27. Dezember 2015

Tatort: Wer bin ich? (Wiesbaden)


Tage wie diese sind es, die das Barometer am Leben erhalten. Tage wie diese machen den ganzen Bullshit, den wir uns auch in diesem Jahr wieder antun mussten, vergessen. Tage wie diese zeigen, was für ein Glück wir alle doch haben, dass wir den Tatort überhaupt schauen dürfen. Tage wie diese sind Freude pur!
Und dabei hab ich doch keine Ahnung, ob der neue Tatort aus Wiesbaden genial oder hundsmiserabel werden wird.
Jedoch alleine die Vorstellung, was uns erwarten könnte, macht das Tatort-Barometer zum glücklichsten Barometer der Welt.

Rückblende:
Vor einem Jahr hat uns Wiesbaden mit der Theater-Groteske „Im Schmerz geboren“ den besten Tatort seit Bestehen des Barometers geliefert. Vielleicht gar den besten Tatort aller Zeiten. Was war das für ein Genuss, was war das für ein Festmahl! Mamma mia!
Danach jedoch entbrannte eine heftige Diskussion, ob das überhaupt ein Tatort war, oder ob man nun einfach alles, was am Sonntag läuft, Tatort nennen darf. Kann man im Krimi-Genre auch ein groteskes Theater-Märchen erzählen? Kann man nach einem Kriegsfilm sagen, dass der nun die beste Komödie war, die es je gab? Absurd! So könnte man auch einfach ein Tatort-Signet vor „Big Lebowski“ schneiden und behaupten, dass das nun der beste Tatort aller Zeiten sei. Am Ende wurde gar gefragt, ob man nach dem Verspeisen eines Rindsfilets, welches man fälschlicherweise am Maroni-Stand bekommen hat, sagen dürfte, dass das nun die besten Maronis waren, die man je gegessen hat. Wahrlich eine berechtigte Frage. Sind Maronis mit Rindsfilet direkt zu vergleichen? Wo liegen die Grenzen für einen Krimi, für einen Tatort? Ganz schwierige Angelegenheit, die wir nie wirklich klären konnten. Die Fronten sind bis heute viel zu verhärtet. Fakt ist aber, und ich glaube da würde mir die ganze Barometer-Leserschaft uneingeschränkt zustimmen, „Im Schmerz geboren“ war ein unglaublich guter Film. Für deutsches TV mehr als nur ein Meisterwerk. Ganz egal ob Tatort oder nicht. Und diese Meinung haben wir nicht exklusiv. Die positiv-grandiosen Kritiken überschlugen sich, und selbst der grosse deutsch-biedere Münster-Fan-Durschnitt fand den teilweise richtig gut. Das muss man erst einmal schaffen.
Und was macht ein Tatort-Team normalerweise nach einem solchen Grosserfolg? Richtig, es macht genau in diesem Stil weiter, versucht den Erfolg mit Ähnlichem zu wiederholen. Wiesbaden jedoch tickt da völlig anders. Sie verwerfen ihr über Jahre aufgebautes Murot-Konzept komplett und wagen sich mit einer „Film im Film“-Komödie wieder aufs allerallerdünste Eis. Die sind so geil! Wiesbaden riskiert in jedem einzelnen Tatort alles, wirklich alles. Es ist jedes Mal solch ein schmaler Grat zwischen Mega-Flop und Vollerfolg. Für das unglaubliche Glücksgefühl von „Im Schmerz geboren“ mussten wir erst drei Murot-Tatorte über uns ergehen lassen, welche kaum auszuhalten waren. Aber es brauchte sie. Dreimal alles riskiert, dreimal alles verloren. Aber anstatt danach eine Folge auf Sicherheit zu drehen, setzen sie noch einen drauf, spannen das noch dünnere Seil noch höher und verzichten auch gleich auf jegliche Fangnetze. Beim vierten Mal also erneut alles riskiert und endlich alles gewonnen! Was war „Im Schmerz geboren“ für ein Gaumentanz!

Jeder kennt doch die Situation, am Donnerstag in einem Laden zu stehen, mit dem Plan am kommenden Sonntag dem Besuch eine famose Guacamole auftischen zu wollen. So steht ihr also vor diesen Avocado-Schachteln und drückt leicht zurückhaltend auf den Früchten rum. Nicht zu sehr, ist ja irgendwie auch unhöflich, wenn man eine allzu weiche bereits im Laden völlig zermantscht. Die Zeit drängt, gibt noch viel zu tun, aber die Entscheidung muss trotzdem wohl überlegt sein. Welch Unentschlossenheit. Dieses Hin und Her. Wenn sie am Sonntag noch zu hart sein wird, wird es keine Guacamole geben. Also muss sie jetzt bereits ziemlich weich sein. Wenn ich aber eine zu reife nehme, kann es durchaus sein, dass die am Sonntagabend braun sein wird. Schlimmstenfalls könnte sie völlig hinüber sein. Von aussen sieht man das nicht immer. Oder sie zieht gar schwarze Fäden. Pfui Teufel. Natürlich ist es ein elender Luxus, dass wir hier in unserem Lande diese Wahl überhaupt haben. Aber da wir sie nun mal haben, ist sie zu einem der größten Dilemmas im mitteleuropäischen Raum geworden.
Wir stehen also in diesem Laden und müssen alles riskieren. Ein ganz schmaler Grat, ganz dünnes Eis. Wir wollen doch am Sonntag die perfekte Guacamole servieren. Jetzt entscheidet sich alles.
Wiesbaden stand seit der neuen Reihe mit Kommissar Murot und seinem Hirntumor immer und immer wieder in diesem Laden. Erst seit ihrem letzten Tatort weiss ich nun, dass Wiesbaden nichts anders wollte, als uns am Sonntagabend die perfekte Guacamole zu servieren. Beim ersten Versuch ging es komplett in die Hosen. Sie haben schlicht eine zu harte Frucht gekauft. Dann geht bekanntlich gar nix. Folge 2 und 3 waren wirr, mit guten Ansätzen. Man hat gelernt, dass die Avocado eben bereits am Donnerstag eine gewisse Reife haben muss. Aber man riskierte zu viel. In beiden Folgen gab es schlicht zu viel braunes Fleisch. Selbst wenn ein Teil der Avocado noch okay wäre, diesen faulen Geschmack kriegt man nicht mehr weg. Das grosse Risiko sei lobenswert erwähnt, aber die Guacamole schmeckte scheisse, keine Frage. In Wiesbaden aber liess man sich nicht unterkriegen. Wieder in den Laden rein und wieder vor diesen Schachteln. Jetzt aber mit dem Wissen der letzten drei Folgen. Und dieses Mal gelang der Glückgriff. Wahnsinn, was die für eine Avocado aus dem Haufen gezogen haben. Ich wusste nicht, dass man so was in Deutschland überhaupt kriegen kann. Ich gehe aber davon aus, dass der Autor es bereits spürte, als er diese zarte Frucht in seinen Händen hielt. Ich glaube das Drehbuch roch bereits nach der perfekten Reife. Wie damals, als wir bei der Familie Hernandez auf Teneriffa eine Avocado im Garten direkt vom Baum pflücken konnten. So was Geschmeidiges habe ich seither nie mehr gegessen. Der Stein löste sich wie von Zauberhand, kaum hatte man das edle Stück aufgeschnitten. Jedes Tröpfchen Olivenöl, jedes Körnchen Salz, jedes Blättchen Koriander wäre eigentlich zu viel gewesen. An Perfektheit nicht mehr zu überbieten, diese Avocado. Aaaaaach herrlich! Das hauchfeine Fleisch duftete wie ein ganzes Haus voller Glück. Jeder Bissen verging auf der Zunge, als wäre er aus purer Zartheit. Ein Avocado-Erlebnis in reinster Vollkommenheit. So irgendwie muss es sich für das Team aus Wiesbaden angefühlt haben, als sie „Im Schmerz geboren“ zum ersten Mal als fertige Version im Schnittraum gesehen hatten.
Die verdammt perfekteste Guacamole ihres Lebens.
Und nun? Was macht man danach, jetzt, da man das Rezept ja kennt? Einfach wiederholen? Denselben Gästen einfach wieder Guacamole hinstellen? Wie gesagt, nicht in Wiesbaden. Wiesbaden will mehr. Nach einem solch grandiosen Essen muss ein Dessert her. Ein ganz spezielles. Eine fruchtige Gourmet-Explosion müsste es sein. Vielleicht mit einer süss-frischen Ananas? Mmmmmm. Das wäre jetzt wirklich perfekt. Aber ihr kennt bestimmt alle das Problem mit den Ananassen. Man steht wieder in diesem Laden, mit dem Wissen, dass man am Sonntag unbedingt eine Nachspeise mit perfekt reifen Stückchen servieren möchte, aber es ist so verdammt schwer bei einer Ananas zu erkennen, in welchem Zustand das Fruchtfleisch am Sonntag sein wird. Aber scheiss drauf. Wiesbaden riskiert es. Perfekte Ananas: Versuch, der Erste!

Zur eigentlichen Geschichte habe ich bis auf die „Film im Film“-Aussage extra nichts erwähnt. Lasst euch überraschen! Ich gebe euch aber das Barometer-Ehrenwort, dass sich das Einschalten extremst lohnen wird!

Erwartungs-Barometer: 6 oder 1 (So ist es halt, wenn man alles riskiert!)

Unter dem Strich ist klar, dass Kommissar Murot eine solch perfekte Guacamole nie und nimmer mehr auftischen könnte. Aber das will ja auch keiner in Wiesbaden. Da ja nun im Tatort jedes Genre erlaubt zu sein scheint, gibt es in diesem Jahr die Nachspeise. Es könnte der grösste Ananas-Traum eures Lebens werden. Auch wenn wir eigentlich Maroni bestellt haben. Was soll’s.

1 = Faule Früchte
6 = Für ein gutes Essen alles riskieren

Die Note danach: 5 
(80min x 5.5 + 10min X 1 : 90min = 5)
80 Minuten lang fand ich den richtig klasse. Mindestens eine 5.5 (Wenn insbesondere mein Volksbühne-Liebling nicht "sich gespielt" hätte, sondern "sich gewesen" wäre, wäre das gar eine 80-minütige 6 geworden). Die letzten 10 Minuten jedoch waren für meinen Geschmack, völlig unnötigerweise, total verkackt. Also da kann man schon gar nicht mehr von Risiko reden. Volles Rohr verhauen, und das obwohl man eigentlich schon am Ziel gewesen wäre. Fast als hätte man bereits im Laden bewusst eine faule Ananas gekauft. Kann eigentlich nur bedeuten, dass das der letzte Tatort mit Murot war. Anders kann ich mir das nicht erklären.


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26. Dezember 2015

Tatort: Benutzt (Köln)


Normalerweise versucht die ARD am 26.Dezember, am zweiten Weihnachtstag also, immer eine spezielle Tatort-Folge zu platzieren. In diesem Jahr jedoch will es der Kalender, dass der 27. gleich wieder ein Sonntag ist und somit zwei Tatorte in Folge zu sehen sein werden. Darum hat man sich wohlweislich entschieden, am Samstag erst die Gurke zu verbraten, um am Sonntag dann so richtig auftischen zu können. Heute also gibt es Kölner Magerkost, quasi als Einstimmung, für das Festbuffet vom Sonntag. Aber mehr zum Thema Essen und Wiesbaden im morgigen Barometer.
Denn auch wenn die Kölner Folge heute getrost ausgelassen werden könnte, so hat das Barometer ja den öffentlich-rechtlichen Auftrag auch über die unwichtigen Tatorte zu berichten. Selbst wenn sie einen Tag vor den ganz wichtigen kommen. Eine Art Service Public also, welcher im Moment ja einen schweren Stand hat.
Insofern habe ich für einmal eine kurze Zusammenfassung zur heutigen Folge direkt aus einer Tatort-Vorschau ins Barometer kopiert. Weiss ehrlich gesagt nicht, was man mehr dazu sagen soll:

„Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) ermitteln im Fall des ermordeten Export- und Finanzberaters Lessnik (Jens Babiak). Eine Spur führt sie auf die Fährte eines gewissen Karsten Holler (Christian Seichter). Der kann eigentlich aber nicht der Täter sein, da er vor sechs Jahren für tot erklärt wurde, nachdem er bei einer Motorradtour mit Lessnik in der Sahara spurlos verschwand. Lessnik stand damals gemeinsam mit Hollers Ehefrau Sarah (Dorka Gryllus) unter Mordverdacht. Schenk und Ballauf beschleicht ein Verdacht: Täuschte Holler seinen Tod damals nur vor und ist nun zurück? Ihre Ermittlungen führen sie zu einem Nummern-Konto in der Schweiz…“



Erwartungs-Barometer: 4

Mit Ausnahme von „Franziska“, eine ganz normale Kölner Durchschnittsfolge also. Man kann sie schauen oder auch nicht. Völlig egal. Alles Bla.
Einziger Unterschied zu all den andern Folgen aus Köln: Die Vorfreude auf morgen ist so gross, dass sie sich auch auf diesen Tatort positiv auswirken könnte.
Könnte! Oder auch nicht. Völlig egal.

1 = Köln ist so mittelmässig mies geworden.
6 = Köln war doch früher mal richtig gut.

Die Note danach: 3.75
(Iranisches Atomprogramm... ja, genau. Bravo Köln, bravo.)


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13. Dezember 2015

Tatort: LU (Ludwighafen)


Es ist schon ein verdammt hartes Stück Arbeit, einem Tatort aus Ludwigshafen etwas Positives abgewinnen zu können, schier unmöglich scheint es gar. Aber weil das Barometer für einmal festlich optimistisch gestimmt war, stellte es sich dieser endschweren Aufgabe und hat es tatsächlich hingekriegt, zwei Punkte oder zumindest zwei Pünktchen raus zu arbeiten, welche für diesen Tatort sprechen könnten. Wir wollen ja positiv gen Weihnachten ziehn.

Punkt 1: Alte Industrie
Seit jeher frage ich mich, warum man in Ludwigshafen die brachliegenden Industrieviertel nicht viel öfter als grandiose Tatort-Kulisse nutzt. Die wären absolut prädestiniert für imposante Bilder. Die ganze Metropolregion Rhein-Nekar um Ludwigshafen und Mannheim steht dem Ruhrpott und Berlin in Nichts nach. Es wimmelt da von abgefuckten Ecken, welche es sich zu bespielen lohnen würde. Und nun endlich scheint in dieser Richtung was zu gehen. Über diesen Tatort ist zu lesen, dass eben genau der Industriecharme wunderbar ins Szene gesetzt sei. Gut, was „wunderbar“ auf Niveau Lena Odenthal bedeutet, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber es ist zumindest ein Pünktchen Ludwigshafen, welches interessieren könnte.

Punkt 2: Jürgen Vogel
Jürgen was? Jürgen Vogel spielt im Tatort Ludwigshafen? Ja genau. Jürgen Vogel spielt im Tatort Ludwigshafen. Auch ich musste es erst 3mal lesen, bevor ich es wirklich glauben konnte. Welch Talentverschwendung!

"Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, damit sie dieselben nicht zertreten mit ihren Füßen und sich wenden und euch zerreißen." Neues Testament, Matthäus, Kapitel 7, Vers 6 ("Bergpredigt")

Selbst wenn Jürgen Vogel im Wachkoma ins Bild geschoben werden müsste, wäre er immer noch 10mal besser, als die ganze restliche Crew zusammen. Man müsste also sein Auftreten in Ludwigshafen als die Tatort-Sensation 2015 ankündigen. Nur weiss man im Voraus halt nicht, ob er mit seiner Gabe den Tatort wirklich besser machen kann, oder ob Ludwigshafen mittlerweile ein dermassen verklumpter Dreck ist, dass Jürgen vom ganzen Scheisshaufen einfach nur auch mit runtergezogen wird. Es wird sehr spannend sein, das zu erfahren, zu sehen wie er diesen Tatort beeinflussen kann. Jürgen Vogel ist also definitiv auch ein Pünktchen, welches interessieren könnte.

Tja. Das wären sie, die positiven Aspekte. Mehr kann ich auch nach einer Woche intensivster Forschung nicht präsentieren. Der ganze Rest wird wie immer unter aller Sau sein. Da erwarten uns wieder Szenen auf tiefstem Niveau. Und jeweils diese schaurigen Dialoge in Ludwigshafen. Wääääääääääää.
So habe ich mir auch gar nicht erst merken können, um was es in der Story überhaupt geht. Irgendwas von Zickenkrieg unter den Kommissarinnen und totem Auftragsmörder.

Erwartungs-Barometer: 3

Abgefuckter Industrieschick und ein Jürgen Vogel lassen selbst das Barometer aufhorchen. Aber man darf nicht vergessen, wir reden hier von Lena Odenthal und Mario Kooper. Wir reden hier vom Tatort Ludwigshafen. (Angeblich will sich die Figur, die Jürgen Vogel spielt, gar an die Kommissarin heran machen. Spinnt der? Wer schreibt so was?) Also, wir reden hier einmal mehr von richtig stinkigem Tatort-Müll.

1 = Immer wieder diese Ludwigshafener Drehbücher. Meine Fresse.
6 = Der unermüdliche Einsatz vom Barometer, selbst darin etwas Positives zu finden.

Die Note danach: 3


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6. Dezember 2015

Tatort: Einmal richtig sterben (München)


Zugegeben, der Tatort aus Kiel strotzte nicht grad vor übertriebener Glaubwürdigkeit. Wie ein Barometer-Leser wunderschön sagte: „Man muss die Geschichte glauben wollen“.
Und ja, ich habe sie geglaubt, auch wenn das mit einem Fahrstuhl, der geheime Türen öffnen kann, und mit einem Borowski, welcher völlig aus dem Nichts eine heiratswillige Psychologin in seinem Bettchen liegen hat, definitiv nicht ganz einfach gewesen ist. Ich habe ja sonst mit solchen Dingen meine grösste Mühe, aber Kiel ist in vielerlei Hinsicht dermassen gut, dermassen überragend, dass ich mich trotz einiger Unglaubwürdigkeiten bestens drauf einlassen konnte. Daher auch die sehr gute Note. Kiel ist und bleibt mein Lieblingstatort.

Und so kommt es, dass bei mir der erste Tatort nach Kiel jeweils einen besonders schwierigen Stand hat. Dementsprechend unmotiviert wird auch das Barometer ausfallen. In Gedanken befinde ich mich nämlich noch immer in der Kühltruhe an der Ostsee. Schade eigentlich, denn mit München käme an diesem Wochenende einer meiner anderen Lieblingstatorte. Für einmal haben die aber ein doppeltes „Gemessen an“-Problem.
Erstens werden sie natürlich an eben dieser Kieler Folge gemessen, die letzten Sonntag lief und zweitens wird München immer auch an sich selbst gemessen. Die haben irgendwann eine solch hohe Durschnitts-Qualität geschaffen, dass jeder noch so kleine Ausreisser nach unten immer auch eine Enttäuschung für den Zuschauer darstellen wird.
Und so wäre diese Ausgabe vielleicht ganz okay, wenn sie von einer anderen Stadt produziert, oder zu einem anderen Zeitpunkt programmiert worden wäre. Aber gemessen an Kiel und gemessen an dem eigenen Münchner Durchschnitt, ist diesen Sonntag leider nicht allzu viel zu erwarten.
Die Oktoberfest-Sause ist bei mir noch ziemlich präsent. Da hat München, trotz „Psycho mit Taube auf Kopf im Bett von Oma liegend“, die Kurve dank der genialen Münchner Machart gerade noch gekriegt. Das werden sie mit diesem Tatort nicht mehr schaffen.
Natürlich werden wir auch hier die Bavaria-Qualität zu spüren kriegen, und natürlich werden auch hier die zwei Kommissare wieder gross aufspielen, aber dieser Tatort scheint so tragisch, dass kaum Platz für die typischen Münchner Spässchen bleiben wird. Es geht um zwei Fälle. Vor 15 Jahren hat ein Vater seine Frau und seinen Sohn erschossen und sich danach selbst richten wollen. Was aber misslang. Zudem liess er damals seine Tochter davonkommen. Heute nun hat der Mörder eine neue Familie, welche nun selbst Opfer eines Verbrechens wird. Alles deutet natürlich auf seine Tochter von damals hin. Das klingt für mich nach vielen Rückblenden, nach einer übertriebenen Dramatik und nach einer sehr konstruierten Geschichte. An einer solch schweren Tragödie kann man fast nur scheitern. Dementsprechend tief sind auch meine Erwartungen.  
(Zudem frage ich mich, wie einer nach einem solchen Verbrechen nach 15 Jahren bereits wieder eine neue Familie haben kann. Aber heute scheint ja irgendwie alles möglich. Im Tatort sowieso.)

Erwartungs-Barometer: 4

Bitter also für die Herren Batic und Leitmayr. Sie müssen sich nicht nur an sich selber, sondern auch gleich noch an Borowski messen. Absolut verständlich, dass da ein Erfolg kaum möglich sein wird. In diesem Sinne ist es also gar nicht so dumm, die schlechte Münchner Folge (die es halt auch mal geben kann), jetzt zu verbraten, und all die andern guten wieder nach Konstanz, Saarbrücken, und Ludwigshafen zu platzieren! Damit lässt sich die zukünftige Freude des Zuschauers um ein Vielfaches steigern!

0 = Die erste Folge nach Kiel sein zu müssen.
6 = Kieler und Münchener Qualität zusammen.

Die Note danach: 4
Der Tatort startete auf gewohnt hohem Münchner Niveau, baute aber kontinuierlich ab. Genau wie erwartet, war er diesen unendlich tragischen Ereignissen schlicht nicht gewachsen. Natürlich blitze die bayrische Genialität immer wieder durch, aber unter dem Strich war er schlicht zu absurd, zu unglaubwürdig und hatte irgendwie auch zu viele Logikhänger... für München.


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