Dank den
Agenten Bibi und Moritz fühle ich zumindest eine Art warmes Lichtlein in meiner
Tatort-Winter-Depression, aber nur wenn ich nicht allzu sehr über die
Iran-Mossad-Wien-Story nachdenke. Im Endeffekt doch ein zwiespältiger Tatort,
den wir da erleben durften. Und gespalten geht es weiter. Denn gerade zum
Tatort aus Dortmund habe ich ein äußerst gespaltenes Verhältnis. Selten habe
ich solche Mühe zu einem Konzept klar Stellung zu beziehen.
Etwas
genauer ausgedrückt geht es dabei um die Figur vom Kommissar Faber und um die
Nebenstränge in den Drehbüchern.
Da gibt
es diesen Jörg Hartmann. Wirklich ein exzellenter Schauspieler, dem ich jede
Bewegung glaube, und welcher aus meiner Sicht für diese Rolle perfekter nicht
sein könnte. Auf der andern Seite ist aber genau diese Rolle das Problem. Die
Ausbrüche und diese Labilität sind in seiner Position dermassen unglaubwürdig, dass
ich mich schlicht nicht vollends drauf einlassen kann. Ein solches Psycho-Wrack
könnte nie und nimmer eine Mordkommission leiten, zumal ja alle von seinen
Aussetzern Kenntnis haben. Das geht einfach nicht auf, und ich frage mich, ob heute
eine Figur nur noch spannend sein kann, wenn sie jeden Moment von einem Dach zu
springen droht und immer mal wieder das ganze Büro zerdeppert? Schwierige Frage.*
Hinzu
kommen die Drehbücher. In Dortmund wurde eigentlich ein geniales Grundkonzept
erschaffen. Wirklich spannende Voraussetzungen, interessante Stadt und
Geschichten mit viel Potential. Aber gleichzeitig wird so viel unnötiges
Privatzeugs reingeschrieben, dass einem die Haare zu Berge stehen. Nehmen wir
als plakatives Barometer-Beispiel das Gebumse. Soll das provozieren? Und wieder
stellt sich mir eine Frage. Ist heute eine Figur nur noch spannend, wenn sie mindestens
einmal pro Folge bumst, besser mehr? Das ist doch lächerlich. Die eine
Kommissarin bumst die ganze Zeit irgendwelche Stricher, die zwei Jungkommissare
bumsen zusammen und der Faber, der einzige, der endlich mal wieder bumsen
sollte, bumst aus lauter Labilität jedes Mal ganze Kommissariats-Einrichtungen
zusammen. Bisschen viel Gebumse, dafür, dass es doch eigentlich um einen
Mordfall gehen sollte. Nun, wahrscheinlich hat man das beim WDR auch bemerkt
und hat in einer ausser terminlich einberufenen Sondersitzung, die 200 besten
Autoren von ganz Nordrhein-Westfallen zusammen gezogen um danach in einer
Intensiv-Kreativ-Woche ein Thema zu erarbeiten, welches auch neben dem Gebumse
die ganze Republik bewegen könnte. Und der unheimliche Aufwand hat sich
gelohnt. Die Endlösung ist genial, wenn ich das so sagen darf.
Neonazis!
Geil,
oder? Ich finde schon, dass es höchste Zeit ist, mal wieder in der braunen
Szene zu ermitteln. Weil ja auch krass und am Puls der Zeit und bewegend und
natürlich BVB-Hooligans und niemand kritisieren darf, wenn Nazis böse sind, und
blablabla. Natürlich sind Nazis scheisse, das steht ja ausser Frage. Sie sind
die grösste Scheisse überhaupt. Aber genau weil Nazis eben nur böse sein können/dürfen,
ist es unheimlich schwierig daraus was Spannendes zu machen. Eine Figur, erst recht wenn sie böse ist, sollte beim Zuschauer ja eine gewisse Ambivalenz auslösen. Das macht sie erst richtig interessant. Die Positionen bei Nazis jedoch sind
von Anfang ganz klar bezogen, eine jede rechtsextreme Geschichte muss in Deutschland
von der ersten Sekunde klar Stellung nehmen, und die Nazis als 1000% schlecht darstellen, sonst würde der Tatort aufs Übelste zerrissen. Das ist zwar verständlich
aber halt auch total langweilig. Ich zumindest kann mich nicht erinnern, dass
dieses Thema jemals gelungen umgesetzt wurde in einem Tatort. Viel zu heikel,
ja nicht die Finger verbrennen. Nun, vielleicht macht es Dortmund ja besser und
findet einen Weg damit richtig spannend umzugehen. Wir beim Barometer wären die ersten,
die jubilieren würden, wenn wir unsere Dortmunder Gespaltenheit endlich ablegen
könnten. Wird das gelingen? Macht euch am besten gleich selber ein Bild. Nach
einem Mord am Naziführer von Dortmund wird eine Jüdin verdächtig, deren Mann
von einem Nazi ermordet wurde, während sie schwanger war. Zudem wird die junge
türkische Kommissarin beim Ermitteln von Nazis angegriffen, während der junge
Kommissar vom Dienst suspendiert wird, weil rauskommt, dass sein Bruder auch
ein Neonazi ist. So was aber auch. Und was machen die zwei alten Kommissare?
Sie versetzen sich mal wieder in die Täter- bzw. Opferrollen und stellen die
Szene gekonnt absurd nach. Und was ist mit dem Gebumse? Schwierig
einzuschätzen. Die zwei Jungbullen bumsen vorerst eher nicht mehr und Faber hat
sich wahrscheinlich auch etwas besser unter Kontrolle. Aber die Frau
Hauptkommissarin wird mit Sicherheit irgendwas zum bumsen finden, schliesslich
ist ihre Figur ja so geschrieben. Wäre auch komisch, wenn das plötzlich anders
wäre. Und ganz was Neues. Der junge Kommissar verbumst angeblich den alten,
oder so. Aber eben. Eigentlich geht es ja um eine Nazigruppe, deren Figuren wahrscheinlich
von Anfang an alle ganz, ganz böse sein müssen. 
Erwartungs-Barometer: 4.5
Ich warte sehnlichst darauf, dass
endlich eine Folge aus Dortmund kommen wird, welche den Spagat zwischen Psycho
und trotzdem (den Umständen entsprechend) glaubwürdig schaffen wird. Weit davon
entfernt sind sie nicht. Ob es bereits diese sein wird, wage ich zu bezweifeln,
obwohl die Kritiken wieder durchwegs positiv sind. Müssen sie ja aber auch, bei
einer "Nazis sind böse"-Geschichte. Jeder der auch nur ein bisschen schlecht darüber berichten würde, würde sich schon wieder massiv aufs Glatteis wagen. Ist ja keiner gegen Anti-Nazi-Filme.
Tja, eine richtig gute Folge aus
Dortmund würde mich jedenfalls extrem freuen. Denn wie gesagt, es gibt vieles,
was ich an Dortmund mag. Für den Moment sieht es für mich aber eher danach aus,
als dass die barometerische Winterlaune weiterhin ziemlich mies bleiben wird. Ich
kriege die Tatort-Müdigkeit wahrscheinlich nicht so schnell weg.
*Ich
frage mich, ob heute eine Figur nur noch spannend sein kann, wenn sie jeden
Moment von einem Dach zu springen droht und immer mal wieder das ganze Büro
zerdeppert? Schwierige Frage, zumal ich
zu meiner Schande gestehen muss, dass der Toni in „Sonntag“ ja irgendwie auch
so angelegt war. Und apropos Toni. Der spielt in diesem Tatort auch mal wieder
mit... also nicht verpassen.
0 =
Die eine Seite von Dortmund halt.
6 =
Die andere Seite von Dortmund halt.
Die Note danach: 4.5
Ich bleibe dabei. Viel Potential, viel Unglaubwürdiges.
Ich bleibe dabei. Viel Potential, viel Unglaubwürdiges.
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