8. November 2015

Tatort: Schwanensee (Münster)


Der sogenannte „Tatort“ aus Konstanz also, hat uns auf den Boden der Realität zurückgeholt. Die 5er-Serie ist zu Ende. Jetzt heisst es wieder Scheisse fressen. Aber irgendwie ist das auch gut so. Nur so werden wir weiterhin die guten Folgen zu schätzen wissen, nur so wird eine 5 auch wieder eine 5 sein und nur so wird das Barometer das ganze Spektrum des Tatort-Universums weiterhin ergründen können.
Nur eine mickrige Folge brauchte es, um mich schon wieder wehmütig werden zu lassen. Was war das für eine schöne Zeit, als uns Sonntag für Sonntag ein guter Tatort serviert wurde. Wie konnte ich so fett und undankbar werden, dieses Privileg zu verschmähen? Was hatten wir auch für einen goldigen Herbst. Damit ist nun Schluss. Münster steht an. Obwohl Münster ja auf einer komplett andern Ebene versagt als Konstanz.
Seit jeher proklamiere ich, dass der Tatort aus Münster eigentlich auf allerhöchstem Niveau produziert wird, nur ist man da leider völlig festgefahren mit diesem Blödel-Zirkus. Denn eigentlich bin ich mir sicher, dass das ganze Filmteam das genau so sieht. Da stecken absolute Vollprofis dahinter (eben nicht wie in Konstanz), nur befinden die sich in einem üblen Dilemma. Die „Münsteranische Zwickmühle“ würde ich es nennen. Ganz selten hat man versucht, das Kasperle-Theater a bissl runterzufahren und vielleicht auch mal einen Tatort zu drehen, der zumindest ein Fünkchen an Ernsthaftigkeit mit sich bringen könnte. Die zwei Hauptdarsteller sind ursprünglich ja eigentlich keine popligen Komödianten, sondern grandiose Schauspieler, welche in vielen seriösen Rollen schon glänzten und brillierten. Aber mit diesen halbherzigen Versuchen, ins etwas ernstere Fach zu wechseln, sank auch jedes Mal sogleich die Quote. Also lies man es wieder bleiben. Die Zuschauer lieben Boerne und Thiel genau so wie sie sind. Die Zuschauer wollen genau das sehen. Je blöder desto besser. Und so werden wir uns auch dieses Mal hauptsächlich mit einer dämlichen Klamotte begnügen müssen. Schade. Ich vermute nämlich, dass der WDR mit dieser Folge mal wieder einen Versuch starten wollte. So wurden extra ein Autor und ein Regisseur engagiert, welche bisher im ernsteren Fach grosse Erfolge feiern konnten. Aber selbst die haben es im Endeffekt nicht gewagt, dieser Serie mal eine etwas neue Richtung zu geben. Zu gross ist die Angst vor einem totalen Zuschauereinbruch. Zu festgefahren bzw. halt zu erfolgreich, ist die Masche der Doofen. Die Geschichte um eine Leiche im Teich einer Psychiatrie wird mit Sicherheit genau das zeigen. An jeder Ecke wird man spüren, wie gerne all die überqualifizierten Filmschaffenden einen richtig geilen Tatort machen würden, wie gerne das ganze Team endlich mal etwas Seriöses abliefern möchte, man wird spüren, wie unangenehm es eigentlich allen ist, ihr Talent für eine solche Grütze zu verschwenden. Aber am Ende hat sich in Münster längst schon eine Eigendynamik entwickelt, die niemand mehr zu bändigen weiss. Die Dummheit ist nicht aufzuhalten, auch nicht von den Besten ihres Faches. Münster ist seit Jahren der erfolgreichste Tatort, der Sender will diesen Triumph dann doch unter keinen Umständen für die Kunst opfern, und so wird es auch dieses Mal enden, wie es immer endet in Münster. Zwei völlig unterforderte Schauspieler geben ihr Bestes als Clowns und werden einmal mehr richtig viel Raum einnehmen müssen. Wie gesagt, der Regisseur und die Autoren versuchen dem Ganzen entgegen zu halten, den andern Figuren etwas mehr Tiefe zu geben, aber das wird nicht gelingen. All die Nebendarsteller werden neben diesen Kommissaren wieder einfach nur Nebennebennebennebendarsteller sein. Auch die Witze werden genau so mies sein wie immer, da sie ja schon lange nicht mehr für den Inhalt der Geschichte, sondern nur noch für den belämmerten Grossteil der 10 Millionen Zuschauer, welcher mit Wonne einschaltet und sich schlapp lachen wird, geschrieben.
Das Barometer also tadelt keinesfalls die Tatortschaffenden aus Münster, es weiss sie könnten und möchten es so viel besser machen. Unter dem Strich, liegt der Fehler einzig und allein beim dummen, dummen Volke.

Erwartungs-Barometer: 3.5

So ist also Münster eigentlich nur ein Opfer des eigenen Erfolgs. Dieser Tatort wird das perfekte Beispiel dafür sein, wie gerne es alle anders machen möchten, aber unter dem Strich dann doch allen der Mut fehlt, es wirklich anders zu machen, weil der Grossteil der Zuschauer das nicht goutieren würde. Ein beliebiger Tatort aus Münster also. Eine vielleicht ganz gute Geschichte geht spätestens mit der Verfolgungsjagd in Schwan-Tretboten im Klamauk baden. Wie sagt man so schön: Jedes Volk kriegt den Tatort, den es verdient!

0 = Die Quote
6 = Die Kunst

Die Note danach: 3.5
Warum nur mag ich nicht einfach das, was alle mögen. Es wäre so einfach:
"Noch nie hat ein Thiel-und-Boerne-Krimi so viele Zuschauer vor den Fernseher gelockt: Mit 13,63 Millionen Zuschauern (35,7 Prozent Marktanteil) holte dieser Tatort einen neuen Quotenrekord für Münster.“*

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*Zwar ist „Schwanensee“ damit nicht der erfolgreichste Tatort aller Zeiten: Auf der Liste der quotenstärksten Episoden seit der gemeinsamen Quoten-Messung in Ost und West ab 1. Juli 1991 teilt sich die Episode den zehnten Platz mit dem Fall „Verspekuliert“ von Kommissar Edgar Brinkmann (Karl-Heinz von Hassel, 76), den im März 1993 ebenfalls 13,63 Millionen Zuschauer sahen. Platz eins hält „Der Fall Schimanski“ vom 29.12.1991 mit 16,68 Millionen Zuschauern (52,3% Marktanteil).
Allerdings: „Schwanensee“ ist die erfolgreichste Episode in gut 23 Jahren „Tatort“-Geschichte – am 15. September 1991 schalteten 14,02 Millionen den Krimi „Telephongeld“ ein – und damit auch die meist gesehene im aktuellen Jahrtausend. (Deutsche Tageszeitung)

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