All die Stunden, die
wir in diesen famosen Theatern verbracht haben. All die grossartigen
Aufführungen, all die Gänsehaut,
all die Glücksmomente,
trotz Rückenschmerzen von den übel engen Holzsitzen. Und über all der
Glückseligkeit schwebten drei göttliche Schauspieler. Drei Schauspieler, welche
die Bretter Berlins mit einer
solchen Genialität, mit einer solchen Wucht bespielten, dass ich die
Volksbühne jeweils schweissgebadet und das Deutsche Theater mit weichen Knien verlassen
habe. Drei Schauspieler, die mit solch einem Talent gesegnet sind, dass selbst
die arbeitsverweigernden Tatort-Besetzer der ARD am Strand von Bora Bora
irgendwann auf sie aufmerksam werden mussten. Auch wenn sie sich geschworen
haben, absolut nichts für ihr hohes Gehalt zu tun.  
Drei Schauspieler, die
nun allesamt beim Tatort gelandet sind.
Samuel Finzi spielt seit ein paar Folgen den Rechtsmediziner von Borowski in Kiel.
Eine zurückhaltende Rolle, in welcher sein Talent wirklich nur sehr bescheiden
zur Geltung kommen kann. Vielleicht aber ist er auch einfach ein
Theaterschauspieler und nicht ganz so perfekt geeignet für das Fernsehen.
Milan Peschel wurde bereits für diverse Episodenhauptrollen besetzt und hat in der
endgenialen Folge „Weil sie böse sind“ (Frankfurt) als alleinerziehender
Familienvater eine Performance hingelegt, die bisher kaum je bei einem andern
Tatort überboten wurde. Sein letzter Auftritt war als verkleideter Superheld in
„Der Hammer“ (Münster). Dieser Tatort war zwar nicht grad der Hammer, aber
Milan spielte selbstverständlich hammermässig.
Und nun, last but not
least, wie man so dämlich sagt, folgt Wolfram
Koch als neuer Hauptkommissar in Frankfurt. 
Welch geniale Sache...
Welch geniale Sache...
...welch ein Erbe.
Momentan gibt es wohl
keine schwierigere Aufgabe im Deutschen Fernsehen. Zu präsent ist die
Geschichte mit dem Abgang von Nina Kunzendorf und Joachim Król. Zu bewusst ist dem Zuschauer noch, dass
Frankfurt soeben, das wohl beste Ermittler-Duo aller Zeiten völlig
dilettantisch zerstört und vertrieben hat.
Der Druck also ist
immens. Die Erwartungen extrem. Und aufgrund meiner Theater-Erlebnisse sind
meine Erwartungen noch wesentlich höher als extrem!
Eigentlich kann
Frankfurt aus Barometersicht also nur verlieren. Und was machen sie? Sie werden
gewinnen. 
Neben Wolfram Koch
wurde mit Margarita Broich auch die weibliche Hauptkommissarin mit einer
hervorragenden Theaterschauspielerin besetzt. Lustigerweise ist sie im
richtigen Leben die Partnerin von Martin Wuttke, der eben erst in Leipzig
entlassen wurde. Tut hier aber natürlich nix zur Sache. Zudem engagierte der
Hessische Rundfunk das Regie/Autor-Gespann von „Im Schmerz geboren“ (Wiesbaden),
die einzige Folge mit der Note 6, seit ich das Barometer schreibe. Und auch
sonst waren die zwei schon für einige sehr gute Folgen verantwortlich. Frankfurt
versucht also alles, wirklich alles, damit wir Zuschauer ihnen den eigentlich unverzeihlichen
Fehler verzeihen werden. Und auch wenn ich dem alten Team noch heute
nachtrauere, so schätze ich diesen Aufwand, diesen Einsatz wirklich extrem.
Frankfurt kämpft wie ein dem Tode geweihter Löwe, damit sie den sehr hohen Standard,
welchen sie sich in den letzten Jahren hart erarbeitet haben, auch weiterhin
halten können. Grosser Respekt vom Barometer.
Und es geht gleich
weiter mit der Lobhudelei. Denn während man von einem Autor, welcher „Im
Schmerz geboren“ geschrieben hat, ein weiteres knalliges Märchen-Feuerwerk
erwarten dürfte, liefert
er das pure Gegenteil. Er schreibt einen Krimi aus dem Leben. Eine simple,
glaubwürdige Grundgeschichte. Und so sieht es für einmal nach völlig normalen
Kommissaren aus. Welch unglaubliche Wohltat, nach all den Psycho-Wracks, nach
all den mies gelaunten Ermittlern, nach all dem Depro-Dortmund. Ein neues Team
ohne geistige Schäden, ohne Krankheiten, ohne Suizid-Absichten, keine tote
Ehefrau, keine kranken Sexfantasien, keine übersinnlichen Kräfte, keine 12-Jährige
bei der Polizei und weder alkohol-, noch drogenabhängig. Zwei 0815 Menschen,
welche sich nun mal entschieden haben bei der Mordkommission zu arbeiten. So
was soll es geben. Angeblich werden sie sogar gut gelaunt zur Arbeit kommen und
vielleicht werden sie gar mal lächeln, trotz tragischem Mordfall. Mit
Sicherheit jedoch werden sie sich nicht 75% der Sendezeit anschreien. „Jaaaaaaa“,
schreie ich dafür! Welch angenehme Freude. Und ihr werdet sehen, normal kann
durchaus spannend sein. Normale Menschen können durchaus 90 Minuten lang
unterhalten. So ist das richtige Leben. Normal. Juheeeee!
Die eigentliche
Geschichte dieser Folge klingt jedoch nicht ganz so normal und ist der einzige
Punkt, bei welchem das Barometer heute leicht ins Zweifeln gerät. Aber er ist
halt ein nicht ganz unwichtiger. Ein Familien-Drama mit Inzest, Missbrauch,
Adoptivkindern, Rabenmüttern, Lesben-Liebe und ein verdächtiger Pösteler in den
Häusern (hatten wir doch schon mal in Kiel. Ob das der gleiche ist? Der kam ja
damals davon...). Zudem versetzen sich die Kommissare angelblich bildlich
immer wieder in das Geschehene rein. Das ist ja auch sehr in Mode momentan und
ein bisschen CSI-gaga oder so. Tja. Klingt schwierig, aber bei dem
unglaublichen Aufwand, welcher Frankfurt
für diese neue Reihe betreibt, könnte diese Folge trotzdem der Anfang einer grossen Barometerliebe werden.
Erwartungs-Barometer: 5
Mittlerweile kriegen wir ja alle zwei Wochen ein neues Team vor die Nase gesetzt. So richtig, richtig überzeugt hat aber
irgendwie noch keines. 
Dass Frankfurt weiss, wie man grosse Teams aufbaut,
haben sie bewiesen. Jetzt müssen sie beweisen, dass sie wissen wie man eines
aufbaut und danach auch halten kann. Vieles klingt sehr vielversprechend. Ich
hoffe aber, dass die Story einigermaßen hält, und ich hoffe, dass Theatergenies
auch im TV so grandios funktionieren.
0 = Macht und Rebell im Theater
6 = Finzi, Peschel und Koch im Theater
Die Note
danach: Ø = 4.5
Die Kommissare versprechen sehr viel (5.5), die Story jedoch hätte abstruser nicht sein können (3.5)!
Falls dieser Barometer-Blog nicht euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr ihn unter folgendem Link löschen:
Die Kommissare versprechen sehr viel (5.5), die Story jedoch hätte abstruser nicht sein können (3.5)!
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