8. Dezember 2013

Tatort: Schwindelfrei (Wiesbaden)



Meine Fresse, was wird das wieder für ein Kasperletheater, bzw. was für eine Zirkusnummer? Was ist eigentlich los? Wann und wo sind wir eigentlich von unserem Weg abgekommen? Was ist aus dem guten alten Tatort geworden?
Ok, ich gebe zu, der Stuttgarter letzten Sonntag hatte seine guten Momente, er hatte seine Highlights. Aber er hatte eben auch wieder massive Schwächen. Zumindest aber wurde endlich mal wieder etwas intensiver über eine Folge geredet. Ich hatte doch einige Rückmeldungen. Die Meinungen hätten verschiedener nicht sein können. Von richtig gut bis unterste Kanüle. Tja, für mich lag die Wahrheit mal wieder irgendwo dazwischen.

Jetzt aber kommt Wiesbaden. Wiesbaden, ein äusserst rares Gut, könnte man meinen. Vom Kommissar Murot und seinem Hirntumor gab es bisher erst zwei Folgen, eine davon sogar noch vor der Zeit des Barometers. „Wie einst Lilly“ und „Das Dorf“, die klangvollen Namen. Beide eine absolute Katastrophe. Es gibt sogar einen äusserst fundierten Tatort-Kritik-Blog, der in seinem Wertungssystem „Wie einst Lilly“ als schlechtestes Beispiel aller Tatorte wertet. Also ich bin nicht der Einzige, dem diese Folgen nicht so zusagten.
Nun, die gute Nachricht gleich zum Anfang. Der Tumor ist weg. Die schlechte, das spielt überhaupt keine Rolle. Die Geschichte wird genau so absurd, ob der Murot nun ein Tumor im Kopf hat oder nicht. Versteht mich ja nicht falsch. Ich bin ein Fan von Skurrilem, ich liebe konfuse Geschichten, aber sie müssen funktionieren. Ich habe Theaterstücke gesehen, die hätten absurder nicht sein können, und ich war begeistert, aber das heisst noch lange nicht, dass das auch in Filmen so funktioniert. Es braucht schon auch eine gute Story in einem Drehbuch. Und ob die gut sein wird?
Kommissar Murot lädt nach erfolgreicher Operation seine Gehilfin Wächter nach Fulda in den Zirkus ein. Da passieren komische Dinge, komische Leute verschwinden und noch komischere bleiben. Da zufälligerweise der Zirkus-Pianist seine Hand bricht, springt Murot als Undercover-Ersatz-Klavierspieler ein. Und so werden wir einen ungewöhnlichen Fall in einer ungewöhnlichen Umgebung zu sehen kriegen. Viel mehr gibt es zur Geschichte gar nicht zu sagen. Ulrich Tukur, ein ganz grosser deutscher Schauspieler, hat als Tatort Kommissar mit der Bedingung unterschrieben, dass er die Figur selber mitentwickeln kann, und dass mit jeder Folge Grenzen ausgetestet werden, dass man sich weit weg vom Mainstream Halli Galli aus Münster bewegen wird. Alles eigentlich äusserst lobenswert, äusserst spannend. Genau das was ich eigentlich mag. Wiesbaden riskiert mit seinen seltenen Folgen wirklich einiges, das ist ihnen hoch anzurechnen. Ich bin mir sicher, dass dieser Tatort seine skurrilen Highlights haben wird, und dass wir wunderbar schräge Bilder aus einem heruntergekommenen Zirkus, in einem faszinierenden Ambiente zu sehen kriegen werden. Aber das reicht einfach nicht mehr. Auch dieser wird als Gesamtwerk nicht wirklich funktionieren, geschweige denn beglücken. Denn seit dem Tatort aus München, von Dominik Graf, wissen wir ja, dass man nicht einfach paar absurde Ideen in einen Fleischwolf schmeissen kann und dann ein guter Tatort rausgewurstet wird. Der anspruchsvolle Barometer-Leser, fällt auf sowas einfach nicht mehr rein.

Erwartungs Note: Ob nun 3.5, 4 oder 4.5 ist doch mittlerweile wirklich irgendwie egal.
Die Note danach: Meine Fresse, am Schluss ist es mal wieder ein Kriegsverbrecher. Ob nun 3.5, 4 oder 4.5 ist doch mittlerweile wirklich irgendwie egal.

Nehmen wir diese Zirkusnummer also noch mit, geniessen die schrägen Ideen und gönnen uns danach einen Sonntag Pause, damit wir für die Feiertage so richtig geladen sein werden! Wer ein regelmässiger Tatort-Schauer ist, der weiss ja von den letzten Festtagen, dass auch die ARD jeweils gehörig mitfeiert, und die Fans zu Weihnachten und zum neuen Jahr oft mit Jahresbestfolgen beschert. Dieses Mal bieten sie uns München, die einmalige Kiste aus Weimar, Kiel, Leipzig und zu guter Letzt mit Frankfurt und Köln gleich zwei Folgen an einem Tag (Sonntag 5. Januar 2014)! Ich habe mich noch mit keinem dieser Tatorte beschäftigt, aber für mich steht eines fest: 
Wenn nicht mindestens eine dieser Folgen eine richtig gute sein wird, ich meine eine RICHTIG GUTE, wenn also nicht mindestens einer dieser Tatorte mich mal wieder zufrieden in die stille Nacht entlassen werden wird, dann werde ich diesem Format im neuen Jahr den Rücken kehren. Ich habe wirklich keine Lust mehr, mich mit solch elendem Mittelmass zu befassen. Mittelmass bin ich selber, dafür muss ich nicht auch noch jeden Sonntag 90 Minuten verschenken. Da lese ich lieber ein spannendes Buch. Ja, eine richtig gute Folge muss es sein! Denn sind wir mal ehrlich, wenn sie nicht einmal mehr einen richtig guten Tatort hinkriegen, macht doch die Suche nach dem perfekten überhaupt keinen Sinn. Da müsste ich mir vielleicht wirklich einfach eingestehen, dass ich den Tatort nicht mehr mag. Kann ja auch sein. Vor einem Jahr habe ich die Festtage zu den Tatort-Festspielen erklärt. Dieses Jahr werden sie die „Tage, der letzten Chance“. Also liebe ARD, ihr habt ab dem 22. Dezember genau 6 Chancen eine richtig gute Folge abzuliefern. Falls ihr das nicht hinkriegen werdet, müsst ihr damit leben, dass ihr einen Zuschauer weniger haben werdet, und dass ihr auch keine genialen Tipps mehr im Barometer nachlesen werden könnt. Ich weiss, das wird euch vom Ersten knallhart treffen. Ihr könnt euch also selber lieb sein! 
„Die Tage der sechs letzten Chancen!!!“

0 = Sprechgesang aus Berlin
6 = Sprechgesang aus Hamburg und aus Stuttgart
(Sorry lieber Kriminaltango, für einmal kann und will ich mich da weder entscheiden noch festlegen. Beide haben ihre grossen Köpfe, und damit meine ich weder die Fanta 4 noch die fetten Brote).

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3 Kommentare:

E. Cohen hat gesagt…

"Das Dorf" war genial, begreifen Sie das doch endlich!!!

Barometer Redaktion hat gesagt…

Mmmmhhhmmmm, insbesondere die Schlussszene war kongenial:

"Alter Hesse! Murot hat die Ärztin ausgetrickst. Als er zwischenzeitlich einmal halbwegs zurechnungsfähig war, hat er im Medizinschränkchen zwei Flaschen ausgetauscht. Deshalb ist er weder tot noch betäubt, sondern quicklebendig und springt von seinem Schragen auf."

Aber ja, ich habe ja schon damals im Barometer geschrieben: "Und ich bin mir sicher, dass der Eine oder Andere durchaus grossen Gefallen an dieser Geschichte finden werden wird."

Ich glaube sogar, dass „Das Dorf“ ein wahres Meisterwerk ist, mir war es wohl einfach zu hoch. Aber unter den echten Filmkritikern (so die ganz richtigen), unter denen befinden Sie sich in allerbester Gesellschaft.

"Das ist mit Abstand das Beste, was der „Tatort“ jemals hervorgebracht hat. „Das Dorf“ war kein Krimi mit Schablonen, sondern eine intelligente und witzige Zitatesammlung bei den Großen des Kriminalkinos. Ein bisschen arg eklektisch, aber dennoch: Chapeau!" (Focus)

Tja, mir ist das alles irgendwie zu eklektisch…. Herzliche Grüsse, das Barometer




Anonym hat gesagt…

Neeeeein, nicht aufhören liebes Barometer !!
Wäre jammerschade, oder besser gesagt "ein Jammer" der übelsten Sorte...

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