23. März 2014

Tatort: Der Fall Reinhardt (Köln)


Und während ich noch immer irgendwas von Dürre schwafle, ist draussen längst Frühling geworden. Mit den ersten Sonnenstrahlen und dem erfrischenden Regen hat sich auch die Tatort Situation merklich entspannt. Das Niveau ist gestiegen. Schleichend und ganz leise, ich hab es vor lauter Schrott und Schweiger-Debakel kaum bemerkt.
Nach der überzeugenden Folge aus Österreich fand ich nun auch Leipzig erstaunlich gut. Trotz aller Klischees, für mich hat der funktioniert.
Eine Art Tatorter Frühling, in welchem wir uns also befinden. Mit den ersten blühenden Narzissen steigt auch die Qualität des Tatorts, und mit der Qualität steigt auch die Freude! Endlich macht es mir wieder richtig Freude im Barometer zu schwadronieren. Fast als wäre ich ein eben geschlüpfter Schmetterling, welcher sein endtristes Raupen-Dasein so was von satt hatte. Ein Schmetterling, welcher nun in voller Pracht durchs Barometer frohlocken und sich vom Nektar der guten Tatorte ernähren kann.
Und nicht nur die Freude am Tatort selber bereitet mir Freude. Auch die Freude, dass ich wieder Freude habe, aus Freude das Barometer zu schreiben. Ich habe mir nämlich oft überlegt, ob es mir mittlerweile nur noch darum geht, den Tatort möglichst schlecht zu machen und ich an guten Folgen gar keine Freude mehr habe. Nix Schmetterling, sondern ein gieriger Tatort-Vampir, welcher alles nur miesmacht um sich danach von den triefenden Überresten, der schlecht geredeten Tatorten zu ernähren. Welcher sich am Dilettantismus förmlich aufgeilt und dem langweiligen Einheitsbrei den letzten Tropfen Blut aussaugt. Aber nein, so ist es nicht. Natürlich bin ich dem Komplett-Verriss eines richtig schlechten Tatorts nicht abgeneigt, aber ansonsten hab ich die Durchschnitts-Grütze satt.
Ich liebe Qualität mehr als alles andere!!! Die Freude an einem guten Tatort überträgt sich direkt auf die Freude am Barometer. Heute bin ich definitiv der Schmetterling, und der ist unter dem Strich immer noch auf der Suche nach dem perfekten Tatort. Ich bin ob dem Frühling also feste entzückt.

Und für den Moment wird sich daran hoffentlich nicht viel ändern.
Der letzte Fall aus Köln sitzt uns allen noch in den Knochen. Selten wurde uns ein Tatort mit einer solchen Wucht um die Ohren gehauen wie „Franziska“. Selten wurden wir mit einem solch mulmigen Gefühl in die Nacht entlassen, selten war Tatort besser.
Ein solcher Wurf wird dem WDR dieses Mal sicher nicht gelingen, aber das muss er auch nicht. Eine normal gute Folge würde uns absolut reichen. Zumindest der düsteren Filmästhetik und der deftigen Stimmung von „Franziska“ setzt Köln noch einen drauf. Die Geschichte ist noch trauriger, noch härter. Drei Kinder sterben bei einem Hausbrand, die Mutter wird völlig verwirrt am Rheinufer gefunden, der Vater, der eigentlich am Arbeiten sein sollte, ist seit zwei Jahren arbeitslos. Kein Spektakel, kein grosser Kriminalfall. Eine schreckliche Tragödie um eine simple Familie. Ein Drehbuch, wie es mir gefallen könnte. Jedoch mit einem ganz grossen Fragezeichen: Wie kann ein solch unfassbares Schicksal überhaupt glaubwürdig geschrieben, umgesetzt und vor allem gespielt werden? Einer enorme Aufgabe, der sich Köln da stellt. Eigentlich zum Scheitern verurteilt! Dass Köln jedoch Grosses leisten kann, haben sie kürzlich bewiesen und mit Susanne Wolff (Deutsches Theater, Berlin) bzw. Ben Becker (kennt ihr wohl alle) sind die Eltern zumindest sehr prominent besetzt.

Erwartungs-Barometer: 5
Die Note danach: 4.5
Na ja. Leicht naiv, am schneereichsten Wochenende des Jahres den Frühling zu feiern. Armer, kleiner Schmetterling.
PS: Franziska wird schmerzlich vermisst.

Nachdem der Kölner Tatort über die letzten Jahre nur biederes Mittelmass präsentierte, hat er nun kräftig zugelegt. Er spielte sich mit einem Knall wieder in die Oberliga, wird nun aber natürlich auch daran gemessen. Mit dieser Folge riskiert er sehr viel, scheint die höheren Erwartungen jedoch gerade noch erfüllen zu können. Und auch wenn die Stimmung nach einem solch hart zu ertragenden Fall kaum freudig sein wird, darf man auf ein anhaltendes Frühlings-Hoch hoffen. Euer Tatort-Schmetterling.

0 = Eklige Raupen
6 = Schillernde Falter


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