30. November 2014

Tatort: Die Feigheit des Löwen (Hamburg)


Über zwei Jahre ist es nun her, seit der Undercover Agent Cenk Batu vom Norddeutschen Rundfunk in der Alster versenkt wurde. Wie habe ich mich damals gefreut. Hamburg verkündete die totale Offensive und präsentierte gleich zwei neue, völlig unabhängig voneinander ermittelnde, Kommissare. Und was für welche!
Til Schweiger. Der deutsche Hollywoodstar sollte es in Hamburg so richtig krachen lassen. Harte brutale Action. Und weil man die gebildeten Tatortzuschauer nicht verärgern wollte, engagierte man für eine zweite Reihe den Charakterdarsteller Wotan Wilke Möhring, welcher sich eher in anspruchsvolleren Geschichten bewegen sollte. Was durfte man da erwarten, was lag da in der Luft. Eine Stadt, zwei komplett verschiedene Teams. Aber beide auf Ihre Art grandios.
Nun, zwei Jahre später, zwei Jahre schlauer. Hamburg hat die grossangelegte Neuorientierung komplett versemmelt. Hamburg ist zum Problemfall geworden. Zum doppelten. Anstatt gute Action, kriegen wir den Nuschel-Tschiller als Kuschel-Thriller, welcher mit seiner älteren, wesentlich weniger talentierten Tochter versucht Kokkowähh und Keinohrhasen nachzuspielen, und welcher nebenher noch ein paar schwache Frauen flach- und jede Menge starke Typen umlegt. Von Hollywoodansätzen oder zumindest spannenden Actionthriller-Elementen ist leider nichts zu erkennen.
Der anspruchsvolle Kommissar hingegen, kämpft weniger gegen harte Typen, als viel mehr mit den schwachen Drehbüchern. Er ist ein sensationeller Schauspieler, das steht ausser Frage, spielt seine Rolle famos. Aber was soll er auch machen, wenn er brennende Autos in Hamburg löschen muss, wenn der Bruder seines Freundes Frau auf einer einsamen Insel des Mordes verdächtigt wird oder wenn er am Ende in einem Flüchtlingsdrama gar von irgendwelchen Hightech-Drohnen ins Visier genommen wird. Packt mich nicht. Alles viel zu wirr, überhaupt keine Struktur in der Entwicklung. Kein Konzept. Irgendwie ist er ja jetzt bei der Bundespolizei. Ich kann mich nicht erinnern, wann er gewechselt hat. Oder war er von Anfang an da? Egal. Fakt ist, Kommissar Falke ist nun ein krasser Bundespolizist und somit ist das eigentlich gar nicht mehr ein Tatort aus Hamburg, sondern ein Tatort aus ganz Deutschland. Hauptsache richtig gross halt, the big picture und immer am Puls der Zeit. Die Drohnen sind zwar weg, aber das Flüchtlingsdrama geht weiter. (Das gefühlt zwanzigste in den letzten Tatort Jahren.) Ein toter Syrer, ein toter Schleuser und irgendwann ein totes Baby. Mitten im Fall der Kommissar. Und mitten in der Komissarin irgendwie auch. Sie kommen sich näher. Die Drehbuchautoren konnten ja kaum warten, bis sie diese absolut unerwartete Storyline endlich erzählen durften, bis sie die Katze endlich aus dem Sack hüpfen lassen durften, oder so. Juheeee.
Bürgerkrieg + Flucht + Folter + Terror + Kommissare in der Kiste = total überladenes Drehbuch!
Nun, vielen wird es gefallen. Mir eher nicht.

Erwartungs-Barometer: 4,5

Halt, ich hab ja das ganz grosse Highlight noch vergessen:
Als Wahnsinns-Coup wird seit Wochen in den Medien die Verpflichtung eines Hollywoodstars gepriesen. Navid Negahban, der Bösewicht aus der US-Serie Homeland spielt einer der Syrer und ganz Deutschland hofft, dass er eine Portion Ami-Spannung in den Hamburger bzw. in den Deutschland Tatort bringen wird. Lassen wir sie hoffen, wir Schweizer wissen es definitiv besser, seit dem ersten Luzerner Fall. Eine CSI-Miami-Kommissarin macht noch lange keinen Sommer. Im Gegenteil, wie sich während dem Dreh rausgestellt hat, war diese Schwalbe gar keine richtige Schauspielerin.
Und so ist höchstens noch zu hoffen, dass der NDR in Zukunft das viele Geld, welches er zur Verfügung hat, endlich mal in ein Konzept und in Drehbücher investieren wird, anstatt in angebliche Hollywood-Schauspieler. In Kiel können sie das doch bestens.

0 = Wirklichkeit
6 = Anspruch

Die Note danach: 3.5
Ich werde nie mehr einen Apfel essen können und hoffentlich nie mehr einen solchen Tatort sehen müssen.


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