31. Mai 2015

Tatort: Erkläre Chimäre (Münster)


Für einmal macht es sich das Barometer wirklich einfach. Es ist ja sonst so gar nicht seine Art. Ich habe in einem TV-Magazin etwas zur Geschichte lesen wollen und kann gar nicht anders, als die Vorschau eins zu eins ins Barometer zu übertragen. Besser kann man diesen Tatort nicht beschreiben.

„Nach einem amtlichen Besäufnis präsentiert Boerne seinem Buddy Thiel ihr gemeinsames Hochzeitsfoto! Der Kommissar ist so geschockt, dass ihm buchstäblich die Luft weg bleibt. Da hilft nur ein beherzter Luftröhrenschnitt! Im Folgenden muss Thiel Retter Boerne nicht nur ewig dankbar sein, sondern mit ihm auch noch auf Paar machen. Warum? Boernes reicher, schwuler und todkranker Patenonkel Gustav von Elst aus Florida hat sich angekündigt, und Boerne will mit seinem späten „Coming-out“ testamentarisch punkten...
Ach ja, einen Mordfall gibt es ja auch noch: Das Opfer ist ein schwuler Brasilianer, die Tat hängt mit kostbarem Champagner zusammen, Spuren führen in eine Edelweinhandlung – und der Tote war, man mag es kaum glauben, ein guter Freund jenes US-Onkels. Packende, sonderlich realistische Spannung erwartet aus Münster niemand, schräge Kapriolen und Reibereien mit Dialogwitz schon – und die werden solide abgeliefert.“

Wie erwähnt, mehr kann das Barometer dazu wirklich nicht sagen.

Erwartungs-Barometer: 3

Münster-Klamauk wie immer.
Wer es mag, der mag es.
Wer es nicht mag, mag es nicht.
Ich mag es nicht.

0 = Nicht mögen, was man mag.
6 = Mögen, was man nicht mag.

(Obwohl, ich mag ja nicht, was ich nicht mag. Also ich mag schon, wenn ich etwas nicht mag. Aber dann mag ich es eben nicht. Wie auch immer.)

Die Note danach: 3
Wenn er doch zumindest lustig wäre...

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25. Mai 2015

Tatort: Roomservice (Ludwigshafen)


Liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Tatorts aus Ludwigshafen!

Schämen Sie sich eigentlich nicht, solche Tatorte zu produzieren?
Sind Sie wirklich so schlecht, oder haben Sie einfach keinen Bock irgendwas zu machen, das uns Zuschauer auch gefallen könnte?
Haben Sie schon mal einen andern Tatort gesehen? Also ich meine jetzt nicht Saarbrücken oder Konstanz, an denen sollte man sich sicher nicht messen, die sind genau so unter aller Sau wie die Ihrigen. Aber haben Sie auch schon mal einen richtigen Tatort gesehen?
Fällt Ihnen da nichts auf? Also auch keine kleinen Unterschiede zu Ihrem Produkt? Nicht?
Haben Sie sich noch nie gefragt, warum andere mit ähnlichem Budget einen Krimi machen können, Sie jedoch nur Scheissdreck produzieren?
Ist Ihnen allen das völlig egal? Oder merken Sie es wirklich nicht, was ja noch schlimmer wäre?!?
Gibt es bei Ihnen keine Art von Berufsehre?
Oder sind Sie selber mit Ihrem Produkt zufrieden?
Können Sie jeweils nach der Ausstrahlung einer Ihrer Folgen noch in den Spiegel schauen? Nicht?
Dachte ich es mir doch. Es geht Ihnen also genauso wie den Zuschauern. Ich schäme mich jeweils, dass ich Ihre Folge geschaut habe. Aber es ist halt meine Pflicht als Barometer.

Mit freundlichen Grüssen
Das Barometer


Ach und ihr, liebe Leser und Leserinnen, möchtet gerne noch etwas zur Story wissen? Ganz sicher? Ich eigentlich nicht. Aber bitte:
1. Der Fall Strauss-Kahn goes Ludwigshafen. Politiker wird verdächtigt Zimmermädchen vergewaltigt und umgebracht zu haben. (Klingt eigentlich gar nicht schlecht, aber man bedenke: Es ist Ludwigshafen).
2. Achtung: Lena per Zufall mal wieder zur rechten Zeit am richtigen Ort. (Warum? Warum nur schafft man das nicht ohne?)
3. Lena hat mal wieder eine Lebenskrise. (Kann man ja auch verstehen, wenn man für einen solchen Tatort den Kopf hinhalten muss).
4. Lena gerät mit der jungen, ehrgeizigen LKA Ermittlerin Stern in einen Generationenkonflikt. (Bitte, bitte, lass nicht sie die Nachfolgerin werden, wenn die miesgelaunte Hexe endlich weg sein wird. Die nächsten 10 Jahre Bullshit aus Ludwigshafen wären vorprogrammiert. Zum Fremdschämen.)
5. Ein Schmierenjournalist spielt natürlich auch noch mit. (Ganz ganz übel.)
6. Und weil man so modern ist, wird jetzt auf dem ipad, auf dem Handy und bestimmt auch noch auf einem Super Nintendo ermittelt. (Hiiiiiiilfeeeee, Hiiiiiiiiiiiiillllllfffffeeeeee).
7. Und so wie es auf einem Foto ausschaut, ist auch wieder der endpeinliche Lagerfeuer-Psychologe aus der letzten Folge mit an Board. (Weil der ja so, so, so, geil war.)

Nun. Wolltet ihr das wirklich wissen? Wie gesagt, ich nicht. Mein ganzes Pfingstwochenende ist versaut, seit ich auch nur eine Sekunde an Odenthals und Koppers Fresse gedacht habe.

Erwartungs-Barometer: < 2

Barometer-Tipps für den Südwestrundfunk:
1. Ganzen Trupp fristlos entlassen.
2. Ganz wichtig: Einen richtigen Drehbuchautor anstellen.
3. Ganz wichtig: Einen richtigen Regisseur anstellen.
4. Ganz wichtig: Richtige Schauspieler anstellen.
5. Eventuell restliches Filmteam wieder anstellen und merken, wie motiviert die plötzlich alle sein können.

0 = 0-Punkt. Da werden wir uns bald mal wieder finden, wenn es so weitergeht.
6 = Absoluter Höhepunkt. Leider ist der Tatort in letzter Zeit wieder wesentlich weiter davon entfernt als auch schon.

Die Note danach: 3
Der Tatort war sogar besser als erwartet und kriegt die Note 3. Schon irgendwie deprimierend. 


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17. Mai 2015

Tatort: Kälter als der Tod (Frankfurt)


All die Stunden, die wir in diesen famosen Theatern verbracht haben. All die grossartigen Aufführungen, all die Gänsehaut, all die Glücksmomente, trotz Rückenschmerzen von den übel engen Holzsitzen. Und über all der Glückseligkeit schwebten drei göttliche Schauspieler. Drei Schauspieler, welche die Bretter Berlins mit einer solchen Genialität, mit einer solchen Wucht bespielten, dass ich die Volksbühne jeweils schweissgebadet und das Deutsche Theater mit weichen Knien verlassen habe. Drei Schauspieler, die mit solch einem Talent gesegnet sind, dass selbst die arbeitsverweigernden Tatort-Besetzer der ARD am Strand von Bora Bora irgendwann auf sie aufmerksam werden mussten. Auch wenn sie sich geschworen haben, absolut nichts für ihr hohes Gehalt zu tun. 
Drei Schauspieler, die nun allesamt beim Tatort gelandet sind.


Samuel Finzi spielt seit ein paar Folgen den Rechtsmediziner von Borowski in Kiel. Eine zurückhaltende Rolle, in welcher sein Talent wirklich nur sehr bescheiden zur Geltung kommen kann. Vielleicht aber ist er auch einfach ein Theaterschauspieler und nicht ganz so perfekt geeignet für das Fernsehen.



Milan Peschel wurde bereits für diverse Episodenhauptrollen besetzt und hat in der endgenialen Folge „Weil sie böse sind“ (Frankfurt) als alleinerziehender Familienvater eine Performance hingelegt, die bisher kaum je bei einem andern Tatort überboten wurde. Sein letzter Auftritt war als verkleideter Superheld in „Der Hammer“ (Münster). Dieser Tatort war zwar nicht grad der Hammer, aber Milan spielte selbstverständlich hammermässig.


Und nun, last but not least, wie man so dämlich sagt, folgt Wolfram Koch als neuer Hauptkommissar in Frankfurt. 
Welch geniale Sache...







...welch ein Erbe.
Momentan gibt es wohl keine schwierigere Aufgabe im Deutschen Fernsehen. Zu präsent ist die Geschichte mit dem Abgang von Nina Kunzendorf und Joachim Król. Zu bewusst ist dem Zuschauer noch, dass Frankfurt soeben, das wohl beste Ermittler-Duo aller Zeiten völlig dilettantisch zerstört und vertrieben hat.
Der Druck also ist immens. Die Erwartungen extrem. Und aufgrund meiner Theater-Erlebnisse sind meine Erwartungen noch wesentlich höher als extrem!
Eigentlich kann Frankfurt aus Barometersicht also nur verlieren. Und was machen sie? Sie werden gewinnen.

Neben Wolfram Koch wurde mit Margarita Broich auch die weibliche Hauptkommissarin mit einer hervorragenden Theaterschauspielerin besetzt. Lustigerweise ist sie im richtigen Leben die Partnerin von Martin Wuttke, der eben erst in Leipzig entlassen wurde. Tut hier aber natürlich nix zur Sache. Zudem engagierte der Hessische Rundfunk das Regie/Autor-Gespann von „Im Schmerz geboren“ (Wiesbaden), die einzige Folge mit der Note 6, seit ich das Barometer schreibe. Und auch sonst waren die zwei schon für einige sehr gute Folgen verantwortlich. Frankfurt versucht also alles, wirklich alles, damit wir Zuschauer ihnen den eigentlich unverzeihlichen Fehler verzeihen werden. Und auch wenn ich dem alten Team noch heute nachtrauere, so schätze ich diesen Aufwand, diesen Einsatz wirklich extrem. Frankfurt kämpft wie ein dem Tode geweihter Löwe, damit sie den sehr hohen Standard, welchen sie sich in den letzten Jahren hart erarbeitet haben, auch weiterhin halten können. Grosser Respekt vom Barometer.

Und es geht gleich weiter mit der Lobhudelei. Denn während man von einem Autor, welcher „Im Schmerz geboren“ geschrieben hat, ein weiteres knalliges Märchen-Feuerwerk erwarten dürfte, liefert er das pure Gegenteil. Er schreibt einen Krimi aus dem Leben. Eine simple, glaubwürdige Grundgeschichte. Und so sieht es für einmal nach völlig normalen Kommissaren aus. Welch unglaubliche Wohltat, nach all den Psycho-Wracks, nach all den mies gelaunten Ermittlern, nach all dem Depro-Dortmund. Ein neues Team ohne geistige Schäden, ohne Krankheiten, ohne Suizid-Absichten, keine tote Ehefrau, keine kranken Sexfantasien, keine übersinnlichen Kräfte, keine 12-Jährige bei der Polizei und weder alkohol-, noch drogenabhängig. Zwei 0815 Menschen, welche sich nun mal entschieden haben bei der Mordkommission zu arbeiten. So was soll es geben. Angeblich werden sie sogar gut gelaunt zur Arbeit kommen und vielleicht werden sie gar mal lächeln, trotz tragischem Mordfall. Mit Sicherheit jedoch werden sie sich nicht 75% der Sendezeit anschreien. „Jaaaaaaa“, schreie ich dafür! Welch angenehme Freude. Und ihr werdet sehen, normal kann durchaus spannend sein. Normale Menschen können durchaus 90 Minuten lang unterhalten. So ist das richtige Leben. Normal. Juheeeee!

Die eigentliche Geschichte dieser Folge klingt jedoch nicht ganz so normal und ist der einzige Punkt, bei welchem das Barometer heute leicht ins Zweifeln gerät. Aber er ist halt ein nicht ganz unwichtiger. Ein Familien-Drama mit Inzest, Missbrauch, Adoptivkindern, Rabenmüttern, Lesben-Liebe und ein verdächtiger Pösteler in den Häusern (hatten wir doch schon mal in Kiel. Ob das der gleiche ist? Der kam ja damals davon...). Zudem versetzen sich die Kommissare angelblich bildlich immer wieder in das Geschehene rein. Das ist ja auch sehr in Mode momentan und ein bisschen CSI-gaga oder so. Tja. Klingt schwierig, aber bei dem unglaublichen Aufwand, welcher Frankfurt für diese neue Reihe betreibt, könnte diese Folge trotzdem der Anfang einer grossen Barometerliebe werden.

Erwartungs-Barometer: 5

Mittlerweile kriegen wir ja alle zwei Wochen ein neues Team vor die Nase gesetzt. So richtig, richtig überzeugt hat aber irgendwie noch keines.
Dass Frankfurt weiss, wie man grosse Teams aufbaut, haben sie bewiesen. Jetzt müssen sie beweisen, dass sie wissen wie man eines aufbaut und danach auch halten kann. Vieles klingt sehr vielversprechend. Ich hoffe aber, dass die Story einigermaßen hält, und ich hoffe, dass Theatergenies auch im TV so grandios funktionieren.

0 = Macht und Rebell im Theater
6 = Finzi, Peschel und Koch im Theater

Die Note danach: Ø = 4.5
Die Kommissare versprechen sehr viel (5.5), die Story jedoch hätte abstruser nicht sein können (3.5)!

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3. Mai 2015

Tatort: Schwerelos (Dortmund)


Eine Woche – viele Fragen. Fragen meiner Leser, die nicht fassen konnten, wie ich den Abschlusstatort aus Leipzig so gut bewerten konnte, da ich doch ein Authentizitäts-Fetischist sei. Nun, das ist eine sehr komplexe Sache. Ich versuche sie aber simpel zu erklären. Normalerweise kommt ein Tatort als Kriminalfilm daher, welcher versucht so glaubwürdig wie nur möglich zu sein. Und wann immer dieser irgendwelche Fehler drin hat, fallen die sofort auf und werfen mich komplett aus der Geschichte. „Unglaubwürdigkeiten“ in glaubwürdigen Filmen stören also massiv. Leipzig jedoch war so abgedreht, so skurril, jeder hatte dermassen einen an der Waffel, dass das eher ein Theater denn eine reale Geschichte war. Nichts daran war glaubwürdig, aber das dafür glaubwürdig erzählt. Meistens scheitern solche Versuche kläglich, aber für mich hat es dieses Mal vorzüglich funktioniert. Ich war entzückt, ob dem Risiko, welches Leipzig zu guter Letzt nun doch noch einmal eingegangen ist. Leider erst, als sie nichts mehr zu verlieren hatten. Aber es hat sich gelohnt. Sogar die Thomalla offenbarte eine minimste Art von Spielfreude. In Minute 67 sollen sich gar die Gesichtszüge kurz verändert haben.
Natürlich kann ich alle verstehen, die mit diesem Tatort nichts anfangen konnten, geht mir ja oft genug so, aber manchmal funktioniert für einen etwas und manchmal einfach nicht. Kommt auch immer irgendwie auf die Tageslaune des Zuschauers selber an.

Und nun kommt mit Dortmund eigentlich das perfekte Beispiel für meine endwissenschaftlichen Zeilen. Während viele Zuschauer über den irren Faber und seine ähnlich irre Truppe jubilieren, konnte ich mich damit bisher noch nicht ganz anfreunden. Dortmund versucht in vielen Punkten eher einen realistischen Tatort zu produzieren, was ich ja lieben würde, aber es stört mich massiv, wenn der Hauptkommissar gleichzeitig total geisteskrank sein kann. Es ist die von mir beschriebene Unglaubwürdigkeit in einer realistischen Geschichte. Das kann für mich nicht funktionieren.
Nun aber ist es ja so, dass der Faber von Folge zu Folge etwas weniger Austicker und Suizidabsichten hatte (war wohl auch den Machern zu unglaubwürdig), und das hat dem Tatort sichtlich gut getan. Man konnte sich, neben all den privaten Geschichten der Kommissare, nämlich endlich auch einmal auf die eigentlichen Geschichten selber konzentrieren, und die waren doch ganz gut. Aus Barometer—Sicht wäre man nun also auf dem richtigen Weg, in Dortmund jedoch traut man meinem Einwand noch immer nicht, konzentriert sich weiter auf diese miesen Background-Stories der Ermittler und macht jetzt halt die junge Kommissarin zur Psychotante, da der Faber ja leicht geerdeter daher kommen wird. Kann man ja auch verstehen. Wer innerhalb zweier Folgen ein Kind abtreiben muss und auch noch von Nazis überfallen wird, der hat doch Einiges zu verarbeiten.
Im Tatort selber geht es heute um einen Basejumper, dessen Schirm manipuliert wurde. Aber eben, in Dortmund reicht ein Krimi nicht, da muss natürlich auch die Nora mit Fallschirmspringen anfangen, damit sie sich wieder spürt und der Faber muss auch weiterhin schön seinen Verlust von Frau und Tochter verarbeiten... ich weiss nicht.

Erwartungs-Barometer: 4.5

Wenn Dortmund es endlich einsehen würde, dass man entweder Märchen oder eben realistische Geschichten erzählen sollte. Alles dazwischen funktioniert sehr selten und ist nur schade für dieses unglaubliche Potential, welches hier mit Stadt und diesen sehr guten Schauspielern schlummern würde. So erwarte ich auch heute wieder die Unglaubwürdigkeit in der versuchten Glaubwürdigkeit.

0 = Die Jungen
6 = Die Alten

Die Note danach: 4
Danke Dortmund für die Barometer-Bestätigung auf voller Linie. Jedes Märchen kommt glaubwürdiger daher. Im echten Leben wären mindestens 3 dieser 4 Ermittler längstens in der Klapse. Im Tatort zu Dortmund jedoch bumsen sie die Hauptverdächtigen und leiten die Kripo... meine Fresse.
Zudem würde bei dieser unfassbaren Last an Schwere bestimmt jeder Fallschirm reissen.

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