Unglaublich in welcher Kadenz uns zu dieser
Jahreszeit neue Tatorte um die Ohren gehauen werden. Das Barometer kommt kaum
nach mit Vorberichten vorzurichten. Ich bin noch völlig gaga von Weimar, schon
muss ich mich mit einem Wiener-Agenten-Thriller auseinandersetzen. Vielleicht
sollten sich die Sendeanstalten mal überlegen, ob sie über die Festtage 2-3 richtig
gute Tatorte, anstatt gefühlte 45 Mittelmass- bis Endgrütze-Folgen zeigen
sollten. Gut, für die allgemeine Frage der Qualität oder Quantität haben wir
leider absolut keine Zeit, Wien alleine wird das Barometer mehr als füllen.
Wien also. Ich liebe Wien. Ich liebe den Wiener
Tatort. Der jedoch hat langsam aber sicher ein ernsthaftes Problem. Wien gehen
die ganz grossen Bösewichte aus. Es gibt mittlerweile in Österreich keine kriminelle
Organisation mehr, gegen welche Kommissar Eisner und Kommissarin Fellner nicht
schon ermittelt haben. Nach der kroatischen, der tschechischen, der italienischen,
der kärntnerischen, der bosnischen, der steiermärkischen, der chinesischen, der
irakischen und der slowakischen, gibt es schlicht keine Mafia mehr, welche die
Ermittler noch bekämpfen könnten. Sie hatten sie alle. Zudem wurden bettelarme
und dadurch bösartige Rentner überführt, die Baubranche wurde gesäubert, die
Rest-Nazis wurden hinter Gitter gebracht, korrupte Polizisten und Politiker
wurden entlarvt und sämtliche Zuhälterringe im Grossraum Wien wurden gesprengt.
Auch mit dem ungarischen Geheimdienst haben sich die Zwei schon angelegt und sie
haben natürlich die ganze Kinderschänder-Elite Österreichs eingelocht. Ein ganz
normaler Tatort-Fall wäre der Bibi und dem Moritz also schon lange nicht mehr
würdig. Ein simpler Mord, schier undenkbar. In Wien wird mittlerweile auf James
Bond-Niveau ermittelt, und da geht es nicht um eine Leiche im Park, sondern um nichts
Geringeres als um den Weltfrieden. Jaja! Und genau da setzt dieser Tatort ein. Ein
iranischer Diplomat stürzt aus einem Nobelhotel und in einem Zug von Wien nach
Bratislava werden Teile für Nuklearwaffen transportiert, welche danach illegal nach
Teheran geliefert werden sollen. Für jedes andere Tatort-Team wäre hier schon
längstens Feierabend, aber für die zwei Wiener Geheimagenten, ist das Iraner
Atomprogramm natürlich not enough, darum mischt von der andern Seite auch
noch der dubiose Mossad mit. Eine aufgeblasene Riesensause also, und mittendrin
stehen die 00Bibi und der Moritz Hunt. 
Mit dem hohen Wiener-Tempo der letzten Folgen,
wird dieser Tatort zwar nicht mehr mithalten können (oder auch nicht mithalten wollen),
viel läuft ziemlich gemächlich, dafür hat man bei der Geschichte nochmals drei
Gänge hoch geschaltet. Leider kann ich mir kaum vorstellen, dass bei dieser
Story die Glaubwürdigkeit nicht komplett auf der Strecke bleiben wird. Und
damit meine ich nicht den grenzwertig suspekten Herrn Trachtenfels-Lissé,
welcher barock wohnt und sich barock kleidet. Diese absurde Figur wird am Ende dieses
Tatorts vielleicht das Authentischste gewesen sein. Denn seit 1.9.1.4. weiss
ich aus erster Hand, dass es auf unserer bizarren Welt für alles, aber wirklich
für alles irgendwo einen Fetisch zu finden gibt. Sei es für das Leben vor 100
oder eben auch vor 300 und mehr Jahren.
Erwartungs-Barometer: 4.5
Lange
fand ich „Wiener Kommissare gegen den Rest der Welt“ irgendwie cool. Das
Konzept gefiel mir. Die übertriebenen Stories erschienen nur mit diesen zwei
Kommissaren und nur in dieser Stadt möglich. Wenn das irgendwo glaubwürdig
funktionierte, dann war das in Wien. Aber damit ist nun langsam Schluss. Die
weite Wiener Welt ist ausgereizt, jetzt wäre ein unspektakulärer Mord in einem unspektakulären
Vorort fast schon das wahre Spektakel. 
Und
trotzdem. Ich werde Wien und den Tatort aus Wien auch weiterhin urlieb haben.
0 = Quantität
6 = Qualität
Die Note danach: 4.5
So ein Schmarrn, aber eben... urlieb.
So ein Schmarrn, aber eben... urlieb.
Falls
dieser Barometer-Blog nicht euren Vorstellungen entspricht, könnt ihr ihn unter
folgendem Link löschen:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen