1. April 2013

Tatort: Macht und Ohnmacht (München)



Lange habe ich nichts mehr zu meinem eigentlichen Barometer-Leitfaden geschrieben. Wie hätte ich auch sollen, bei Schweiger, Thomalla oder bei Münster? Aber ein Kommentar, den ich kürzlich erhalten habe, hat mir wieder vor Augen geführt, um was es am Ende des Sonntages eigentlich geht:
Authentizität – nichts wünschte ich mir mehr!
(Hhmm, das könnte mal wieder ein längeres und anstrengenderes Barometer werden).
Ich habe wirklich gehofft, dass nun so was wie eine Wende gekommen ist. Dass irgendwie genau jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Tatorter Frühling sein könnte. Ich habe gehofft, dass die Leute da draussen endlich kapieren, welch Unfug mit ihnen getrieben wird, auf welch Nonsens sie da immer wieder rein fallen. Aber einmal mehr sehe ich mich massiv getäuscht. Zwei Wochen nachdem der Schweiger den neuen Zuschauerrekord aufgestellt hatte, holte sich Münster die Jahrtausendquote gleich wieder zurück. Was für ein Faustschlag mitten in mein unschuldiges Gesicht. Wie ein geprügelter Hund in der Gosse liegend, wird mir bewusst, dass mein Kampf gerade erst begonnen hat. Ich fühle mich alleine. Ein Einzelkämpfer. Aber das war ich immer schon. Der einsame Retter, für all die ahnungslosen Fernsehzuschauer. Authentizität ist in der heutigen Zeit nicht mehr gefragt. Das Volk will keine Echtheit. Das Volk will Müll. Und ich werde nicht ruhen, bis ich die Gesellschaft zu einem Umdenken bewegen konnte. Jeden noch so kleinen Schritt werte ich als grossartigen Teilerfolg. In dieser Woche z.B. habe ich vom grössten Münster-Fan unter meinen Lesern erfahren, dass er übergelaufen sei. „Sum sum sum, Witz frisst Spannung“ schickte er mir. Er hat es also endlich begriffen, und mit meiner Hilfe konnte er sich von seinen Dämonen befreien. Er ist jetzt einer der Guten. Er ist zwar nur einer von 12,81 Millionen, aber ein wichtiger. Ich werde kämpfen, hart und unerbittlich, bis ich jeden einzelnen aus den Fängen dieser TV-Sekte befreien konnte, und wir uns alle zusammen endlich wieder auf die eigentliche Freude konzentrieren können:
Die Suche nach dem perfekten Tatort!

Wie sehr wünsche ich mir eine Geschichte, die tief aus der Seele schreit. Eine Geschichte aus purer Leidenschaft.
Ein Tatort, welcher uns Zuschauer endlich mal wieder mitten in unsere Herzen treffen könnte. Ein paar glaubwürdige Figuren und eine simple Story, die in der jeweiligen Stadt auch wirklich so geschehen könnte. Authentizität! So einfach scheint es, und doch ist es das Schwerste überhaupt. Sonst könnten wir das doch jeden Sonntag sehen, jeden Sonntag spüren. Es will mir doch niemand sagen, dass die Autoren diesen unglaubwürdigen Quatsch, den sie oft schreiben, selber gut finden. Also Entschuldigung.
Da wird am Ende von Leipzig der Attentäter von einer Spezialeinheit mit 30 Schuss durchsiebt, kann danach aber in aller Ruhe noch zwei Mal auf den Auslöser drücken. Klar, das ist ein Detail. Aber genau mit solchen Dingen zerstört man ganze Filme. Und es wäre einfachstens zu lösen gewesen. Er hätte das Einsatzkommando z.B. bemerken und knapp noch hinter einen Schacht hüpfen können. Da hätte er seine 10 Sekunden gehabt, um die Bömbchen doch noch zu zünden. Natürlich, das wäre ähnlich billig. Aber wenn man unbedingt den Wuttke auf einem Golf-Wägeli durch den Flughafen düsen, und die Bombe explodieren lassen wollte, dann bitte zumindest mit einer Variante, die funktionieren würde, auch wenn sie noch so blöde ist. Für wie dumm halten uns die Drehbuchautoren eigentlich? Irgendjemand muss die Menschen doch davor bewahren. Einer muss sich doch opfern. Wo also bleibt meine Authentizität?

Vielleicht hier? Es gibt sie, diese Tatort-Macher, die ähnlich denken wie ich. Sie werden rar und rarer, aber es gibt sie immer noch. Und als ob die ARD ein Herz für dieses Barometer hätte, beschenken sie uns zu Ostern mit einem neuen Tatort aus München. München ist einer dieser wenigen. München ist ein Juwel.
München trifft bei weitem nicht immer ins Schwarze, aber bei München besteht die latente Möglichkeit, dass es jederzeit einen Volltreffer geben könnte. Und dieser Fakt lässt meine Vorfreude immer wieder von neuem in die Unendlichkeit steigen. In der letzten Zeit haben sie sich zwar etwas verzettelt. Diese ganze Suche nach einem Nachfolger für den Assistenzposten, liess die wirklich guten Storys leider etwas zur Nebensache verkommen. Seit der Carlo Menzinger nicht mehr dabei ist, merkt man, dass nicht nur den Kommissaren im Film, sondern eben auch den Autoren beim Schreiben ein wichtiges Puzzleteil fehlt, eines, das sie seither verzweifelt versuchen zu ersetzen. Bei all den temporären Assistenten war man nämlich immer heilfroh, dass sie gegen Ende wieder verschwunden oder gleich gestorben sind. Tja, das hat man natürlich auch beim Bayerischen Rundfunk bemerkt und hat den Carlo kurzerhand reaktiviert. Das Herz ist also zurück. Der Münchener Tatort hat wieder eine Seele. Zwar nur für diese eine Folge (erst einmal?), aber immerhin. Erfreuen wir uns an dem Moment, und erfreuen wir uns ob der Tatsache, dass München zumindest versucht ein ganz grosses Stück an Authentizität zu vermitteln.
Es geht um die knallharte Polizeiarbeit. Wie der Mensch hinter dem Polizisten mit all diesen alltäglichen Verbrechen umgehen kann bzw. umgehen muss. Wie viel Gewalt Polizisten im Endeffekt selber auf die Strasse bringen. Gewalttätige Polizisten sind natürlich ein extrem schwieriges Thema. Aber wenn ein Tatort-Team mit solchen Geschichten umzugehen weiss, dann ist es München.
Und als ob das nicht schon vielversprechend genug klingen würde, werdet ihr einen Schauspieler sehen, welcher einigen von euch doch bekannt vorkommen könnte. Einer, der genauso denkt wie ich, und vor allem einer, der das auch umsetzen kann. Einer der mit Herz und Seele für die Authentizität kämpft. Es macht mich unheimlich stolz, dass er in diesem Tatort die Rolle eines Strassenbullen spielen wird. Ich bin sehr gespannt. Seine mittlerweile doch beachtliche Karriere, ist für mich der Beweis, dass ich doch nicht ganz auf mich alleine gestellt bin. Es gibt sie, diese Filmemacher, die an die Echtheit glauben, und die mit mir in diese letzte Schlacht ziehen werden! Es gibt sie. Lasst uns kämpfen!
Euer Robin Hood des authentischen Tatorts!

Erwartungs-Barometer: 5.5
Die Note danach: 5
(So ganz funktioniert hat der dann irgendwie doch nicht. Sehr gut angefangen, gegen Ende ziemlich abgeflacht).

Sicher wird auch München wieder zwischendurch in die Unglaubwürdigkeit abrutschen. Zu schwierig wird es sein, ein solch heikles Thema in einem Tatort zu erzählen, aber wenn ich den Beschrieb der Macher lese, dann hüpft mein Herzchen vor purer Freude.
„hoher Realismus-Touch, glaubwürdige Schauspieler, moderne Bildsprache, starke Montageeffekte, Bewegung, wohin das Auge reicht.“
So muss Tatort sein. Das ist der Weg. Authentizität, meine geliebten Leser, Authentizität!

0 = Ungefähr so viel Erwartung wie vom BAT im Halbfinale gegen das gute, alte Weissenfels.
6 = Ungefähr so viel Erwartung wie vom FC BAYERN MÜNCHEN!

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