29. Oktober 2017

Tatort: Fürchte dich (Frankfurt)


Prinzipiell ist der Tatort ja ein Krimi. Und prinzipiell sollte ein Krimi irgendwie realistisch daherkommen. Bzw. vielleicht nicht total realistisch, aber zumindest glaubwürdig. Und die meisten Tatorte wollen ja auch glaubwürdig sein. Aus diesen Fakten ergeben sich folgende Barometerkategorien:

Es gibt die Tatorte, die glaubwürdig sein wollen, und die auch glaubwürdig daherkommen. Das ist gut.

Es gibt Tatorte, die glaubwürdig sein wollen, es aber leider aufgrund verschiedener Ursachen nicht sind. Wie z.B. die Folge aus Bremen letzten Sonntag. Das ist weniger gut.

Es gibt Tatorte, die glaubwürdig sein wollen, es aber absolut nicht sind. In keiner Art und Weise. Wie z.B. die meisten Folgen aus Ludwigshafen. Das ist gar nicht gut.

Es gibt Tatorte, die wollen relativ glaubwürdig sein, gleichzeitig möchten sie aber sehr lustig daherkommen. Wie z.B. die Folgen aus Münster und Saarbrücken. Das ist auch gar nicht gut und tragischerweise nicht einmal lustig.

Und zu guter Letzt gibt es diese Tatorte, die von Anfang an weder realistisch, noch glaubwürdig sein wollen, weil sie eigentlich gar keine richtigen Tatorte mehr sind. Viel eher sind sie eine Art Märchen oder ein Theaterstück. Das kann unter Umständen wieder sehr gut sein.
So sind beispielweise die Folgen aus Weimar für das Barometer jeweils ein grosses Vergnügen und in diese Kategorie gehört nicht zuletzt auch der vielleicht beste Tatort aller Zeiten, „Im Schmerz geboren“ aus Wiesbaden.

Und ein solcher „unglaubwürdig - aber das ist gewollt“-Krimi wird wohl auch dieser aus Frankfurt sein. Ich mag den Tatort mit Frau Janneke und Theatergott Brix ganz gerne, aber während Frankfurt mit den früheren Teams jeweils klar in die Top-Liga „realistisch gedacht und auch realistisch realisiert“ gehörte, und damit das Barometer immer mal wieder verzücken konnte, weiss ich beim jetzigen Team noch nicht so genau, wo ich es einordnen soll. Diese Zuordnungs-Frage stellt sich nun aber für einmal definitiv nicht.

Schauplatz ist das Haus, in welchem Kommissar Brix wohnt. Ein geheimnisvoller Mann huscht durch den Garten und wird von glitschigen Geisterhänden verfolgt, während auf dem Dachboden eine Kinderleiche auftaucht. Ermittelt wird also im übernatürlichen Bereich. Uuiuiuiu. Geisterfilm-Tatort. Es spukt und fröstelt und tut gefürchig.

Erwartungs-Barometer: 5 (zumindest für Horrorfilm-Fans)

In Frankfurt also bricht das Grusel-Fieber aus, und das ausgerechnet im Haus vom Kommissar. Hmmm. Glaubwürdig oder gar realistisch scheint da also gar nix zu werden, aber eben, die Kategorie heisst ja auch, „das will gar niemand“. Insofern erwartet uns bestimmt ein einigermassen interessantes Experiment. Kein glaubwürdiges und schon gar kein tatortiges, aber ein spannendes. Warum nicht? Ich bin zwar überhaupt kein Fan von diesem Genre, aber dem Team aus Frankfurt traue ich zu, dass sie durchaus einen Zugang zu diesem Thema finden, der nicht einfach nur blöde ist. Huhuuhuhuh.

1 = Unrealistische Realität
6 = Realistische Unrealität

Die Note danach: Ja, irgendwie okay. Kann man so machen.
Schon sehr schwierig diese Folge zu bewerten. Als was auch? Tatort? Horrorfilm? Oder sonst was?
Für die ARD jedoch scheint mit diesem Tatort die Schmergrenze der Experimente (also meiner letzten Kategorie) definitiv erreicht:
http://www.spiegel.de/kultur/tv/tatort-ard-will-nur-noch-zwei-experimente-im-jahr-a-1175281.html





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22. Oktober 2017

Tatort: Zurück ins Licht (Bremen)


Was waren die letzten Wochen für eine Achterbahnfahrt der Tatort-Gefühle. Enttäuschte Erwartungen, unerwartete Freuden, vom Pessimismus zum Optimismus, ein Auf und Ab wie lange nicht mehr. Nach diesem Sturm unser aller Emotionen, kommt ein Tatort aus Bremen gerade richtig.
Bremen befindet sich weit weg von bipolarem Fernsehmachen. Weder ist zu erwarten, dass sie uns mit einer Hammerfolge den Verstand wegpusten, noch müssen wir uns vor einem TV-Desaster à la Odenthal fürchten. Wie gesagt, perfekt für den momentanen Gemütszustand des Barometers. Es braucht dringend mal wieder eine Folge um die Psyche ein bisschen zu entspannen. Es braucht eine Folge wie diese.
Ein toter Pharmahändler, seine Witwe, eine charismatische Mitarbeiterin des Pharmahändlers, das neue BKA-Gschpusi und Kommissar Stedefreund mittendrin. Klingt nach Hahn im Korb, klingt ein bisschen soapig. Und auch die Figuren lösen beim Barometer etwas Unbehagen aus. Gerade die verdächtige Mitarbeiterin soll sowohl relativ speziell geschrieben, wie auch relativ speziell besetzt sein. Ob es aber neben der auch schon relativ speziellen BKA-Mitarbeiterin, die ja nun wirklich die Authentizitäts-Nerven des Barometers Mal für Mal arg strapaziert, auch noch eine zweite Frauenfigur ertragen wird, die einen an der Klatsche hat, ist zumindest fraglich. Aber da Bremen bisher eigentlich aus allen Dingen zumindest einen Tatort im besseren Okay-Bereich hingekriegt hat, werden sie es wahrscheinlich auch dieses Mal wieder hinkriegen.

Erwartungs-Barometer: 4.75

Nach all der Aufregung reicht eine durchschnittliche Folge also für einmal völlig aus. In den letzten Wochen konnte man ja, während der Tatort lief, kaum mehr etwas nebenher erledigen, weil man sonst den Anschluss verpasst hätte. Also nicht, dass sich das Barometer so was wünscht, aber irgendwann muss man ja auch mal wieder durchatmen können. Freuen wir uns also auf ein relativ unspektakuläres Bremen im gesichert besseren Okay-Bereich.

1 = Für heute einmal: Fass aufmachen
6 = Für heute einmal: Ruhiges Fahrwasser

Die Note danach: 4
Also wenn sich das Barometer endlich mal wieder einen eher langweiligen Tatort wünscht, kann es sich danach ja kaum darüber beschweren, dass der Tatort eher langweilig war. Insofern, alles ungefähr wie erwartet. Leider auch die zwei „einen an der Waffel“ habenden Frauenfiguren. Das BKA Gschpusi ist ja gerade noch ertragbar, aber die Pharma-Tante war nun wirklich unterste Kanüle. Ich mag echte Figuren, ich mag authentische Figuren, mit denen man miterleben kann. Ich mag keine Kunstfiguren, die sind unspannend. Immer wieder diese völlig unnötigen Psychopathen Geschichten. So billig, so öde. Völlig unglaubwürdig. Aber irgendwie scheint das dem Durchschnittszuschauer zu gefallen.


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15. Oktober 2017

Tatort: Der rote Schatten (Stuttgart)


Bisher dachte ich ja, dass Frauen vor allem des Geldes wegen Pornos drehen. Seit letztem Sonntag weiss ich nun aber, dass sie es machen, weil sie es wirklich wollen. Sie finden es geil. Erstaunlich, diese Ansicht als milieu-kritisch zu verkaufen... hhmmmm.
Flache Figuren und ein sehr plumpes Drehbuch also, und doch hat mich München unterhalten. Es sind die Schauspieler und die Dialoge, die mich positiv gestimmt haben. Vielleicht weil das Barometer halt selber genau so plump und flach daherkommt. Und so bin ich nach meiner grossen Schwarzwälder Enttäuschung früher als erwartet wieder auf meine Optimismus-Schiene zurückgekehrt.

Ein guter Monat ist es her, als ich Stuttgart für seinen Mut lobte, ungewöhnliche Tatorte zu drehen. Und während uns allen der Stau bestimmt noch präsent ist, setzen sie bereits zum nächsten Angriff auf eine richtig gute Folge an.
Stuttgart wagt sich an das heikle Thema RAF. Auch das hatten wir lange nicht mehr, kann also durchaus mal wieder aufgegriffen werden.

„In der Nacht zum 18. Oktober 1977, nach Befreiung der Lufthansa-Maschine "Landshut" in Mogadischu und der Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer, fand der sogenannte Deutsche Herbst seine Zuspitzung in der "Todesnacht von Stammheim", in der Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in ihren Gefängniszellen den Tod fanden und Irmgard Möller sich lebensgefährlich verletzte. Diese historische Situation, die sich in diesem Herbst zum 40. Mal jährt, bildet den Hintergrund für Dominik Grafs Stuttgarter "Tatort: Der rote Schatten". Die langen Schatten jener Nacht und des Kampfs gegen den RAF-Terrorismus reichen in dem Tatort bis in die Gegenwart.“
Pressetext ARD

Fakten vermischen sich mit Fiktion. Das Paradies für Autorinnen und Autoren. Inszeniert wurde das Ganze von Dominik Graf. Der hochgelobte Superstar der deutschen Regie-Guide. Alle jubeln sie über seine Werke, nur das Barometer konnte diesen Hype nie so ganz verstehen. Ganz nüchtern, ohne Neid und ohne Barometer-Übertreibung, mir ist es ein Rätsel, warum seine Filme so gefeiert werden.
Aber egal. Stuttgart hat mittlerweile eines der besten Kommissaren-Duos der Welt und dampft drehbuch-technisch weiterhin „volle Pulle“ in das Risiko. Natürlich kann das in die Hosen gehen, zum Beispiel wenn die Szenen wie im Stau von einem Laien-Ensemble gespielt und inszeniert werden. Das aber verzeihen wir doch gerne bei so viel Courage und Kreativität. Genau so mag ich den Tatort und genau so freue ich mich auf den Sonntagabend.

Erwartungs-Barometer: 5

Eigentlich wollte ich fast eine 5.5 hinschreiben. Aber die Erfahrung sagt mir, dass ich nach einer grossen Enttäuschung, jeweils nicht grad wieder völlig euphorisch reinschiessen sollte. Wird sonst noch schwieriger für ambivalente Zustände.
Die Ausgangslage heute klingt aber wirklich sehr vielversprechend und wer weiss, vielleicht lernt nun auch das Barometer das grosse grafsche Können endlich zu schätzen. Fände ich genial.

1 = Bla bla bla
6 = Der Herbst

Die Note danach: 5
Ein typischer Dominik gRAF Film, und einmal mehr ist mir klar, warum er mich nicht wirklich überzeugen kann. Seine wilde und spezielle Art wäre eigentlich ganz erfrischend, aber sie ist für mich zu aufgesetzt. Ich glaube ihm nicht, es wirkt so unecht. Auch sonnenklar, dass man in der ersten Minute schon die Brüste der Staatsanwältin sehen musste. So typisch. Er ist so bemüht provokativ, so „ich wäre gern eine Art Tarantino des deutschen Films“. Aber das ist er nicht. Absolut nicht.
Gut, wie oft gesagt, viel wahrscheinlicher ist, dass das Barometer einfach zu flach und zu plump denkt für so unendlich hohe Filmkunst.
Aber ganz egal, diese Folge war lange spannend und hat für mich besser funktioniert als seine bisherigen Tatorte. Insofern kann ich mich zumindest endlich wieder auf meine Prognosen verlassen.


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7. Oktober 2017

Tatort: Hardcore (München)


Noch immer habe ich die Enttäuschung von letzter Woche nicht überwunden. Selten im Leben habe ich mich so vertan. Glaubte wirklich, dass dieser Tatort aus dem Schwarzwald was Spezielles werden könnte. Aber die erwartete Authentizität war offensichtlich nur das verträumte Wunsch-Luftschloss eines naiven Barometers. Auch wenn es unheimlich schwierig sein mag, ein solch deftiges Drama mit totem Kind und verschwundenem Kind umzusetzen, so erwarte ich von gestandenen Filmprofis halt doch, dass sie das einigermassen glaubwürdig hinkriegen können.
Tja, und nun kommt München. Die unbestrittene Klasse von Batic und Leitmayr wäre eigentlich genau das Richtige um das Barometer wieder auf positive Gedanken bringen zu können. Ob das jedoch mit einem Tatort im Pornobusiness geschehen wird, ist äusserst fraglich. Natürlich wollen die Autoren in erster Linie die Pornoindustrie anprangern, es soll ein sehr kritischer Blick in dieses Milieu werden, ich jedoch hege meine Zweifel ob den guten Absichten. Unter dem Strich steckt in einem solchen Thema erst einmal viel, viel Provokation, und das wissen auch die Filmemacher. Provokation, die man in München gut gebrauchen kann, da die Kommissare in der letzten Zeit doch etwas ausgebrannt wirkten. Aber so? Hat das ein qualitativ so hochstehendes Tatort-Team wirklich nötig?
Und so gerne ich auch positiv optimistisch bleiben möchte, so sehr weiss ich eben auch, dass der Tatort mit solch pseudo-moralischen Themen immer wieder seine grosse Mühe hat. Anstatt die Sache kontrovers und vielschichtig anzugehen, endet es meistens in einer relativ stumpfen Geschichte voller Klischees und viel zu einfach gezeichneten Figuren.
Wie Ayoma einmal schön sagte: „Mir ist das dann einfach zu anal-banal.“

Erwartungs-Barometer: 4

Den Münchnern ist es wahrscheinlich a bissl langweilig geworden. Und da man die Geschichten über Nazis, die DDR und die Flüchtlinge nun wirklich bis zum Letzten ausgepresst hat, muss halt die längst vergessene Porno-Industrie für einen „Mini-Skandal“ hinhalten. Das haben sie aber fein beim Theater abgekupfert. Und anstatt das Barometer gleich wieder auf den Optimismus-Pfad zu führen, bröckelt mit solchen Folgen mein positives Denken nach und nach. Zu sehr habe ich in letzter Zeit vertraut. Zu sehr schmerzt die Enttäuschung. Zu sehr schmerzt es, wenn man seine eigene Naivität erkennt.

1 = Missbrauchtes Vertrauern
6 = Das Karma braucht halt seine Zeit, ich gebe die Hoffnung noch nicht auf...

Die Note danach: 5 (...dank tiefen Erwartungen!)
Irgendwie hat das Barometer a bissl den Instinkt verloren. Dabei hätte es nur auf sich selber hören sollen. Immer wieder predigte es, dass München stark genug ist um aus jedem Thema eine 5 zu machen. Und genau so ist es noch immer. Mag sein, dass die Figuren tatsächlich sehr simpel gezeichnet waren, aber mit solchen Schauspielern, mit diesen Kommissaren und mit solchen Dialogen, lässt sich auch aus einer äusserst dünnen Story einen guten Tatort drehen.
Zum zweiten Mal in Folge also lag das Barometer völlig daneben. Nur dieses Mal genau umgekehrt. Und so lässt sich nach einer Fehleinschätzung natürlich wesentlich besser schlafen gehen. Man lerne: Pessimismus hat also doch auch sein Gutes... Das Karma ist zurück!


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1. Oktober 2017

Tatort: Goldbach (Schwarzwald)


UUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!


So, das musste jetzt einfach mal gesagt sein. Bitte nicht erschrecken, mit dem neuen Tatort hat das überhaupt nichts zu tun, im Gegenteil.
Aber, und da muss ich ehrlich sein, seit das Barometer so optimistisch unterwegs ist, fehlt ihm irgendwie eine Art Ventil, um seine Welt verarbeiten zu können.
Das jedoch braucht definitiv nicht euer Problem zu sein, denn die Welt des Tatorts, die scheint in allerbester Ordnung.
Wir sind uns ja eigentlich gewohnt, dass bei neu erschaffenen Tatort-Teams so ziemlich alles falsch gemacht wird, was man heutzutage falsch machen kann. Und auch der SWR schien mit seinen Ideen zu einer neue Tatort-Reihe wieder mitten ins klischierte Verderben zu rennen. Aber irgendwie, als wäre es Karma, passierte eine Art Wunder. Es scheint nämlich so, als ob in der Entwicklung dieses Tatorts auf einmal bei allen Schlüsselentscheidungen die richtige Wahl getroffen wurde. Aber von vorne.

Schlüsselentscheidung Nr.1: KONSTANZ
Nach jahrelangem Drängen und knallhartem Mobbing des Barometers, kapierte endlich auch der SWR, dass sie dem Konstanz-Elend dringend ein Ende setzen müssen.
Und so versenkten sie an einem nebligen Sonntag die Klara und ihren Toy Boy inmitten des Bodensees.

Schlüsselentscheidung Nr.2: HEIKE MAKATSCH
Der Versuch mit Heike Makatsch als MI6 Rückkehrerin eine Kommissarin in Freiburg einzuführen, scheiterte mit der ersten Folge dermassen grandios, dass dieses Projekt auf der Stelle wieder beerdigt wurde. Messi. Messi viu mau!

Schlüsselentscheidung Nr.3: HARALD SCHMIDT
Wurde nicht vom SWR getroffen, sondern von Dirty Harry persönlich. Obwohl eigentlich alle Details schon geklärt waren, und er als Leiter der Mordkommission eine grosse Rolle übernehmen sollte, kapierte er in letzter Sekunde gleich selber, dass auch dieser Besetzungs-Coup in einem absoluten Fiasko enden wird und zog sich zwei Wochen! vor Drehstart ehrenwerterweise vom Projekt zurück.

Schlüsselentscheidung Nr.4: SCHAUSPIELER
Nachdem also zwei grosse Namen floppten bzw. gar nicht erst antraten, besann man sich in der Entwicklungsabteilung und kam auf folgende Idee:
„Es kann auch einfach der Fall überzeugen!“
Wooooooooowwwwww! Was für uns als selbstverständlich klingen mag, ist beim Tatort mittlerweile eine enorm mutige Entscheidung. Soll die neuen Ermittler aber in keiner Art und Weise schmählern. Zwar hat man mit Eva Löbau und Hans-Jochen Wagner keine „Stars für die Massen“ engagiert, doch unbekannt sind auch die nicht. Aber wenn, dann kennt man sie, weil sie überragende Schauspieler sind, und nicht weil sie Anfang der 90er-Jahre auf VIVA rumgurkten oder eine (zweifelsohne brillante) Late Night präsentierten.

Schlüsselentscheidung Nr.5: LOCATION
„Wer will mit Freiburg eine weitere langweilige Stadt im Tatort sehen?“, fragte das Barometer vor einiger Zeit. Und ja, genau solche Fragen muss man sich auch bei den Sendeanstalten stellen. Und so entschieden sich die Autoren für den Schwarzwald als Ermittlungsgebiet. Auf den ersten Blick mag das langweilig-biedere Provinz sein, aber wer sich noch an die früheren Wiener oder Münchner Tatorte erinnern kann, als oft in ländlichen Gebieten ermittelt wurde, der weiss, dass das eine enorme Ausstrahlungskraft haben kann. Der Schwarzwald mag auf den ersten Blick ein bisschen dröge wirken, aber das Potential an Tristheit und an authentischer Normalität ist enorm.

Schlüsselentscheidung Nr.6: KOMMISSARE
„Ungeschminkt überzeugen die zwei in einem Fall, der offenbar nicht ihr erster ist. Dass sie als eingespieltes Team ermitteln, machen die ersten Minuten schon klar.“
„Mit dem erfrischend unaufgeregten Neuzugang geht ein Duo an den Start, von dessen persönlichen Problemen der Zuschauer erst mal nicht viel erfährt.“
„Statt Lautstärke und Kleinkrieg zu zelebrieren, versuchen die beiden mehr und mehr „Feinstofflichkeit“ in ihre Figuren zu weben.“
Also was soll ich als Barometer da noch anfügen? Ich könnte flennen vor lauter Entzückung.

Schlüsselentscheidung Nr.7: DREHBUCH
Und zu guter Letzt scheint es so, als ob sich der SWR auch beim eigentlichen Fall richtig Mühe gegeben hat. Eine traurige und äusserst schwierige Geschichte. Ein totes Kind im Wald. Es heisst Eltern informieren und möglichst schnell vorankommen. Moderne Stadtflüchtlinge in der idyllischen Provinz. Deutsche Waffenproduktion.
Ähh... was? Deutsche was? Dieser Punkt ist der einzige, der mich ein bisschen verunsichert. Deutsche Waffenproduktion, hmmm. Am Ende doch wieder eins zu viel? Barometer-Traum vorbei?
Ach was. Lasst uns das für heute ignorieren, und ich gebe das Schlusswort dieses Barometers an den neuen Hauptdarsteller:
„Wie oft stehen Polizisten an einer Tür und müssen jemandem sagen, dass sein Kind tot ist? Sicher selten, aber wenn, dann muss es die pure Hölle sein, enorm belastend. So was zu untersuchen finde ich viel spannender, als einen Kommissar zu kreieren, der irgendeinen Spleen hat.“

Erwartungs-Barometer: 5.5

Halefuckinglujiah! So machte man sich in Südwestdeutschland auf, mit einem unspektakulären Team, im unspektakulären Schwarzwald, eine simple aber authentische Geschichte zu entwickeln. Und genau das ist hoffentlich das verflucht Spektakuläre daran! Ich vermute, dass dieser neue Tatort aus dem Schwarzwald genau die Wünsche erfüllen könnte, die das Barometer seit jeher hegt. Danke lieber Optimismus, danke.

1 = Fehlende Ventile
6 = Karma gibt es wirklich

Die Note danach: 4
Uiuiui. Das ist halt das grosse Problem am Optimismus. Man wird viel eher enttäuscht, als wenn man die Dinge negativ angeht.
Die erwartete Authentizität war für mich bereits nach zwei Minuten gestorben. Natürlich kann niemand auch nur annähernd erahnen, wie Eltern reagieren die ihr Kind verlieren, aber so bestimmt nicht. Tut mir leid, aber so was von unglaubwürdig. Die Polizei taucht einfach so im Garten auf, ohne Care-Team, ohne irgendwas. „Ihre Tochter ist tot. Besser wenn ihr heute bissl zusammen bleibt und tschüss!“. Die Eltern gehen noch am selben Tag ganz alleine!!! in die Gerichtsmedizin und müssen da ihre Tochter identifizieren. Die Nachbarn schmusen rum und essen gemütlich. Der Junge, der eben seine beste Freundin verloren hat, wird ohne psychologische Betreuung einfach so verhört, und die Klasse wird huschhusch informiert... Hallo??? Da ist ein Mädchen gestorben und ein Junge verschwunden, und wir sehen ein paar lamentierende Nachbarn, die emotional ungefähr das verschwinden einer Hauskatze rüberbringen! Da wollte man doch die Polizeiarbeit für einmal authentisch zeigen und der Hauptdarsteller hat noch geprahlt, wie spannend er es findet, solch schreckliche Situationen zu erforschen. Ich glaubte keiner einzigen Figur! Ah doch, dem Vater des verschwundenen Sohnes, als er die blauen Plastiksäcke im Wald fand, das war klasse, aber sonst absolut keiner.
Natürlich wurde der Film gegen Ende etwas besser, aber die ganze Situation mit den drei Elternpaaren war an Unglaubwürdigkeit kaum zu überbieten.
Hätte ich eine 3 erwartet, wäre ich nun zufrieden, hab ich aber nicht, also bin ich halt ziemlich enttäuscht. Tja, so kann man sich irren. Ein sehr bescheidener Einstieg, wie alle anderen neuen Teams auch. Von wegen Schlüsselentscheidungen. Sehr schade.


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