29. März 2015

Tatort: Borowski und die Kinder von Gaarden (Kiel)


Eben gerade Berlin gesehen. Doch etwas enttäuscht. Zweifelsohne ein riesiger Satz nach vorne, aber der perfekte Tatort aus Berlin war das natürlich nie und nimmer. Der wird erst noch kommen, da bin ich ganz sicher. Und apropos enttäuscht: 
Jetzt kommt Kiel. Ich kann mich nicht erinnern, dass die mich jemals enttäuscht hätten, ausser natürlich, dass die Kekilli noch immer wie ein deplatziertes Huhn durch einen Kaninchenstall gackert. Ansonsten jedoch war der Drehbuch-Durchschnitt aus Kiel in den letzten Jahren mit Sicherheit der höchste.
Und trotzdem bin ich für einmal nicht unglücklich, dass ich erst später zum Schauen kommen werde. Ich vermute, dass diese Folge ein Ausreisser nach unten werden wird. Nun versucht sich nämlich auch Kiel in der Sparte der Problemfilmchen und lässt Borowski nach einem problematischen Pädo-Mord problembeladen im Kieler Problemviertel ermitteln. Sehr schade, so viele Städte sind an solch problembeladenem schon gescheitert. Und dabei hatten wir doch vor ein paar Wochen eine äusserst gelungene Drogenjugend-Folge aus dem hohen Norden. Bei dieser hätte es Kiel belassen sollen, dieses Niveau werden sie mit klischeehaften Problemkids nie mehr hinkriegen. An denen wird leider sogar der Borowski scheitern. Zu viel „Problem“ in diesen Zeilen.

Erwartungs-Barometer:4.5

Jeder darf mal einen schwachen Tag haben, zumal bei Kiel ein schwacher Tag immer noch um Welten besser ist, als bei Saarbrücken, Ludwigshafen und Konstanz die aller, aller nur erdenklich besten Tage. Insofern ist das schon ok. So oft, wie die uns schon beglückt haben.

Die Note danach: 4.5
Wie erwartet. Relativ dürftig für Kiel und doch weit besser als manch anderes Team. Gerade die Schauspieler fand ich ziemlich gut (bis auf das Huhn natürlich).

22. März 2015

Tatort: Das Muli (Berlin)


Bevor sich das Barometer also in ein inspirativ-mediterranes Sabbatical verabschiedet, muss es zum Tatort vom kommenden Sonntag doch noch 1-2 nicht ganz unwichtige Punkte loswerden.
Gerade nach den Folgen aus Wien und Bremen offenbarte sich einmal mehr die wiederkehrende Ambivalenz des Barometers.
Oft sind Dinge, die geschrieben wurden, eine Woche später völlig anders. Beurteilt und gemessen wird mit komplett verschieden langen Ellen, meistens aus puren Launen und Gefühlen. Eine klare Linie ist im Barometer kaum auszumachen. In einer Sache jedoch, bleibt es konstant. Eine Sache schreibe ich, seit es das Barometer gibt:
Berlin wird irgendwann explodieren!
Egal wie absurd diese Aussage klingen mag nach all den wirklich, wirklich schlechten Folgen. Egal wie enttäuscht ich jeweils vom Tatort aus Berlin war, egal wie unerklärlich schwach sich die Hauptstadt präsentierte, ich habe nie aufgehört daran zu glauben, dass sich die Stadt irgendwann durchsetzten wird. Ich habe nie daran gezweifelt, dass Berlin irgendwann durch die Decke gehen wird. Ich war mir absolut sicher, dass der Tag kommen wird, an dem es für den Rundfunk Berlin-Brandenburg absolut keine andere Möglichkeit mehr geben wird, als einen Meilenstein von Tatort zu fabrizieren. Selbst der ignoranteste Blinde, welcher weder hören, riechen, noch fühlen kann, wird irgendwann über eine dieser Millionen Geschichten stolpern, auch wenn er es vielleicht gar nicht möchte. Selbst wenn du mit aller Kraft schlechte Tatorte produzieren willst, selbst wenn du absichtlich alles Kreative ignorierst, was in Berlin auf den Strassen liegt, wird dir diese Stadt irgendwann ihre Geschichten aufzwingen. Es geht gar nicht anders. Es ist die mathematische Logik. Du kannst noch so lange üben, mit einem Würfel niemals eine Sechs zu würfeln, irgendwann wird dir das in Berlin nicht mehr gelingen. Irgendwann würfelst du die Seite mit den sechs Augen. Es ist die Logik des Würfels. Es ist die Logik Berlins.

Wie oft sass ich in einem Nachtbus und schwebte durch die pure Nacht dieser Stadt.
Die Nachtbusfahrt. Der krönende Abschluss eines gelungenen Abends. Oft war die Fahrt gar besser, als der Abend selber und ab und an, gab es gar keinen Abend, sondern nur die Nachtbusfahrt. Eine Art Hobby. Ich war eins mit der Welt, eins mit mir, eins mit dem Nachtbus. Ein Verschmelzen meiner selbst mit diesem Gefährt, mit dieser Welt. Eine komplett eigene Welt. Berlin als Film. Im 4-dimensionalen Obergeschoss streifte die nächtliche Hauptstadt an einem vorbei. Alles was Berlin zu bieten hat, zusammengepackt in diese eine Fahrt. All die beleuchteten Strassen, all die Figuren, all die dunklen Ecken, all die Gerüche, all die Gespräche, all die Bilder, all die Momente, all die Busfahrer, einfach alles. Nachtbusfahren ist die pure Stadt, Nachtbusfahren ist das pure Leben (übrigens nicht nur in Berlin)!
Und während also die ganze Welt an mir vorbeizog, während Berlin in Reinkultur auf mich einprasselte, war ich immer irgendwie sicher, dass das eine Art Drehbuch sein muss. All diese kleinen Dramen, diese kleinen Komödien, all diese kleinen Geschichten sind die Geschichte selber. Ich sass jeweils in diesem Bus, und schaute den besten Film, den ich je gesehen habe. Immer und immer wieder. Nacht für Nacht. Es schien so einfach. Alles lag da. Und ich habe mich oft gefragt, warum das keiner nimmt, und daraus z.B. einen Tatort macht. Ich hätte es so gerne genommen und hätte es zusammengefasst, aber ich konnte es nicht. Es schien nur so einfach, in Wirklichkeit gibt es wahrscheinlich kaum was Schwierigeres, als so was einzufangen und daraus ein Drehbuch zu schreiben. Es überhaupt zu sehen, es erleben zu können, ist komplex genug, es jedoch zu kanalisieren und für eine Masse weitergeben zu können, ist noch eine ganz andere Kiste. Schier unmöglich. Dafür braucht es Talent, richtig viel Talent. Aber ich wusste immer, dass irgendwann ein Genie kommen wird. Ein Genie, welches die Dinge genau so sieht wie ich, welches aber eben ein Genie ist und die Gabe mit sich bringt, all diese feinen Momente auch einfangen und erzählen zu können. Ich habe nie aufgehört daran zu glauben, dass genau das passieren wird. Irgendwann. Das ist Berlin, das ist der Tatort aus Berlin. Eine Nachtbusfahrt durch die Stadt, ganz ohne Nachtbus. Irgendwann ging es nicht mehr anders. Diese Stadt zwingt jedem seine Geschichten auf. Irgendwann.

Erwartungs-Barometer: 6

Versteht mich nicht falsch. Die Erwartungen sind nicht Wissen, sie sind meine pure Hoffnung. Ein neues Team, ein neuer Anlauf. Ein neuer Versuch für einen Tatort aus Berlin, wie er seit jeher sein müsste. Stellt euch mal vor. Berlin explodiert, und wir sind mittendrin in diesem Nachtbus.
Weit weg von Reichstag und Brandenburger Tor. Mitten drin im nackten Berlin. Angeblich sogar eine Geschichte, die sich über mehrere Folgen ziehen wird. Ich könnte weinen vor (Vor)Freude. Und jetzt bin ich weg.

0 = Die BVG am Tage.
6 = Das Nachtbus-Netz der BVG.

Die Note danach: 5
Leider immer noch weit entfernt von meinen Nachtbusfahrten, aber zumindest spielt Berlin nun endlich in Berlin. Ansehnlicher Einstieg, gute Ansätze, auch wenn ich einige Figuren (leider auch die Kommissarin) doch eher unglaubwürdig fand. Trotzdem ist irgendwie alles angerichtet für eine perfekte Folge aus Berlin. Irgendwann.


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14. März 2015

Tatort: Die Wiederkehr (Bremen)


Ich kann durchaus verstehen, dass einige Leser etwas verwundert auf die sehr gute „Note danach“ reagiert haben, mit welcher ich den Wiener Tatort beschmückt habe. Und so ganz rechtfertigen kann ich die 5.5 nicht. Vielleicht ist es einfach auch eine Art Wertschätzung für das bisherige Lebenswerk von Moritz und Bibi. Denn eben gerade weil die Geschichte ihre Hänger hatte, war es für mich umso faszinierender, wie mich die Österreicher bei der Stange halten konnten. Der Dialekt noch immer in meinen Ohren, die Freude noch immer im Herzen. In jeder einzelnen Dialog-Zeile aus Wien steckt mehr Humor drin, als in sämtlichen Münster, Saarbrücken und Weimar Tatorten zusammen. Und die schimpfen sich ja alle Komödien. Also vielleicht war die gute Note auch einfach für all die Glücksmomente, die uns Wien schon beschert hat. Aber ich gebe zu, so ganz rational lassen sich meine Reaktionen darauf nicht erklären. Aber das ist auch egal. Denn eigentlich sollte es genau so weiter gehen.
Bremen war einst eines meiner Lieblingskinder, weil so unaufgeregt, weil so unspektakulär gut. Auch schwierig erklärbar, aber immer irgendwie stimmig. Leider ist Bremen mittlerweile genau so dem Mittelmass verfallen, wie viele andere Städte auch. Lange hallte der Glanz des „Modernes“ nach, lange konnten wir alle von diesem einen grossen Auftritt zerren, aber halt doch nicht für immer. Irgendwann lebt es sich nicht mehr nur von früheren Erfolgen. Irgendwann müsste was Neues kommen. Irgendwann ist der Luigi halt kein grosser Hochseekapitän mehr, sondern einfach nur noch ein kleiner, schlechter Torhüter. Irgendwann zählt in Bremen auch ein Bundesligaspieler nicht mehr viel. Der Bremer Lack ist ab, wer weiss, ob es das „Modernes“ überhaupt noch gibt, wer weiss, was aus dem UHC Stadtmusikanten geworden ist, der Tatort aus Bremen jedenfalls ist irgendwie vorbei. Inga Lürsen interessiert mich nicht mehr. Auch dieser Fall nicht wirklich.

Vor 10 Jahren verschwand ein Mädchen. Ihr Vater wurde verdächtigt und erhängte sich in der Zelle. Fall geklärt. Heute nun, taucht das Mädchen wieder auf und alles scheint ganz anders. Oder doch nicht? Ein Familiendrama also. Ein Missbrauchsfall. Mädchen wird ermordet oder verkauft oder auch nicht. Plötzlich gibt es doch noch ein unglaubwürdiger Bösewicht, und überhaupt. Sicher eine emotionale Sache, eine sehr tragische Geschichte, aber dem Drehbuch traue ich nicht. Überrascht mich auch nicht, dass angeblich vier Leute dran gewerkelt haben. Klingt alles zu wirr, viel zu konstruiert, genau so wie Bremen leider in der letzten Zeit daher kommt. Sehr schade für dieses Team. Sehr schade für das „Modernes“.

Erwartungs-Barometer: 4

Vielleicht müssten wir einfach mal wieder hin und den Sönke besuchen, dann würde auch der Tatort wieder besser.

0 = Alle Torhüter von damals (bis auf Pauser).
6 = Alle Kapitäne und Feuerwehrmänner von damals.

Die Note danach: 4.25
Bis zum Auftauchen des lächerlichen Bösewichts und der lokalen Presse war der richtig gut. Ab da baute er leider kontinuierlich ab und wurde, trotz aller Tragik, irgendwie fast so abstrus wie erwartet. Wird irgendwie Zeit, dass das Barometer in Kreativurlaub fährt.


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