23. Februar 2014

Tatort: Brüder (Bremen)



Ich kenne mich ja nicht wirklich aus mit realer Polizeiarbeit, aber ich gehe davon aus, dass der Ablauf eines Deliktes normalerweise ungefähr wie folgt vonstattengeht.

1. Es passiert ein Verbrechen (z.B. ein Mord).
2. Jemand entdeckt dieses Verbrechen (z.B. den Mord).
3. Dieser Jemand ruft die Polizei.
4. Die gerufene Polizei rückt aus und informiert je nach Schwere des Verbrechens (z.B. eines Mordes) die Mordkommission.
5. Die Mordkommission begibt sich zum Tatort und trifft da und wirklich erst da zum allerersten Mal auf das Opfer!
6. Die Mordkommission nimmt ihre Arbeit auf und trifft im Zuge der Ermittlungen irgendwann zum allerersten Mal auf den mutmasslichen Täter.
7. Die Mordkommission klärt den Fall auf - oder eben auch nicht.

Warum insbesondere Punkt 5 und 6 mittlerweile bei jedem zweiten Tatort schlicht ignoriert werden, ist mir ein absolutes Rätsel. Warum nur müssen die Kommissare immer schon genau da sein oder da  gewesen sein, wo der Mord passiert? Wir Zuschauer sind mittlerweile schon dermassen verblödet, dass wir diesen ultrakrassen Fehler im Drehbuch einfach so hinnehmen. Aber das ist nicht ok. Ich werde das ab jetzt nicht mehr akzeptieren, ich werde keine zwei Augen mehr zudrücken, und ich werde diesen Hänger zu Beginn eines Tatorts ab jetzt mit einem satten Punkteabzug bestrafen. Schlimm daran ist vor allem, dass es meistens absolut nicht notwendig wäre. Nehmen wir als Beispiel den Tatort vom letzten Sonntag. Warum mussten die zwei Kommissare genau einen Abend vor dem Mord in diesem Zirkus gesessen haben? Das ist doch total unglaubwürdig. Man hätte den Zirkus in der Anfangssequenz auch ohne Odenthal und Kopper zeigen können. (Am besten hätte man sowieso den ganzen Tatort ohne die zwei zeigen sollen. Aber das ist ein anderes Thema). Das hätte alles auch ohne Ermittler im Publikum funktioniert. Dieser sogenannte „Tatort-Beginn-Zufall“ wurde wirklich zu einer unmöglichen Saumode. Die einen sitzen am Abend vorher in der Vorstellung, andere sitzen sogar während dem Verbrechen im Zirkus, einer schläft im Park seinen Rausch aus und wird Zeuge eines Mordes, das ist doch Quatsch. Solche Zufälle gibt es im richtigen Leben schlicht nicht jeden Sonntag. Ich erwarte ab jetzt auch in dieser Sache ein gewisses Mass an Authentizität. Erst passiert der Mord, danach kommen die Ermittler dazu. Alles andere muss entweder extrem gut eingebaut werden und Sinn ergeben, oder aber, es wird von mir nicht mehr goutiert.

Bei diesem Tatort aus Bremen scheint zumindest dieser Teil zu funktionieren. Zwei Polizisten werden zu einem Notruf geschickt, der artet aus und danach kommen die Kommissare ins Spiel. Feiner Einstieg also. Was den Rest der Story angeht, bin ich jedoch wesentlich weniger zuversichtlich. Es gab die Zeit, da war Bremen eine Art Geheimtipp. Keiner redete davon, keine grossen Explosionen, keine grosse Presse, aber immer gute, solide Geschichten, mit guten, soliden Schauspielern. Die Erwartungen waren nie übertrieben hoch, aber Bremen war lange Zeit eine ruhige und eine gute Fünf. Mir hat das gepasst. Es war quasi mein sicherer Hafen - Der Bremer Hafen.
In der letzten Zeit jedoch hat sich das irgendwie geändert. Die Drehbücher rutschten in Richtung knapp genügend. Der hübsche Kommissar verduftete nach Afghanistan. Also kam ein Dicker. Der Dicke war aber auch der Liebe, und so hüpfte die Alte bald einmal mit dem dicken Lieben in die Kiste. Die Alte fand das so gut, dass der dicke Liebe kurzerhand bei ihr einzog, während der Hübsche immer noch im Kriege weilte. Da das irgendwie nicht wirklich funktionierte, war der liebe Dicke auch bald schon der Tote. Messer im Rücken auf dem Präsidium. Die Alte war die Geschockte, und irgendwie nicht mehr die Alte. Der Hübsche kam zurück, war aber auch nicht mehr der Alte. Und so beginnt bei dieser Folge eigentlich alles wieder beim Alten, nur dass die Alte und der Hübsche jetzt irgendwie beide die Traurigen sind.
Wieviel davon in dieser Folge noch zu spüren sein wird, kann ich nicht sagen. Aber nach diesen absurden Auswüchsen gehe davon aus, dass das Private nun hoffentlich wieder in den Hintergrund rücken wird. Soviel traue ich Bremen immer noch zu. Am Thema selber jedoch lässt es sich leicht scheitern. Es geht um eine arabische Grossfamilie, welche die ganze Hansestadt im Griff hat. Also um die Deutsche Angst, vor der Übermacht dieser muslimischen Bushido-Clans. Ob Bremen in der momentanen Verfassung diesem Thema gewachsen sein wird, wage ich zu bezweifeln. Eben erst ist Leipzig massiv gescheitert mit dem türkischen Honig.

Erwartungs-Barometer: 4.5
Die Note danach: 4.5

„Spannung, Tempo, Emotionen“ ist über diesen Tatort zu lesen, eine richtige Gangstergeschichte erwarte uns! Klingt doch eigentlich alles ganz gut, aber wie schaut es mit den Klischees aus? Wie kann dieses heikle Thema glaubwürdig umgesetzt werden? Schwierig bis unmöglich! Oder überrascht mich Bremen einmal mehr?

0 = Unmodernes
6 = Modernes

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16. Februar 2014

Tatort: Zirkuskind (Ludwigshafen)



Als ich neulich im Zug zur Arbeit fuhr, bekam ich ein Gespräch zweier gesetzteren, wenn auch ziemlich eleganten Damen mit, welche im Abteil neben mir sassen. Sie diskutierten lautstark und äusserst leidenschaftlich über die Pflege und insbesondere über die Rasur ihrer Pudel. Bis zu diesem Tage hatte ich ja keine Ahnung, welch Wissenschaft hinter sowas steckt. Man muss sich zuerst entscheiden, ob man sein geliebtes Hündchen bei einer Ausstellung in Modeschur zeigen will, oder ob man es, natürlich nur der Freude des Tieres wegen, zwischendurch einfach mal bis auf die Knochen scheren (blamieren) möchte. Falls man sich für die Modeschur entscheidet, ist es von eminenter Wichtigkeit, dass der Pudel gut gebaut ist. Ansonsten kann selbst ein Profi-Groomer (äusserst stolz wurde dieser Begriff mehrmals in perfektem Solothurn-Englisch erwähnt) kaum was raus holen. Soviel habe ich kapiert. Etwas schwieriger wurde für mich das Gespräch, als die eine der andern das Buchsbaum-Prinzip erklärte. Klingt nach einer absoluten Traumfrisur, dieser Buchsbaum und steht angeblich einem jeden dieser niedlichen Mäuschen. Ob klein oder gross, ob kräftig oder eher dürr. Leider wurde das Gespräch zu diesem Thema so fachfrauisch, dass ich mir die Ausdrücke nicht alle merken konnte. Im Nachhinein ist es natürlich äusserst bedauernswert, dass ich keine Notizen gemacht habe. Nur so könnte ich das jetzt auch absolut realitätsnah weitergeben. Aber die Hauptpunkte sind mir geblieben. Genau wie bei jeder andern Schur ist auch beim Buchsbaum-Prinzip ziemlich wichtig, dass der Hund vor dem Scheren gut gebadet wurde. Es ist ja bekanntlich für die Scherköpfe nicht sonderlich schonend, wenn sich im Fell Sand und Steinchen befinden. Und apropos Fell. Darüber lässt sich einiges lernen. Zum Beispiel, dass das Fell aus Unterwolle und Deckhaar besteht, und dass es ehrlicherwiese gar nicht wirklich nötig wäre, den Hund zu scheren, aber er fühlt sich jeweils nach der Rasur schon wesentlich behaglicher. Ja, das konnten beide kopfnickend bestätigen. Es ist eine Art Befreiung für einen jeden der Pudel. Pudelwohl fühlt er sich danach, gackerten und kicherten die Frauchen sich gegenseitig zu. Wohl einer der Running-Gags an den rassigen Hunde-Shows. Und gerade als ich Einzelheiten über die Wald-und-Wiesen Schur bekommen hätte, war unser Zug auch schon am Ziel. Schade eigentlich, ich hätte gerne noch ein bisschen zugehört.
Nun fragt ihr euch bestimmt, wie um Himmels Willen ich von dieser Geschichte nun einen Link zum Tatort machen will/kann? Was das alles überhaupt mit dem Tatort zu tun haben soll? Ich muss euch enttäuschen: Nichts! Absolut  NICHTS!!! Aber ich stelle euch die Gegenfrage. Was zum Teufel soll dieser Tatort aus Ludwigshafen mit Tatort zu tun haben? Seht ihr, absolut NICHTS!!! Und wenn Frau Ödenthal und Herr Flopper seit mehr als 20 Jahren Tatorte machen, die so gut wie nichts mit Tatort zu tun haben, kann ich doch im Barometer auch über das Buchsbaum-Prinzip erzählen. So wie es ausschaut, kann hier ja eh jeder machen was er will. Einfach mit dem grossen Unterschied, dass mit diesem Schrott-Tatort die halbe Belegschaft des SWR durchgefüttert wird, während ich für meine Pudel Story keinen Cent kriege. Das Niveau jedoch ist bei beiden abgrundtief schlecht.
Dieses Mal geht es in den Zirkus? Ach, mal was ganz neues. Hatten wir in der letzten Zeit zum Glück noch gar nicht. Nun, mit diesem Traum von einem Gespann, wird sich auch der fröhlichste Clown in der Manege am Ende eine Kugel in den Kopf jagen. Insofern könnte das Milieu schon seinen Reiz haben. Aber bevor ich auch nur einen weiteren Satz darüber schreiben kann, kommt mir auch schon wieder die Galle hoch. In Bezug auf das letzte Barometer zu Ludwigshafen habe ich mir geschworen, dass ich in diesem Jahr sicher nicht wieder nach Italien fahren werde. Nun ist gerade mal Mitte Februar und wir müssen uns diese Autogrill Kacke schon wieder antun.

Erwartungs-Barometer: 2
Die Note danach: Der gestandene Barometer-Leser sollte eigentlich genügend sensibilisiert sein, dass er von mir nicht erwartet sowas auch noch zu benoten.

Zumindest wissen nun auch die Leser, welche der Barometer-Depressivität sehr skeptisch gegenüber stehen, wovon ich rede, wenn ich die Dürre 2014 erwähne. Die 2-3 Pflänzchen, die dank Berlin aus dem Boden schossen, sind spätestens nach dieser Folge wieder verrottet und langsam aber sicher werden auch die letzten Trinkwasserreserven knapp. Uns droht der Tod durch eine Tatort-Verdurstung oder durch die langweiligste Zirkusnummer aller Zeiten.

0 = Ein durchgestylter Pudel
6 = Ein anständig zerzauster Strassenköder

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9. Februar 2014

Tatort: Der große schwarze Vogel (Berlin)



Tatort Berlin - mein grosses Sorgenkind!
Natürlich gibt es wesentlich schlechtere Tatort-Reihen, aber bei keiner anderen Stadt klaffen Barometer-Anspruch und Tatort-Realität dermassen auseinander wie bei Berlin. Über Jahre hinweg dümpelten die in einer Lethargie, die ich mir bei diesem Potential an prallem Leben einfach nicht erklären konnte. In den letzten paar Folgen jedoch, liess sich der Hauch eines Aufwärtstrends erkennen. Und ausgerechnet in dem Moment, in welchem die Drehbücher aus Berlin ein Fünkchen an Klasse aufblitzen liessen, hat sich der RBB nun doch noch entschieden, einen kompletten Neuanfang zu starten. Seit Jahren habe ich mir das gewünscht, aber nun, da es endlich soweit ist, schwingt doch etwas Wehmut mit. Nicht etwa wegen den Machern, welche sich nun etwas mehr Mühe geben, absolut nicht. Nein, es ist wegen den zwei Kommissaren. Ich mochte die immer sehr. Nur dank ihrem Talent ist der Berliner Tatort nie in die unterste Kaste abgerutscht.
Genau wie für uns kam nun aber auch für die Zwei das Ende ziemlich unerwartet. Das Duo und der Tatort Berlin sind also fast wie ein altes Ehepaar, welches ein Leben lang nicht richtig glücklich ist zusammen, alle Zuschauer spüren das, aber erst mit 70, wenn wirklich niemand mehr damit rechnet, lassen sie sich dann doch noch scheiden, da trennt sich der Tatort dann doch noch von diesem Team. Die Schauspieler kämpften über Jahre mit solchen Scheiss-Storys, und nun, als die Folgen endlich etwas besser wurden, werden sie gefeuert. Der im Tatort mittlerweile weit verbreitete „Dilettantismus maximus“, ist wirklich immer weniger zu ertragen. Und so hat der Kommissar Ritter, der starke (jedoch nicht zu verwechseln mit dem Stark, gell Gabi), das einzig Richtige getan und gesagt, dass die Macher sich die im grossen Stil geplante Abschlussfolge irgendwohin stecken können. Er jedenfalls werde sicher nicht mehr zur Verfügung stehen. Abschiede sind nicht so sein Ding. Der spricht mir aus der Seele, der Ritter. Und so wird man heute den starken Ritter leider zum allerletzten Mal sehen.
Kommissar Stark hingegen, auch stark, aber der schwächere (nicht zu verwechseln mit dem Ritter, gell Gabi), war in diesem Punkt nicht ganz so stark, wie der Stärkere und kriegt somit nun eine grosse Solofolge zum Abschluss. Natürlich stark, für den Stark, aber halt doch schwächer, als der wirklich Starke. Soweit sind wir aber noch lange nicht. Die wird erst gedreht und nun kriegen wir eine mässig starke Abschlussfolge vom Duo Ritter und Stark zu sehen. Eine Briefbombe, welche für einen Radiomoderator gedacht war, tötet tragischerweise einen spielenden Jungen. Irgendwie passt es perfekt in die Geschichte des Berliner Tatorts. Was stark beginnt, droht am Ende doch wieder in die typische Beziehungsdrama-Lethargie abzurutschen. Ein paar starke Momente und starke Kommissare, aber sonst eher schwach, ist zu befürchten.

Aber wie es nun halt mal ist mit Berlin und mir...

Erwartungs-Note: 5
Die Note danach: 4.5
Schauspieler waren stark, Stark stärker und Ritter am stärksten. Der Tatort wäre eigentlich auch ganz gut gewesen, nur hat der Drehbuchautor irgendwie vergessen die Hälfte aller Fragen aufzulösen. Das war leider etwas weniger ritterlich. Schade.

...wenn sich auch nur ein Staubkorn an Qualität erahnen lässt, dann werde ich schwach und all die quälenden Sonntagabende, die ich mit dem Berliner Tatort oder mit Reggae auf der Hoppetosse verschwendet habe, sind vergessen. Ich gebe auch bei der letzten Folge mit Ritter und Stark die Hoffnung nicht auf, dass es doch noch eine stärkere Folge geben könnte. Ich glaube an Berlin, wie immer! Na, zumindest kann ich danach nicht mehr so stark enttäuscht werden, ich Schwachkopf, ich.

0 = Schwache Stärke
6 = Starke Schwäche

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