9. Juni 2014

Tatort: Freigang (Stuttgart)


Bei der ARD läuft seit ein paar Wochen ein neues Quiz mit Jörg Pilawa. Das Quizduell! Eine Show, bei welcher nicht nur Kandidaten im Studio sitzen, sondern auch die Zuschauer zuhause über eine App live mitspielen können. Funktioniert hat es während den ersten Wochen nicht ein einziges Mal. Server immer zusammen gebrochen. Unter dem Strich war es also einfach eine Quizshow mit Kandidaten im Studio. Nichts desto trotz ist natürlich bei einer interaktiven Show, bei welcher die Zuschauer live miteingebunden werden, die Sendezeit von eminenter Wichtigkeit. Und um sich am Ende für den genialen 18.00 Uhr-Slot zu entscheiden, brauchte es meines Wissens schlanke acht Programmplanungssitzungen. Bei der sechsten, hatte ich die grosse Ehre dabei sein zu dürfen. Anwesend waren neben mir folgende vier Personen:

Hr. Meyer / Chef Programmplanung Gesamtdeutschland
Hr.  Richter / Vize-Leiter Programmstruktur Gesamtdeutschland /Chef Programmplanung Baden-Württemberg und Bayern
Hr. Schulz / Leiter Programm Inhalte Nordwestdeutschland / Chef Programmplanung Nordreinwestfalen
Fr. König / Assistentin von Hr. Meyer

Hr. Richter und Hr. Schulz sitzen im Sitzungsraum 14b, welcher sich im 18. Stock des ARD-Hauptgebäudes befindet. Die Wände sind in einer Art Dschungel-Thema dekoriert. Gegen die Decke hin verlaufen die gezeichneten Bäume langsam in echte über und die Äste sprießen aus den Wänden. So viele, dass die ganze Decke eigentlich aus Palmen und exotischen Baumkronen besteht. Es hängen Lianen von den Ästen und im Hintergrund hört man einen Mix aus Vogelgezwitscher und Affengeschrei durch den Regenwald hallen. Der Boden hingegen ist eine Kombination aus pechschwarzem Marmor und importierter Dschungelerde. Es duftet so gut in diesem Sitzungszimmer, dass ich am liebsten eine Papaya pflücken und verspeisen möchte. Man muss sich diesen Raum als eine Mischung aus Rainbowforest Cafe und dem Jungle Room, welcher Elvis in seinem Graceland hatte, vorstellen. Ich bin hin und weg, aber die zwei Herren warten teilnahmslos am frisch polierten Mahagoniholz- Tische, in welchem sich ihre gelangweilten Fratzen spiegeln. Sie warten ungeduldig darauf ein erstes Schlückchen des Kaffees, welcher ihnen soeben serviert wurde, zu schlürfen. Fr. König stellt den dritten Kaffee oben an den Tisch und setzt sich gleich daneben in einen Krokodilledersessel mit vergoldeten Kanten und Armlehnen aus purem Elfenbein. Keine Sekunde später betritt Herr Meyer den Raum.

Hr. Meyer:
Guten Morgen die Herren, guten Morgen Steffi. Mmm. Der Kaffee duftet ja wieder sensationell. Hat sich gelohnt, die alte Maschine endlich durch den handgemachten Kopi Luwak zu ersetzten. Ganz grosse Sache.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Richter:
Hat sich sehr gelohnt. Wirklich sehr. Insbesondere, da der ja mittlerweile verboten ist.

Hr. Meyer:
Ach, papperlapapp. Verboten. Wir sind das Erste, für uns ist gar nix verboten.
Seht her, ich hab noch frische Brötchen von diesem Edelbäcker mitgebracht. Sau lecker sind die, wirklich sau lecker. Mit diesem Kaviar-Mehl, von dem praktisch ausgestorbenen Nordsibir-Stör. Das ist auch verboten. Interessiert das irgendjemand, hier im Palast?

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Für euch ist mir nix zu teuer.

Hr. Richter:
Tu doch nicht so Kalle. Schreibst doch sowieso alles auf Spesen.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Ach was, hart verdientes GEZ-Geld. Zahle ich alles aus meiner Tasche.

Fr. König:
Hmmmm, genau.

Hr. Richter:
Gut, nachdem du die 3 Wochen Malediven als Geschäftsreise durchgebracht hast, weil du dir bei Male-TV eine Studioführung hast geben lassen, kannst auch mal ein Brötchen selber zahlen.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Nix Studioführung, da haben wir das Konzept einer neuen Show mit Gottschalk geplant.

Hr. Richter:
Ach ja genau. Und wie heisst die? Bachelor Programm Chef des ersten Deutschen Fernsehens bumst Moderatorinnen des Maledivischen Staatsfernsehen?

Hr. Schulz:
Hohoho.

Fr. König:
So so, meine Herren. Es sind Frauen im Raum. Wir haben heute noch Wichtiges zu entscheiden.

Hr. Meyer:
Richtig Steffi, du sagst es. Um was geht es eigentlich heute?

Fr. König:
Wir wollten doch nun endlich wegen der Pilawa...

Hr. Meyer:
...Schmecken wirklich sau lecker die Brötchen. Sau lecker. Immer wieder. Hoffentlich stirbt dieser gestörte Fisch nicht ganz aus. Wäre ein Jammer. Sau lecker.

Hr. Richter:
Und hast Loch 8 jetzt endlich unter Paar geschafft?

Hr. Meyer:
Beim Shangri-La Resort?

Hr. Richter:
Genau.

Hr. Meyer:
War nur zweimal da, Kuredu liegt mir besser.

Hr. Richter:
Pffffff. Sind ja nur 6 Löcher da.

Hr. Meyer:
Ja und? Hatte eh keine Zeit. Meine Gören wollten doch unbedingt das Padi machen. Musste mir die ganze Zeit irgendwelche Fischlein ansehen. Sogar einen Hammerhai hab ich gesehen.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Richter:
Dachte warst an einer Show dran.

Hr. Meyer:
Natürlich, aber bisschen Freizeit muss man sich ja auch mal gönnen, oder?

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Richter:
Ja, kann ich gut verstehen. Ich muss über Pfingsten endlich mal wieder richtig entspannen. ...

Hr. Meyer wird plötzlich ganz bleich.

Hr. Richter:
...Hab grad für die ganze Familie im Buri Al Arab in Dubai gebucht. Wollte schon lange mal hin. Der Moment ist perfekt. Muss für einen Dok, den wir beim Bayern einkaufen wollen runter fliegen, dann kann ich grad noch 12 Tage anhängen und es so über den Rundfunk abbuchen.

Hr. Meyer wirkt wie weggetreten.

Hr. Schulz:
Hohohoho, Buri Al Arab ist doch so was von out.

Hr. Meyer kriegt kaum noch Luft.

Fr. König:
Herr Meyer. Mein Gott, HERR MEYER!!!

Hr. Richter:
Was ist denn los Kalle?

Fr. König:
Um Himmels willen. Soll doch jemand den Notruf rufen?

Hr. Richter:
Jetzt mal locker, der atmet ja noch. Was ist los Kalle?

Meyer erholt sich nur langsam und schnappt verzweifelt nach Luft.

Hr. Meyer:
Pfffi...sn.

Hr. Richter:
Was?

Hr. Meyer:
Pfingsten!

Hr. Richter:
Ja genau, da will ich nach Dubai.

Hr. Meyer:
Pfingstmontag?

Hr. Richter:
Ja, da auch! Wenn ich schon mal da bin.

Fr. König:
Was ist denn los, Hr. Meyer?

Hr. Meyer:
Pfingsten kommt, und wir stecken doch schon mitten in der Tatort Sommerpause!!!!

Hr. Richter:
Ja, war doch deine Idee. Du wolltest es doch in diesem Jahr etwas lockerer angehen, damit das ganze ARD-Kader rechtzeitig zum Eröffnungsspiel in Sao Paulo ist.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Ja, aber da hab ich nicht mehr an Pfingsten gedacht. Das ist eine Katastrophe!!!

Fr. König:
Wieso denn?

Hr. Meyer:
Pfingstmontag! Wir können doch nicht an einem Pfingstmontag keinen Tatort senden!

Hr. Richter:
Wieso nicht?

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Das ist einfach so. Das ist heilig. Ostermontag, Pfingstmontag, 26. Dezember sind heilig. Da bringen wir die ganz grossen Kisten!

Fr. König:
Ja, aber das geht jetzt nicht mehr.

Hr.Meyer:
Waaaaaaas??????? So was will ich in diesem Raum nie mehr hören! Verstanden?

Hr. Schulz:
Hohoho.

Fr. König:
Ja, verstanden. Herr Meyer.

Hr. Meyer:
Und du Manfred hör endlich auf so sau blöd zu lachen. Sonst bist aber flugs wieder auf deinem alten ausgefransten Sessel, du. So wichtig war nun deine Stimme im Verwaltungsrat auch nicht. Gell.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Richter:
Is ja gut Kalle, wir finden eine Lösung.

Hr. Meyer:
Steffi, haben wir noch was rum liegen? Irgendeinen Brüller. So ne Quoten-Sau.
Münster, Franziska aus Köln, irgend so was?

Fr. König:
Ähm, lass mich mal nachsehen. Hmmm.

Hr. Meyer:
Komm schon, Münster. Das sind doch die Lustigen, oder?

Fr. König:
Hmmm. Sieht schlecht aus.

Hr. Meyer:
Dann halt den neuen vom Schweiger. Hamburg muss in die Luft fliegen an Pfingsten.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Richter:
Der ist erst in Planung.

Fr. König:
Ich hätte da einen. Eine Rohfassung aus Luzern. Die würde man zusammen kriegen, bis Pfingsten.

Längere Stille im Raum.

Hr. Meyer:
Lu-was?

Fr. König:
Luzern, Schweiz.

Schallendes Gelächter im Raum.

Hr. Meyer:
Schweiz? Die sind doch seit Jahren nicht mehr dabei.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Richter:
Doch doch Kalle, die machen wieder mit.

Hr. Meyer:
Was? Seit wann?

Hr. Richter:
Ne ganze Weile.

Hr. Meyer:
Zahlen sie?

Fr. König:
Ja, wesentlich mehr als alle andern...

Hr. Richter:
... aber sag es ihnen nicht.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Na also, sehr gut.

Fr. König:
Also, Luzern?

Hr. Meyer:
So, fertig mit dem Spass. Soweit kommt’s noch. An einem Pfingstmontag.
Ne, ich brauche was Richtiges. So ne richtige Wumme.

Fr. König:
Nix, finde absolut nix.

Hr. Meyer:
Waaaas? Dann lasst uns einen drehen. Die Kasperl aus Münster müssen ran. Oder eine neue Serie erfinden. Moritz Bleibtreu. Der muss her. Sag ich ja schon lange. Lasst uns einfach einen mit dem drehen. Irgendwo. Was gibt’s noch nicht. Bei euch was im Pott?

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
...Ah ne, da ist ja dieser Psycho-Freak. Halt irgendwas. Irgendwo. Egal. Sofort drehen.

Fr. König:
Ja, aber Pfingsten ist doch in 3 Wochen, Herr Meyer.

Hr. Meyer:
Na und. Werden doch wohl so einen Tatort hinkriegen in drei Wochen, oder nicht?
Andere bauen sich ne ganze Welt in 7 Tagen und machen erst noch einen davon Pause.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Das war kein Witz. Also. Los.

Hr. Richter:
Jetzt mal locker bleiben, Kalle. Ich habe dir vielleicht eine Lösung.
Ich sehe hier in meiner Datenbank, dass wir eine fertige Version haben, bei uns im Süden.

Hr. Meyer:
Bitte sag mir, dass es Münster ist!!!

Hr. Richter:
Ähh, Süddeutschland.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Was?

Hr. Richter:
Stuttgart.

Hr. Meyer:
Können die was?

Hr. Richter:
Ja, die Jungs sind ganz gute Schauspieler. Und in der letzten Zeit wurden auch die Geschichten besser.

Hr. Meyer:
Um was geht’s?

Hr. Richter:
Interne Ermittlung in einem Knast.

Hr. Meyer:
Hatten wir das nicht schon?

Hr. Richter:
Doch, 1000mal. Aber diese Story ist raffiniert. Es geht mal nicht nur um die Insassen, sondern auch um die Wärter. Einer der Kommissare ermittelt undercover als Schliesser und der andere draussen auf der Strasse.

Fr. König:
Sehr geil.

Hr. Richter:
Zudem gibt es eine Art Knast König, den alle nur den King nennen.

Fr. König:
Sehr geil.

Hr. Meyer:
Was? Das hatten wir doch eben in Bremen.

Hr. Richter:
Nein, das war Papa, und der war ja nicht im Knast. Jetzt ist es der King!

Fr. König:
Sehr sehr geil.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Klingt Scheisse.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Richter:
Lass dich nicht täuschen. Der ist wirklich gut. Ziemlich harte Sache und clevere Story.

Hr. Meyer:
Scheiss auf Stroy.

Fr. König:
Ääämm...
Stuttgart hatte in den letzten 2 Jahren die drittbesten Quoten überhaupt.

Hr. Meyer
Was?

Hr. Richter:
Tja, so ist es.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Boooooom. Stuttgart Pfingstmontag, das ist unser Ding. Stuttgart und Pfingstmontag gehören einfach zusammen. Wusste ich es doch. Steffi, Medienmitteilung raus: Tatort aus Stu..

Fr. König:
...Stuttgart haben wir uns extra als Leckerbissen für den Pfingstmontag aufgespart. Eine coole Kiste, für die heissen Tage. Danach ist Sommerpause und ihr müsst WM im Ersten schauen.

Hr. Meyer:
Ich liebe dich.

Fr. König:
Hihihi.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
So, damit wäre das geklärt. Was wollten wir eigentlich besprechen?

Hr. Richter:
Ähm, die Anfangszeit vom Pilawa.

Hr. Meyer:
Och so en Dreck, muss dringend los. Der Generaldirektor kommt doch heute, da muss ich einen guten Eindruck machen.

Fr. König:
Ja, selbstverständlich.

Hr. Meyer:
Lasst uns doch die Pilawa Sache das nächste Mal klären. Interessiert eh keine Sau.

Hr. Richter:
Also in Sitzung Nummer 7 meinst du?

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Steffi...

Fr. König:
Ja, klar. Ich mache einen Termin.

Hr. Meyer:
Bist die Beste.

Fr. König:
Hihihi.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Macht’s gut.

Hr. Richter:
Tschü.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Meyer verlässt den Raum, kommt aber gleich nochmals zurück.

Hr. Meyer:
Gibt’s noch eins der Brötchen?

Fr. König:
Hier.

Hr. Meyer:
Danke. Die nehme ich auch gleich noch mit. Hab sie ja bezahlt.

Hr. Schulz:
Hohoho.

Hr. Meyer:
Sau lecker sind die. Sau lecker. 


Erwartungs-Barometer: 4,5
Die Note danach: 4,5

0 = Von jedem herkömmlichen Sitzungszimmer
6 = Von Sitzungszimmer 14b


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1 Kommentar:

Kriminaltango hat gesagt…

Dieser lächerliche Schluss wurde wohl von einem Erstklässler geschrieben. Aus dieser Folge hätte man viel mehr machen können, fast so wie aus dem Kader vom VFL.

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