29. Januar 2017

Tatort: Söhne und Väter (Saarbrücken)


So, nun kommt sie also doch noch, die Pflaume aus Saarbrücken. Kurzzeitig wurde dieser Tatort von der ARD ja mit viel Tam-Tam auf den 2. Januar vorgezogen, nur damit sie nach ein paar Tagen bemerken, dass die grossangelegte Vor-Premiere erst Mitte Januar stattfinden wird. Und da diese Premiere am Max Ophüls Filmfestival Saarbrücken (eines der grösseren in Deutschland) geplant war, fanden die Zuständigen beim Saarländischen Rundfunk den völlig dilettantischen Alleingang der ARD-Programmplanung natürlich nicht sonderlich prickelnd. Kann man ja wirklich auch nicht wissen, dass es etwas absurd wäre, wenn zuerst ganz Deutschland den Tatort im TV sehen, und zwei Wochen später dann die Film- und Regionalprominenz zur Premiere in Saarbrücken geladen würde. Nach langem Hin und Her wurde der Tatort nun also wieder auf heute zurückversetzt. Grosses Pech für uns, sonst hätten wir diesen (mit grosser Wahrscheinlichkeit) sehr unangenehmen Abend nämlich bereits hinter uns.
Obwohl, es ist zu lesen, dass das der bisher beste Tatort mit dem neuen Team aus Saarbrücken werden soll. Und die Ausgangslage klingt tatsächlich relativ vielversprechend. Drei Jungs brechen in das Leichenschauhaus ein und stecken ihrem toten Ex-Lehrer ein Schweine-Ringelschwänzchen in den Popo. Selbstverständlich filmen sie das Ganze und selbstverständlich ist am nächsten Tag einer der drei tot. Irgendwie könnte man sich zum ersten Mal in der Geschichte des Saarländischen Tatorts fast ein bisschen freuen auf den Sonntagabend.
Aber nach all den tiefdramatischen Saarbrücken-Erfahrungen bleibt das Barometer äusserst skeptisch.
Nehmen wir mal eine Fliege, die auf einem Bauernhof wohnt, und sich ein Leben lang von Pferdeäpfeln und Kuhfladen ernährt. Wenn diese Fliege nun plötzlich einen Cousin in der Stadt besucht und die dortige Hundekacke absolut weltklasse findet, ist es unter dem Strich halt trotzdem einfach Scheisse. Es mag bessere und schlechtere geben, ja sogar die bisher beste, aber erfahrungsgemäss bleibt Scheisse schlicht Scheisse. Zumal „Söhne und Väter“ sicher auch darauf bezogen wird, dass der Sohn von Kommissar Stellbrink auftaucht, und den Fall verkomplizieren wird.

Erwartungs-Barometer: 3

Söhne und Väter, Ringelschwänzchen und Popo, Jens und Moritz, Leichenschändung und Generationskonflikte, Mord 1 und Mord 2... Die Geschichte klingt einigermassen okay, aber die Erfahrung sagt mir, dass das nie und nimmer reichen wird. Es mag die bisher beste Scheisse sein, aber eben...

1 = Fliegen
6 = Fleigen

Die Note danach: 3.5
Teilweise erstaunlich gute Schauspieler (z.B. der Stiefsohn), aber eben auch un-erstaunlich schlechte. Und auch das Drehbuch startete erstaunlich gut, endete aber doch im befürchteten Bereich.
„Renate, das ist unverhäldnismässisch!“

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22. Januar 2017

Tatort: Schock (Wien)


Ein leises Fünklein Hoffnung huscht am Horizont vorbei, eine Art Durchatmer für das Barometer.
Da die ARD es momentan schlicht nicht richten kann, liegen die ganzen Hoffnungen des Barometers nun halt auf dem ORF.
Zugegeben, die letzten Tatorte aus Wien waren keine Brüller, irgendwie scheinen auch die österreichischen Autoren etwas zu schwächeln, aber, und das gilt es immer wieder zu erwähnen, die Bibi und der Moritz enttäuschen einen nie. Selbst wenn die Story auch mal richtig abkackte, das Kommissaren-Team und ihre Dialoge waren das Eintrittsgeld noch immer wert.
Es ist jedoch äusserst schwierig einzuschätzen was uns nun erwarten wird. Ein vom Leben enttäuschter Generation Ypsiloner
entführt seine Eltern und droht in einem Youtube-Video sie umzubringen.
Dr. Bibi und Mr. Moritz ermitteln also für einmal nicht in einem geschehenen, sondern in einem bevorstehenden Mordfall.
Auf der einen Seite klingt das nach einer aussichtsreichen Ausgangslage, auf der andern jedoch sagt mir die Erfahrung, dass Tatort-Autoren allergrösste Mühe damit haben, junge Menschen und das Internet darzustellen. Daran ist bisher noch jeder Tatort gescheitert. Es eskaliert jeweils immer in peinlich dargestellten Millennial-Klischees und oft mit Fremdschäm-Homepages. Ob Wien das besser machen kann als alle andern? Ich wage es zu bezweifeln. Zumal ja auch die Tochter vom Eisner in diesem Alter ist, was durch das zusätzliche Konfliktpotential für den Tatort kaum förderlich sein kann.
Aber nach all den durchschnittlichen Folgen, kann ich meine negativen Vermutungen ohne Weiteres zur Seite schieben, und Dank den Kommissaren eine behutsame Euphorie in mir entfachen.

Erwartungs-Barometer: 4,75

Bibi und Moritz im Kampf mit der gestörten Generation Y.
Ich befürchte teil debakulöse Szenen, klammere mich aber an den Wiener Schmäh. Also huscht neben der Hoffnung auch ein leises Fünklein Vorfreude am Horizont vorbei.

1 = Tatort und Internet
6 = Tatort und Granteln

Die Note danach: 5
Das ist eben der grosse Unterschied. Die Österreicher schaffen auch aus einer eher mittelmässigen Geschichte einen guten Tatort zu machen. Dank diesem grossartigen Team! Gleiches Drehbuch in einer andern Stadt und es hätte nie für eine 5 gereicht.


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15. Januar 2017

Tatort: Die Wacht am Rhein (Köln)


Das Barometer ist mit viel Elan ins neue Jahr gestartet, es wollte wieder vermehrt voller Leidenschaft berichten. Aber wie ich vor den Festtagen erwähnt habe, erwarte ich vom Tatort per sofort eine ähnliche Einstellung. Dieser jedoch scheint sich der prekären Lage kaum bewusst zu sein und ignoriert das Flehen des Barometers komplett.
Letzten Sonntag sahen wir zwar sehr bemühte Schauspieler, aber das Drehbuch war mal wieder miserabel. Und was habe ich gezählt? Flüchtlings-Tatort Nr. 247.
Tja, diesen Sonntag werden wir Flüchtlings-Tatort Nr. 248 sehen. Zudem eine rechtsradikale Bürgerwehr und die seit Jahren gelangweilten Köln-Kommissare. Gääähhhhhnnn, so ernst das Thema eigentlich ist.

Erwartungs-Barometer: 3,5

"Nafris", Bürgerwehr, Klischees, Köln, Schnarch-Nase Ballauf...
Nein, das habe ich mit „muss besser werden“ definitiv nicht gemeint. Worüber soll ich bei dieser Langeweile auch schrieben? Kann ja nicht jedes Mal Pizza machen.

1 = Ignoranz
6 = Leidenschaft

Die Note danach: 4.5
Okay, ein bisschen besser als erwartet. Problem ist aber, dass diese ganze Flüchtlingsproblematik einfach eine Nummer zu gross ist für den Tatort. So komplex, so extrem schwierig.
Und leider ist bei diesen Folgen die Tätersuche auch immer äusserst langweilig. Nach 248 Drehbüchern zu diesem Thema, weiss der aufmerksame Zuschauer, dass am Ende sicher nicht die Ausländer die Mörder sein werden. So was würde sich der Tatort niemals getrauen. Zu politisch korrekt ist man bei der ARD. Und genau wie letzten Sonntag, war also auch heute von der ersten Sekunde an klar, wer es war.


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8. Januar 2017

Tatort: Land in dieser Zeit (Frankfurt)


Nun waren sie also vorbei, die Tatort-Festtage, die gar keine waren. Nun war auch er vorbei, der Tatort-Start ins neue Jahr, ohne richtigen Tatort.
Während ich aber am Pistenrand eines Baby-Skilifts stand, hatte ich kaum Zeit mich mit den Problemen des Tatorts zu befassen. Gegen zwanzig verschiedene Elternteile umkreisten das Geschehen wie ein aufgebrachter Hühnerhaufen, der dringend ein paar Eier legen sollte. Alles war dabei: Von alternativ mit kratzigem Wollpulli in mutigen Farben bis überehrgeizig in scharf schwarzem Turbo-Wetless-TripleCortex*-200%atmungsaktivem-Speedjump-Skianzug. Aus allen Ecken der Schweiz waren sie angereist, und auch einen nicht zu unterschätzenden Populationsanteil von Tüdschen stand aufgereiht im knackigen Kunstschnee. Und doch waren wir alle irgendwie vereint. Ein Wort, brachte uns alle zusammen. Ganz nah, als wären wir alle eine einzig grosse Familie!

„Nein Theo, mach Pizza! Mach Pizza!“
„Lara wäisch du muesch d Piiizaa mache, gäll.“
„Super Joy. Pizza. Genau soo muäsch. Pizza.“
„Aaaaaaaaaachtung, Luca! Piiiiiizzzzzaaaa“
„Tim. Also so wird das nie was. Tim. Du musst doch die Pizza machen. Tii-iim. Pizza bitte.“
„Pizza, Pizza, Pizza...“
„Pizza machen, Pizza machen.“

Für einen kurzen Augenblick wähnte ich mich inmitten einer Gruppentherapie-Sitzung von eigentlich nicht mehr therapierbaren Schwerst-Psychopaten.
Gottseidank verschwand just in diesem Moment die Sonne hinter den nahen Bergspitzen und es wurde merklich kühler. Punkt 15.32 Uhr starteten in einem Umkreis von 500m mit einem lauten Knall sechs Mega-Monster-Schneekanonen zu ihrer langweiligen Tagesaufgabe, und verpulverten auch noch das restliche Bergwasser in den Himmel. Die hysterischen Stimmen verstummten im Gedonnere der Maschinen und die komplett überforderten Balgen verschwanden im wirren Schneegestöber. Prophylaktisch schrie ich noch ein paar Mal „Pizza, Pizza“ in den Nebel und das Getöse. Irgendein Goof wird sich schon betroffen fühlen, dachte ich mir, und konnte mich danach endlich wieder meinen gemütlichen Tagträumen widmen. Ich sah mich am Abend in meinem rustikalen Blockhaus am Kamin sitzen. Draussen schneite es kirschgroße Flocken echten Schnee, und ich schrieb auf meinem nigelnagelneuen 11’Zoll Air mit ultrascharfem 5K Display über die konstant hohe Qualität des Tatorts.

- Schnitt -

Nun sitze ich da, es schneit tatsächlich draussen. Nicht kirschgroß, aber zumindest endlich echt, und in einer wunderbaren Ruhe. Der Kamin ist weg, Retina war nur ein Traum, das Blockhaus ist eine muffige und völlig überteuerte 1,5 Zimmer Ferienwohnung der Unia mit pickelhartem Ausziehsofa. Und was ist mit der Qualität des Tatorts? Ich weiss es nicht. Ich weiss es wirklich nicht.
Eigentlich hat es sein Gutes, dass erst Dortmund und danach auch noch Saarbrücken verschoben wurden. So kriegt die ARD nun, eine Woche später als geplant, eine unerwartete Chance, das 2017 doch noch ordentlich zu starten. Es wäre eine versöhnliche Geschichte für das Barometer.
Aber, und schon muss ich wieder auf die Euphorie-Bremse stehen, ich vermute, dass auch diese Möglichkeit vertan werden wird.
Natürlich, Frankfurt hat ein relativ hohes Grundniveau, und das werden sie auch dieses Mal nicht unterschreiten. Aber so richtig zünden und das neue Jahr grandios einläuten wird auch diese Folge nicht. Nachdem der Tatort aus Frankfurt ja eben erst den relativ spannenden Versuch mit einem Sci-Fi-Theaterstück gesendet hat, wechselt er jetzt wieder in das äusserst klassische „Rassismus, Flüchtlinge, Nazis, Blablabla“-Fach.
Natürlich sehr aktuell und äusserst tragisch, keine Frage, aber will ich darüber Tatort Nr. 247 sehen? Eher nein.
Die Kritiken werden sicher gut ausfallen, weil halt so Deutschland im Mikrokosmos und so, aber für das Barometer klingt die Geschichte, als würde sie sich nach guten Ansätzen mal wieder viel zu sehr verzetteln. An die Klischees will ich gar nicht erst denken.
Gespannt darf man hierzulande jedoch sein, ob der neue Schweizer Boss* in Frankfurt den alten Schweizer Boss gut ersetzen wird. Tut zum eigentlichen Krimi aber herzlich wenig zur Sache.

Erwartungs-Barometer: 4,5

Zugegeben, dank der Absage von Saarbrücken konnte das Schlimmste gerade noch abgewendet werden. Aber unter dem Strich scheint es genau so weiterzugehen wie im letzten Jahr. Ein paar gute Szenen, Schauspieler, die sich wirklich abmühen, um was aus dem Drehbuch rauszuholen, aber im Endeffekt halt doch zu uninspirierte Scripts, um dem mittelmässigen Tatort-Alltagstrott zu entkommen. Ich verstehe diese Gleichgültigkeit nicht. Die ihrige nicht, und die barometrige irgendwie auch nicht. Egal. Ich hab jetzt eh Hunger.

1 = Pizza machen, Pizza machen.
6 = Pizza machen, Pizza essen.

Die Note danach: 4
Von wegen lechts und rinks. Die Guten sind hier durchwegs gut, die Bösen sind böse und der Tatort bleibt äusserst bescheiden.


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* Seit "Macht und Rebell" ist der für mich gestorben.