14. April 2013

Tatort: Wer das Schweigen bricht (Frankfurt)


Es ist unglaublich, mit welch Qualitätsschwankungen wir Herzblut-Tatortfreunde uns jeden Sonntag auseinander setzen müssen.
Welch Wechselbad der Gefühle wir momentan durchleben. Jede Woche die Hoffnung, im ganz grossen Stil entzückt zu werden, jedoch gleichzeitig die pure Angst, einen knallharten Faustschlag in die Magengrube zu kriegen oder mit übelsten Kopfschmerzen den Fernseher ausschalten zu müssen. Hochs und Tiefs jagen sich in einer Intensität, wie sie sonst nur in einer wildromantischen und äusserst temperamentvollen Liebesbeziehung zu erfahren sind.
Und mit dieser Folge spitzt sich die Situation noch dramatisch zu. Denn eben genau diese Intensität, dieses Wechselbad wurde nun, aufgrund der aktuellen Situation in Frankfurt, gar in eine einzelne Folge rein komprimiert.
Wir werden am Ende nicht wissen, ob wir vor Freude schreien oder vor Trauer weinen sollen. Wir werden uns freuen, keine Frage. Freuen über eine sehr gute Tatort-Folge. Aber gleichzeitig werden wir unheimlich traurig sein. Traurig mit dem Wissen, dass das die letzten 90 Minuten von Nina Kunzendorf gewesen sein werden. Was sich im letzten Tatort aus Frankfurt „Im Namen des Vaters“ bereits grossartig angedeutet hat, wird nun mit dieser Folge auch dem hinterletzten Dilettanten beim Hessischen Rundfunk bewusst werden. Man sprengte hier mit einem total unnötigen Konzept (nuttenartige Comic-Kommissarin), das aus meiner Sicht, bestfunktionierende Ermittlerpaar, nach nur gerade fünf Folgen wieder auseinander. Was der geschätzte Barometer-Leser ja immer schon gewusst hat, wird nun auch der breiten Öffentlichkeit offenbart. Nina Kunzendorf funktioniert noch viel, viel besser als ganz normale, starke und intelligente Kommissarin. Das reicht völlig aus neben dem introvertierten Joachim Król! Alles andere, all die sexy Kostüme, waren viel zu viel. Dass man diese Frau durch eine solch dämliche Figur, welche Sie am Anfang spielen musste, so blamiert hat, wird wohl als der grösste Fehler aller Zeiten in die Geschichte des Tatorts eingehen. Ich kann es wirklich kaum fassen. Es ist zum Heulen. Jammerschade. Dafür müsste eigentlich die ganze Tatort-Etage in der ARD den Hut nehmen. Unglaublich, welch riesiges Potential hier verschenkt wurde, aus purer Unfähigkeit von ein paar Amateuren.
Ich meine, welcher ernstzunehmenden Schauspielerin wäre es nicht zu blöde gewesen, im Bikini am Tatort rumzuhuschen oder im lächerlichen Cowboykostüm die Männer zu bespringen?
Klar, das hat man nun bemerkt und auch korrigiert. Aber leider zu spät. Als dämlich überzeichnetes Obertussi hat sie damals gekündigt, und als wohl beste weibliche Kommissarin, verlässt sie nun den Tatort.
Und genau in dieser traurigen Stimmung in der ich nun bin, in der auch ihr sein werdet, in dieser Stimmung, wurde diese Folge gedreht. Aber wir alle wissen, je tiefer der Schmerz, desto grösser am Ende die Kunst.
Ein Mord im Jugendknast und der Abschied von Conny Mey, machen nicht nur uns Zuschauern zu schaffen, sondern lassen auch den Kommissar Steier an seine Grenzen kommen. Und was spielt Joachim Król besser, als ein ambivalenter Typ an der Grenze? Als Einzelgänger trinkt er sich durch diesen düsteren Tatort und wird nun auch die letzten zwei Dinge noch verlieren, die ihm auf irgendeine Art was bedeutet haben. Wie immer habe ich bei Szenen mit Jugendlichen und erst recht mit jugendlichen Gangstern so meine Bedenken. Solche glaubwürdig darzustellen bzw. zu besetzen ist sehr schwer, und ich bin gespannt, ob das funktionieren wird. Aber diese Bedenken sind nur unbedeutende Nebengedanken in meinem Kopf, denn was die Geschichte, die deprimierende Inszenierung, die Ermittler und überhaupt alles andere angeht, werden wir einen Tatort auf allerhöchstem Niveau sehen. Es wäre doch irgendwie auch passend zum ewigen Auf und Ab, welches wir Fans ertragen müssen, wenn wir eine Woche nach dem schlechtesten Tatort des Jahres, vielleicht nun den besten des Jahres sehen würden… Wer weiss? Einer der besten wird er bestimmt.
Und so sollten wir heute eigentlich glücklich und zufrieden ins Bett gehen können, aber eben, es wird eine äusserst beklemmende Zufriedenheit sein.

Erwartungs-Barometer: 5.5
Die Note danach: gute 5

Irgendwie unspektakulär, dieses Barometer, ich weiss. Eines, welches mir etwas im Hals stecken bleibt. Aber unter dem Strich gibt es eigentlich auch nur zwei Dinge, die zu diesem Tatort gesagt werden müssten:
SEHR ,SEHR SCHADE und SEHR, SEHR GUT!

0 = ungefähr so viel Erwartung wie vom SCB nach Spiel 3 & 4 und von HCFG nach Spiel 1, 2 & 5.
6 = ungefähr so viel Erwartung wie vom SCB nach Spiel 1, 2 & 5 und vom HCFG nach Spiel 3 & 4.

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