9. April 2017

Tatort: Am Ende geht man nackt (Nürnberg)


Eigentlich ist das Barometer ja neuen Tatort-Reihen gegenüber relativ euphorisch eingestellt. Ich finde es äusserst spannend zu sehen, was Filmemacher aus solch guten Voraussetzungen jeweils entwickeln. Und so weiss ich noch bestens, dass ich mich als Fan des Bayerischen Fernsehens herzlich gefreut habe, als ich vor über zwei Jahren zum ersten Mal von einem neuen Team aus Nürnberg gehört habe. Jedoch an alles, was in der Zwischenzeit mit diesem Tatort passierte, kann ich mich schlicht nicht mehr erinnern. Heute läuft angeblich bereits die dritte Franken-Folge, aber ich hab absolut keine Ahnung, was in den ersten beiden passiert ist. Ich wüsste nicht mal mehr wie die Kommissare aussehen, wenn ich nicht ein Bild von ihnen vor mir liegen hätte. Somit habe ich auch null Gefühl, null Vorwissen, was diesen Tatort angeht. Ich kann aus meinem Fundus weder Positives noch Negatives berichten, ich habe schlicht keine Erinnerung.
So bleibt mir also nichts anders übrig, als meine Prognose für einmal aus dem Pressetext und aus mickrigem Halbwissen zusammenzubasteln, anstatt aus jahrelanger, fundierter Erfahrung.

„Nach einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft muss sich Kommissar Voss, der Verwandte im Kaukasus hat, als Asylsuchender aus Tschetschenien ausgeben und undercover ermitteln.“

Was glaubt ihr, könnte das eine Geschichte sein, die das Barometer als gut oder gar als einzigartig taxiert?
So viele Ausländerproblematik-Tatorte sind bisher gescheitert. Trotz all dieses Leides auf der Welt und obwohl natürlich krasseste Geschichten dahinterstecken, berühren einem die Filme viel zu wenig. Ich mache dafür die simple Figurenzeichnung verantwortlich. Es gibt immer nur Gut und Böse. Keiner traut sich dazwischen in die komplexe Grauzone. Keine Überraschungen, keine Spannung. Es gibt nur Schwarz und Weiss, also einfach umgekehrt. Aber so funktioniert das nicht. Figuren brauchen eine Ambivalenz, sie müssen uns jederzeit überraschen können, sie müssen uns interessieren. Sie brauchen Tiefe, sie müssen zweispaltig daherkommen, erst dann werden sie spannend. Natürlich ist das oft auch bei ganz anderen Themen ein Problem, aber bei den Flüchtlingstatorten fällt es am meisten auf, weil den Machern der Mut fehlt, die Grenze zwischen Gut und Böse zu verwischen.
Prognose Drehbuch: Eher schwierig.

Was weiss ich noch. Der Regisseur ist Markus Imboden. Der hochgejubelte Filme-Macher aus der Schweiz.
Das ist seine 4. Folge in 4 Monaten! Wahnsinn, dieser Output. Momentan der absolute Star in Tatort-Kreisen. Nur kann ich mir nicht so ganz erklären warum. Ich fand keine seiner Folgen wirklich gut.
Vielleicht weil eben genau drei von vier die Ausländerproblematik in Deutschland thematisieren. Topaktuell und hochbrisant, aber irgendwie auch ein bisschen feige. Hey Kusi, kein Thema für einen deutschen Tatort? Nazi und DDR sind irgendwie vorbei, oder? Nimm doch mal wieder Asylsuchende, die ziehen immer.
Prognose Regisseur: Eher negativ.

Tja, zu guter Letzt könnte ich noch einen Schuss Stadt einfliessen lassen. Nürnberg hat mir als kleine bayrische Schwester von München immer ganz gut gefallen. Es gibt Ecken, die sind so viel mehr Grossstadt, so viel mehr Welt, als München. Da wäre einiges an energetischem Potential vorhanden. Aber ob das in den Tatort miteinfliessen wird?
Prognose Stadt: Neutral.

Wirklich schlauer bin ich nicht. Also schustere ich mir daraus eine Note.

Erwartungs-Barometer: 3.5

Die wenigen Anhaltspunkte, welche dem Barometer zur Verfügung stehen, verheissen nicht viel Gutes. Nicht superdramatisch, aber kaum genügend. Die Story klingt nun wirklich so gar nicht nach etwas, das in den letzten Jahren famos funktioniert hätte. Aber wie ein relativ weiser Junge mal zu pflegen sagte: „Die besten Ausgänge schleichen sich immer hinterfotzig an!“ Wer weiss, vielleicht ist das mit dem fränkischen Tatort Team genau so.

1 = Hinterfotzige undercover Einschleusungen.
6 = Hinterfotzige Ausgänge.

Die Note danach: 3.5 (Volltreffer!)
Das wirklich hinterfotzige ist ja wohl, dass man uns diesen Klischeehaufen tatsächlich noch als Tatort verkaufen will. Und einmal mehr, ein Asylsuchender kann im Tatort zwar durchaus kleinkriminell, aber sicher nicht ein Mörder sein. So war die Sache mit dem Schloss selbstverständlich doch nur ein Unfall.
Und ganz ehrlich, der echte Roger Federer spielt in seinen Werbespots irgendwie fast authentischer.


Falls dieser Blog nicht euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr ihn unter folgendem Link löschen:




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen