Nach all den Jahren, in welchen ich Sonntag für Sonntag
die unendliche Wichtigkeit der Authentizität und der Glaubwürdigkeit der
Tatorte proklamiert habe, muss ich seit der letzten Woche eingestehen, dass ich
wahrscheinlich falsch gelegen bin. Was einige Leser/innen mir schon immer
versucht haben zu erklären, musste ich nun in einer tatortischen Erleuchtung
schmerzlich erfahren. Die alleinige Glaubwürdigkeit eines Filmes tut zur
Endzufriedenheit des Zuschauers überhaupt nichts zur Sache. Die Geschichte
eines Tatortes muss gut funktionieren, mehr nicht. Es geht einzig und allein um
das Funktionieren. Natürlich ist es, gerade für einen Authentizitäts-Fetischisten
wie mich, umso erfreulicher, wenn eine Folge auch noch glaubwürdig daher kommt,
aber unter dem Strich ist das völlig egal, wenn die Geschichte funktioniert.
Die Story vom letzten Sonntag war teilweise haarsträubend unglaubwürdig, aber
für das Barometer hat sie funktioniert. Ich störte mich nicht einmal ab dem
kitschigsten aller kitschigen Drama-Happy-Ends. Nein, irgendwie fand ich das
stimmig, irgendwie hat die Geschichte, haben die Schauspieler, hat der Tatort
funktioniert. 
Und natürlich bleibe ich dabei: Ganz oft stört mich ein
unglaubwürdiger Tatort extrem, aber jetzt bemerke ich, dass das immer erst dann
ist, wenn er nicht funktioniert. Dann, und nur dann fällt die Unglaubwürdigkeit
auf. Als bestes Beispiel für diese Erkenntnis können wir die letzten zwei
Stuttgart Tatorte miteinander vergleichen.
Ein trauerndes Ehepaar entführte in ihrem alten Camper
ein Mädchen und nach gescheiterter Übergabe auch gleich noch die Tochter vom
Bootz. Der war zwar spannend gemacht, hatte gute Ansätze, aber funktionierte
überhaupt nicht. Und so bemängelte ich die Unglaubwürdigkeit extrem.
In dieser Folge nun ging es um ein völlig anderes Thema.
Die war auch spannend, hatte mehr als nur gute Ansätze, war aber mindestens
genauso unglaubwürdig, eher noch schlimmer. Am Ende jedoch hat mich das nicht
gestört. Weil die irgendwie funktionierte. Faszinierend, oder? 
Schön, dass auch ich es noch kapiert habe, nach Jahren
der dilettantischen Bewertung der Dilettanten.
Und mit diesem Wissen mache ich mich nun daran, den
kommenden Kölner Tatort zu erahnen. Gerade Köln hat oft relativ authentische
Tatorte, aber trotzdem gefallen sie mir schon lange nicht mehr richtig. Und nun
weiss ich auch warum. Sie funktionieren einfach nicht. Vielleicht sollte man
sich in Köln mal überlegen, die Tatorte nicht mehr wie am Fliessband raus zu
lassen, sondern ein paar wenige Folgen, aber dafür richtig gute, zu
produzieren. In dieser momentanen Kadenz kann doch gar keine Kunst entstehen.
Und auch diese Folge nun wirkt eher wie nicht
funktionierende Massenware, denn liebevoll gestaltete Glaubwürdigkeit. 
Natural Born Killers in Köln. Ein junges Pärchen tickt
aus. Parallelmontage, tolle Optik, viel Blut, ist zu lesen. Aber ich vermute
spätestens mit dem Auftritt der Kommissare eine massive Versoftung der
Geschichte. Ballauf und Schenk sind maximal noch Natural Born Penners. 
Erwartungs-Barometer:
4
Eine weitere
typisch durchschnittliche Kölner Folge also. Dieses Mal zum Thema: Bonnie und
Clyde im Kölner Ghetto. Und wenn die Kommissare auch da noch mit schickem
Ami-Schlitten vorfahren, kann ich nun zumindest mit meinen neu erworbenen
Kenntnissen messerscharf analysieren, ob das einfach nicht funktioniert oder ob
es völlig unglaubwürdig ist. In diesem Fall wird es mutmasslich beides sein.
Ganz toll, mein neues Wissen. 
1 = Quantität
6 = Qualität
Die Note danach: 4
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Vor lauter Funktionieren und Glaubwürdigkeit habe ich ganz vergessen,
dass ein Tatort auch einfach mal nur langweilig sein kann. Aber Hauptsache: „Da kotzt wenigstens
jemand noch, nachdem er jemanden umgebracht hat“.
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