1. Januar 2016

Tatort: Der grosse Schmerz / Fegefeuer (Hamburg)


Ausgerechnet das so kritische Barometer war der Idee eines Til Schweiger-Hollywood-Tatorts damals äusserst wohlgesinnt. Ich dachte, dass etwas Mainstream-Action den immer abstrus schlechter werdenden Arthouse-Drehbuchideen nur gut tun könnte. Und selbst nach der ersten Folge war ich immer noch dieser Meinung. Mir passte diese solide Abwechslung. Für mich hat das damals funktioniert. Aber ich muss zugeben, dass bereits mit Folge 2 der Effekt der Effekthascherei vorbei war und mich die ganze Chose nur noch gelangweilt hat. Eigentlich genau so, wie es die wahren Kenner unter der Barometerleserschaft von Anfang an voraus gesagt hatten. Liebe Grüsse an Tango und Co. Schweiger bedient genau zwei Schienen. Den knuddeligen Jöh-Bären, welcher bei mir seit jeher auf der Stelle zu Brechreiz führt, und den knallharten Prügeltypen, welchen ich wie erwähnt am Anfang als durchaus tatort-kompatibel eingestuft hatte. Leider baute Til Schweiger mit seiner Tochter auch gleich noch den Jöh-Bären-Papa ein, und leider hat man es aus meiner Sicht nicht annähernd geschafft, eine interessante Handlung in das Modul „Kampf-Schweiger“ mit einzubeziehen. Das wäre nämlich durchaus möglich gewesen. So aber war die ganze Aufregung um diese Tatort-Reihe beim Barometer nur von kurzer Dauer und mittlerweile interessiert mich das Schweigerchen ungefähr so viel wie das Blümchen oder das Odenthälchen.

Doch etwas muss man Til Schweiger lassen – und da werden mir auch die grossen Kritiker nicht widersprechen können. Wenn Til was anpackt, dann macht er es richtig. Ob das einem gefällt oder nicht ist eine andere Kiste, aber er zieht die Sache durch.
Wenn der Til sagt, er will einen Action-Tatort, dann gibt es einen Action-Tatort. Wenn der Til sagt, den bauen wir jetzt aus, dann baut er ihn auch aus und präsentiert uns nun eine satte Doppelfolge. Wenn der Til sagt, das reicht mir nicht, ich will den Tatort Hamburg ins Kino bringen, dann macht der Til das auch. Die neue Folge, die eben erst abgedreht wurde, wird noch in diesem Frühling in den Kinos zu sehen sein. Ob das gut ist oder nicht, muss jeder selber wissen, aber er zieht seine Sache knallhart durch. Selbst wenn der Til findet, dass Helene Fischer eine gute Schauspielerin ist, dann ist Helene Fischer auch eine gute Schauspielerin, und dann spielt Helene Fischer eben in seinem Tatort mit. Wir werden sehen.

Zur Geschichte gibt es kaum was Neues zu sagen. Auch hier haben wir ja nun diese hochmoderne horizontale Erzählweise. Die Story läuft über vier Folgen. Zwei davon haben wir schon gesehen, und die restlichen zwei werden nun an diesem Wochenende (Freitag 1.1. und Sonntag 3.1.) erzählt. Schweiger wollte zwar nach der vierten Folge einen deftigen Cliffhanger für den Kinofilm, so viel Mut hatte der NDR aber doch nicht. Der Tatort im Kino wird zwar auf den gesehenen Ereignissen aufbauen, aber die Geschichte muss angeblich nach den vier Episoden zu Ende erzählt sein. Unter dem Strich bezahlt ja doch der TV-Zuschauer mit seinen GEZ-Gebühren die Tatort-Gagen, also wäre es schon ziemlich frech gewesen, wenn er danach auch noch 9.50 Euro hätte bezahlen müssen um im Kino zu sehen, wie das ganze ausgehen wird. So aber erwartet uns wahrscheinlich ein rundes Schweiger-Happy End (oder doch nicht?). Wer danach von Tschiller tatsächlich noch immer nicht genug kriegen konnte, darf sich einen Action-Tatort, welchen den Til bis nach Istanbul und Moskau führen wird, gerne auch im Kino ansehen gehen. Ich werde das wohl eher bleiben lassen. Nun aber sind wir erst einmal bei Folge 3 und 4. Obwohl, eigentlich spielt die Folge doch überhaupt keine Rolle? Tschiller verfolgt weiterhin den ganzen Astan-Clan in Hamburg, ballert um sich, prügelt sich, muss seine Tochter aus den Fängen der Bösen retten und bumst noch bissl rum. Entweder die Staatsanwältin oder wieder seine Ex-Frau. Who cares? Nichts Neues aus seinen Reihen. Einfach noch grösser, noch lauter und mit Bestimmtheit mit ein paar unerwarteten Wendungen und einem grandiosen Feuerwerk zum Schluss. Ja wenn der Til was macht, dann macht er es richtig.

Erwartungs-Barometer: 4.5 (für beide Folgen).
Aber auch nur weil ich nach all dem Geschwurbel grad Lust auf knalligen Krawall habe.

Kommissar Tschiller also weiterhin gegen den Rest der Welt. Die einen werden das lieben, die andern werden es verachten. Als harte TV-Action ist diese Doppelfolge sicher deutsches Top-Niveau, im Gesamt-Tatort-Picture jedoch müsste man sie wahrscheinlich ungenügend bewerten. Hauptproblem ist doch, dass sich Til, Helene und die Macher viel zu ernst nehmen. Kein Augenzwinkern, rein gar nix. Alles bierernst inszeniert, befürchte ich. So wirkt die ganze Sache für durchschnittlich anspruchsvolle Tatortzuschauer bald mal etwas lächerlich.

PS: Etwas möchte ich all den Til Schweiger-Hatern aber noch mit auf den Weg geben:
Als Til in einem Interview gefragt wurde, welcher Tatort eigentlich sein liebster sei, gab er eine verblüffende Antwort. Der für ihn mit Abstand beste Tatort sei der Polizeiruf 110 aus Rostock. Hmmm. Man denke...
Auf der andern Seite muss man sagen, dass er ja die Möglichkeit hätte genau einen solchen Tatort zu machen! Tja.

1 = Keinohrkokowähhhh  1-9
6 = Siehe „Delete Blog“

Die Note danach „Der grosse Schmerz“: 4
Die Note danach „Fegefeuer“: 5
Tja, jedes nur erdenkliche Klischee wird von Mr. Til bedient. Aber wirklich absolut jedes! An Logikhängern und Unglaubwürdigkeit kaum zu überbieten.
Und trotzdem: Während Teil 1 mit Familiendrama leider tatsächlich eher lächerlich daher kam, hat mich Teil 2 doch irgendwie hineinziehen können. Keine Ahnung wieso. Vielleicht weil der Til es so wollte. Und wenn der was will, dann macht er das auch.
(PS: Wieso ist eigentlich der Ex-Partner vom Tschiller gleichzeitig in Hamburg im Knast und in Berlin Hauptkommissar? Absurd.)


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