quote seit 20 Jahren (Münster ist also endlich entthront) und  bewegte die Gemüter in ganz Deutschland. Natürlich wird ein Tatort dieser Art bei mir niemals die volle Punktzahl erreichen können, aber in seinem Genre war der wirklich gut gemacht!
Mit der Tochter/Ei-Geschichte bewegte der Mann sich zwar auf ganz, ganz dünnem Eis, aber für mich ist es knapp nicht eingebrochen. Wenn der Til bei seinen Kindern doch auch ein solch feines Gespür hätte, ob sie talentierte Schauspieler sind oder nicht. Aber egal. Von Hollywood und Popcorn haben wir jetzt ein Jahr lang Ruhe und das ist auch gut so. Nun können wir uns wieder unseren altbekannten Freunden widmen:
Leipzig - der Talentierte und die Operierte.
Der letzte Fall aus Leipzig mit den prügelnden Bubis war etwas vom Besseren im 2012, und ich hoffte natürlich sehr, dass der MDR dieses Niveau einigermaßen halten kann. Mit folgender Ausgangslage könnte das jedoch etwas schwierig werden.
Terroranschlag in Leipzig, geklaute US-Signalraketen, afghanisches Haschisch und afghanische Leiche… Klingt nach einer sehr komplexen Story mit viel Erklärungsbedarf.
Und trotzdem dringt irgendwo auch ein kleiner Zipfel Zuversicht zu mir durch. Angeblich kriegt Kommissar Keppler endlich mal den Hauptlead und das Haserl muss für einmal a bissl im Hintergrund hoppeln. Das kann dem Tatort nur gut tun. Zudem klingt die Geschichte schwarzhumorig, und die Leipziger schaffen angeblich einen gewissen Spannungsbogen bis zum Schluss. Trotz haarsträubender Ausgangslage also, könnte dieser Tatort knapp an den letzten aus Leipzig anknöpfen. Und als Zückerchen für alle Schweizer, spielt unser Superstar Anatole Taubmann mit. (Obwohl - wenn ich an seinen Auftritt als Bösewicht im James Bond denke, könnte das Zückerchen bitterer nicht schmecken.)

Erwartungs-Barometer: 4.5
Die Note danach: 4.5

Es zerriss mir jeweils fast das Herz, wenn ich mit ansehen musste, wie sich ein solch grosser deutscher Schauspieler wie Martin Wuttke, durch solch unterirdisch schlechte Storys kämpfen und nebenbei noch die Anzulernende Thomalla 90 quälende Minuten mitschleppen musste. Die werden wir leider nicht los, aber wenn sie nun wirklich etwas in den Hintergrund rücken wird, und die Drehbücher weiterhin besser werden, könnte Leipzig tatsächlich irgendwann wieder richtig Spass machen. Die Stadt und Wuttke hätten es verdient. Wir auch!

Eine 0 ist immer noch mehr als das momentane Ausgangsverhalten von R.S. ehemalig aus W.
Eine 6 war mal vor langer Zeit das Ausgangsverhalten von R.S. ehemalig aus W.

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14. März 2013

Spannender Kommentar zu Hamburg


Ich habe einen äußerst interessanten Blogeintrag gekriegt. Er hat mich insofern extrem gefreut, weil er mir gezeigt hat, wie aufmerksam das Barometer zum Teil gelesen wird. Das weiss man ja nie so genau. Spannend daran ist, dass dieser Eintrag eine grosse Schwäche des Barometers offenbart. Er zeigt auf, wie labil der Autor in seinen Einträgen ist, wie sehr er sich von ganz bestimmten Gefühlen leiten lässt, und wie irgendwie jeden Sonntag ein anderes Mass gilt.
Und irgendwie fand ich diesen Aspekt so interessant, dass ich ihn gerne als Blogeintrag mit euch teilen möchte.

Auszug Kommentar:

Kriminaltango hat gesagt…
„Mit der Bewertung des Tatorts bin ich überhaupt nicht einverstanden. Wie kann man die Schauspielqualitäten von Maria Furtwängler in Frage stellen, aber gleichzeitig Til Schweiger über den grünen Klee loben obwohl dieser ungefähr gleich viel Mimik besitzt. Der Spagat zwischen bemühten alleinerziehenden Vater und knallhartem Action-Cop war nie unglaubwürdiger inszeniert. Til Schweiger versuchte mit diesem Tatort seine Kitafilme mit einem Schuss Hollywood Actionfilm zu vermischen, doch das Resultat war noch schlechter als seine letzten Filme (wer sich Kokowähh2 oder Keinohrhasen2 anschaut weiss wovon ich spreche. Ok der eine ist ein Kinderfilm…). Das Element mit dem Flirt mit der Staatsanwältin wirkt vielleicht im Kindergarten (wie mit der Schauspielerin in Keinohrhasen) noch einigermassen glaubwürdig aber war völlig aufgesetzt. Das Zusammenspiel mit seiner Tochter funktionierte in Kokowääh ebenfalls sehr gut, aber bitte mit einer 15jährigen Tochter, der man noch das Frühstücksei mache da hört der Spass auf. Eigentlich strotzte der gesamte Tatort nur so von unrealistischem Plunder wie die live Hacking-Szenen oder die per Zufall offene Baustelle an der Elbphilharmonie. Seine geile Assistentin verkümmerte in ihrer Rolle und der Hackerbuddy hat eher in einem Eddie Murphy Film etwas zu suchen als beim guten alten Tatort. Ok es geht um Unterhaltung und zumindest das ist dem Tatort einigermassen gelungen. Dass die Krankenschwester von Goodbye Lenin noch die Krankenschwester im Spital war (glaub ich zumindest), war einer der raren Höhepunkte für mich. Ich gebe ihm eine knappe 4.25“


Antwort vom Barometer:

Lieber Kriminaltango

Herzlichen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich ehrlich extrem, wie aufmerksam du meine Beträge liest. Mein Blog könnte unbeständiger nicht sein, oft ist er gespickt mit Widersprüchen, aber nur selten kriege ich ein Feedback, welches das bemängelt. Ich habe also keine Ahnung, wie sehr sich meine Ambivalenz beim Leser überhaupt bemerkbar macht. Und nun weist du mich ausgerechnet auf eine Sache hin, die mir selber gar nicht so aufgefallen ist. Lassen wir mal die ganze Story, und die nicht vorhandene Glaubwürdigkeit beiseite und konzentrieren uns auf deinen Hinweis, was die Hauptdarsteller von Hamburg und Hannover angeht. Du hast natürlich zu 100% Recht. Es ist schon ziemlich grenzwertig, die Furtwängler als eine, zwar clevere, aber schlechte Schauspielerin zu betiteln, wenn ich gleichzeitig den Schweiger für eigentlich genau dieselbe Sache, als hervorragenden Schauspieler hochleben lasse. Das funktioniert so überhaupt nicht und beweist, wie sehr dieses Barometer von meinen jeweiligen Tageslaunen abhängig ist. Es hält sich an keinen klaren Maßstab und basiert auch irgendwie auf einer Null-Relevanz-Strategie.

Und doch:

Was ich zu meiner Verteidigung anfügen kann, ist die Tatsache meiner lang erforschten Furtwängler-Studie. Von Maria Furtwängler habe ich in der letzten Zeit viele Tatorte gesehen und habe das in meiner Studie intensiv ausgewertet. Von Til hingegen habe ich seit Jahren nichts mehr gesehen. Ich kriege jeweils schon beim Trailer seiner Teddybär-Filme konstanten Brechreiz, darum konnte ich ihn vor dem Tatort eigentlich auch nicht richtig beurteilen. Ich glaube der letzte deutsche Schweiger-Film, den ich gesehen habe war Barfuss, und da fand ich ihn ziemlich gut. Aber auch das kann einfach eine Laune oder eine Stimmung gewesen sein. Vielleicht hat der damals irgendwo grad meine tiefromantische Ader getroffen. Wenn ich nämlich jetzt daran denke, dann bin ich mir nicht sicher, ob ich den wirklich noch gut finden würde. Der strotzt ja auch vor purer Sülze.

Wenn ich nun also in einem Kurzverfahren Til Schweiger nach der Furtwängler-Studie bewerten müsste, dann käme ich wohl tatsächlich exakt auf dasselbe Resultat wie bei Maria. Beide sind nicht wirklich gute bzw. vielseitige Schauspieler, aber beide sind sehr clever und spielen in ihrem spezifischen Fach jedoch sehr gut! Das würde ich genauso unterschreiben…

… wenn es nicht doch einen ganz grossen Unterschied geben würde:

Til Schweiger ist für mich der wesentlich spannendere Typ. Für mich ist Frau Furtwängler als Person, als Mensch die pure Langeweile, hingegen einer Bar-Tour durch Berlins Kneipen mit dem Herrn Schweiger, wäre ich definitiv nicht abgeneigt. Ich weiss, das hat nichts mit dem schauspielerischen Können zu tun, aber dafür umso mehr mit der Wahrnehmung jedes einzelnen Zuschauers (von denen ich nun mal einer bin). Auch wenn unter dem Strich vielleicht beide nicht die grössten Schauspieler sind, so interessiert er mich als Figur 100mal mehr. Und das Interesse an einem Menschen, an einer Figur, ist zwar selbstverständlich noch objektiver gesteuert, als die Bewertung des schauspielerischen Talents, aber dieses Interesse, ist extrem wichtig. Daran denkt man viel zu wenig, und es fällt den meisten gar nicht auf. Es gibt beste Hollywood-Schauspieler, die für ihr unheimliches Können gefeiert werden, die man in x verschiedenen Rollen sieht, über die man staunt und frohlockt, aber wenn man ganz genau hinschaut, sieht man auch bei denen, dass sie eigentlich immer nur genau dasselbe machen. Egal ob Komödie, Liebesfilm oder Mafiaepos. Sie spielen einfach nur sich selber. Man würde sie alleine an ihrem Schatten erkennen, egal in welchem Film. Aber da sie extrem spannende Typen sind, funktionieren sie in solch verschiedenen Rollen, und man kann nicht anders, als ihnen zusehen zu wollen. Diese Gabe macht sie so einzigartig. Til würd ich natürlich nicht grad in diese Kategorie heben, aber ich schaue im doch gerne zu. (Wenn er nicht grad mit seiner Tochter knuddelt). Womit wir wieder am Anfang der Diskussion stehen. Ich bleibe dabei und bewerte Til Schweiger höher, als Maria Furtwängler. Nicht weil er ein besserer Schauspieler ist (du hast absolut Recht mit deinem Einwand), sondern einfach weil ich ihm wesentlich lieber zuschaue. So komplex das Barometer manchmal scheint, so simpel gestrickt ist unter dem Strich, der der es schreibt! Und darum funktioniert plötzlich auch die abstruseste Unterhaltungs-Story, während mich bei andern Folgen selbst kleine Fehler in der Geschichte, völlig aus dem Tatort werfen.

Absurd, aber irgendwie auch logisch simpel!
Das Barometer